Besigheim/Hessigheim Lavendel soll Steillagen beleben

Von Michael Soltys
Isabel Gil mit Lavendel und Weidenruten in ihrem Wengert am Wurmberg. Foto: /Michael Soltys

Lavendel und Olivenbäume in den Wurmberg-Steillagen: Die Hessigheimerin Isabel Gil plant ein Permakultur-Projekt mit 1500 neuen Lavendelpflanzen.

Wenn Isabel Gil die steilen Staffele ihres Weinbergs am Wurmberg hinaufsteigt, dann ist Eile angesagt. Die 46-jährige Hessigheimerin mit spanischen Wurzeln strotzt vor Energie. Und die will sie nutzen, um ihre beiden rund 30 Ar großen Weinberge auf neue Füße zu stellen. In den kommenden Wochen und Monaten will sie auf den Terrassen der Trockenmauern ein Musterprojekt verwirklichen.

Zwischen die Rebzeilen sollen in Kürze 1500 Lavendelpflanzen gesetzt werden, die sich als blaues Band den steilen Hang hinaufziehen. „Das ist der erste Schritt zur Permakultur“, sagt Gil.

Vielfalt statt Monokultur

Permakultur? Nachhaltigkeit, langfristige Nutzung, Verzicht auf Pflanzenschutz, Vielfalt statt Monokultur - das sind einige der Prinzipien der „dauerhaften Landwirtschaft“, der Permakultur, die Gil in ihren Weinbergen umsetzen möchte. „Das Land soll so bewirtschaftet werden, dass es sich selbst schützt und das ganze Jahr über bewirtschaftet werden kann“, erläutert sie ihre Ziele. Im Weinberg gehe es darum, „die Monokultur der Reblandschaft zu brechen“, sagt Gil, die vielfältige Beziehungen zum Weinbau hat. Sie ist als Sommelière tätig und engagiert sich bei Vinissima, einem bundesweiten Netzwerk von Frauen aus der Weinwirtschaft.

Ein Blick auf die Steillagen in Gils Nachbarschaft verdeutlicht einen zweiten Teil ihrer Motivation: Einige Flächen sind gerodet, auf anderen Teilstücken wachsen bereits Sträucher und Hecken, weil sie nicht mehr bewirtschaftet werden. Vielleicht hilft ja ihr Ansatz, die jahrhundertealten Steillagen vor weiterem Verfall zu bewahren und eine neue Perspektive aufzuzeigen, hofft sie. Aus vielen Gesprächen im Ort kennt sie die Probleme der Bewirtschaftung nur allzu gut: Kleinteiligkeit, hoher Arbeitsaufwand, mangelnder Ertrag, fehlendes Personal, Überalterung der Besitzer.

Schon jetzt hat Gil viele Stunden Arbeit in die Sanierung ihrer Weinberge gesteckt. Erodierte Erde wurde von fast verschütteten Stäffele entfernt. Oder Senf gesät, um besonders steiles Gelände durch das Wurzelwerk zu sichern. Mit einem Korb voller Ruten auf dem Rücken hat sie im Winter Reben zurückgeschnitten und neu gebunden. „Ich machen den gesamten Rebschnitt selbst“, erklärt sie. Plastik ist verpönt, die Reste der braunen Pheromon-Fallen, mit denen der Traubenwickler-Schmetterling ferngehalten wird, hat sie gesammelt und entfernt. Den Hubschrauber für die Spritzen der Reben hat sie bereits abbestellt.

Wie Weinberge aussehen könnten

Doch wie könnte so ein Weinberg in Permakultur aussehen? Zum Lavendel sollen sich später verschiedene Kräuter gesellen, dazu Weinbergpfirsiche. Entlang der Straße will Gil Zypressen und Olivenbäume setzen, die den Weinberg vor aufsteigender Feuchtigkeit vom Neckar her schützen. Olivenbäume im Neckartal? „Wir müssen mit der Klimaveränderung mitgehen“, sagt sie. Warm genug werde es in den Steillagen allemal für mediterrane Pflanzen. Als Pfosten für die Reben will sie Robinien setzen und Löcher hineinbohren, damit Insekten Unterschlupf finden und Fledermäuse anlocken.

Aktuell stehen Cabernet, Samtrot und Trollinger-Reben in den Weinbergen, die bei Bedarf neu veredelt werden sollen. Ihr Ziel: Gesunde Trauben für 1500 Flaschen hochwertigen Wein zu erzeugen, den sie selbst ausbauen will. Weitere Weinberge könnte sie hinzunehmen. „Bei einem Hektar höre ich auf.“ Noch steckt das Projekt in den Anfängen, längst sind nicht alle Fragen mit der Naturschutzbehörde geklärt. Welche Pflanzen bedürfen einer Genehmigung und wie darf und muss man mit Trockenmauern und Terrassen umgehen? Doch vom bürokratischen Dickicht will sich Gil nicht stoppen lassen. „Mit einem Nein kommt man nicht weiter“, sagt sie.

Im Ort ist sie vernetzt und gehört der Steillagen-Arbeitsgruppe an. Gespräche mit dem Landratsamt und Hessigheims Bürgermeister Günther Pilz machen Gil Hoffnung auf eine Förderung aus verschiedenen Steillagen-Programmen. Denn Gil ist sicher: „Die Menschen sind froh, wenn sich jemand um die Steillagen kümmert.“

 
 
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