Bietigheim-Bissingen Die Stadt hat eine vielfältige Kunstszene

Von Uwe Mollenkopf
Galerieleiterin Isabell Schenk-Weininger vor einem Werk von Richard Hohly im Rahmen der „Tierausstellung“. Der Bietigheimer Maler griff immer wieder auf Pferde als Motiv zurück. Foto: Martin Kalb

Während es Künstler früher oft in die Metropolen zog, wandelte sich dies nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele Bildhauer und Maler arbeiteten in Bietigheim-Bissingen wie Roland Bentz und Richard Hohly.

Vor Kurzem ist der in Asperg wohnhafte Bildhauer Peter Römpert verstorben, der in Bietigheim-Bissingen sein Atelier hatte (die BZ berichtete). Römpert zählte laut einer Mitteilung der Stadtverwaltung über einige Jahrzehnte zu den bedeutendsten bildenden Künstlern des Landkreises Ludwigsburg. Blickt man zurück, dann ist zu erkennen, dass in Bietigheim-Bissingen in den vergangenen Jahrzehnten eine ganze Reihe von Bildhauern und Malern gewirkt haben, beziehungsweise wirken.

Schönleber nach München

Das war allerdings nicht immer so. Der frühere Galerieleiter Herbert Eichhorn verweist in der 1991 erschienenen Broschüre der Städtischen Galerie „Künstler aus Bietigheim-Bissingen“ darauf hin, dass es Künstler im protestantischen Württemberg zunächst schwer hatten. So seien im 19. Jahrhundert talentierte junge Maler wie der Bietigheimer Gustav Schönleber lieber nach München gegangen. Später wirkte er in Karlsruhe. Dies, obwohl damals die Landschaft an Neckar und Enz mit ihren alten Städten die Maler angelockt habe. Der Grund für den Weggang: Im ländlichen Umfeld habe die Gefahr bestanden, den Kontakt zur aktuellen Entwicklung der Künste zu verlieren. Dieser Gefahr sei auch der 1922 nach Bietigheim gezogene Hermann Rombach nicht ganz entgangen, so Eichhorn.

Kontakt zur Kunstszene

Eine grundlegende Änderung der Situation sei dann nach dem Zweiten Weltkrieg eingetreten. Durch die nun mögliche Mobilität verschwand die Gefahr, durch den Umzug in die Region den Kontakt zur Kunstszene zu verlieren. Es sei im Gegenteil von Vorteil, urteilt Eichhorn, sich in einer Stadt von überschaubarer Größe ein Atelier einzurichten und so der Hektik der Metropolen zu entgehen.

Nicht wenige taten dies mittlerweile. Nimmt man die Publikationsliste der Städtischen Galerie über Ausstellungen in deren Räumen zum Maßstab, so sind darauf fast 30 Namen von Künstlern aus der Region zu finden, deren Werke von den 80er-Jahren bis in die Gegenwart in der Galerie zu sehen waren. 1991 gab es sogar eine Ausstellung unter dem Titel „Künstler aus Bietigheim-Bissingen“, zu der die erwähnte gleichnamige Broschüre erschien.

Allerdings hatten davon nicht alle das Atelier in der Stadt. Unter jenen, bei denen dies der Fall war, sticht der Maler Richard Hohly hervor, der sich sogar ein eigenes Museum, die Felsengalerie, einrichtete. In Löwenstein geboren, schuf Hohly nach dem Zweiten Weltkrieg Werke für die Kunst am Bau und entwickelte eine eigene Technik der Glasintarsie. Der Bau der Felsengalerie erfolgte 1972. Hohly starb im Jahr 1995.

Ebenfalls zu nennen ist der Maler Paul Reichle (1900 bis 1981). Der gebürtige Stuttgarter kam 1927 nach Bietigheim und war später bei DLW als Kolorist und Farbberater angestellt. Ab 1948 wandte er sich der Abstraktion zu. Nach seiner Pensionierung 1965 arbeitete er bis zu seinem Tod als freier Künstler.

Zu den in Bietigheim-Bissingen arbeitenden Künstlern zählt auch der in Nordhausen geborene und 2009 in Mundelsheim verstorbene Maler, Grafiker und Buchautor Karlheinz Groß. Ab 1966 war er als selbständiger Grafiker und Illustrator in der Stadt tätig. Oder der Tierbildhauer Fritz Melis (1913 bis 1982), dessen Kunst auch im hiesigen Straßenraum zu sehen ist. Er errichtete 1958 gemeinsam mit dem Architekten Gero Karrer ein Atelierhaus in Metterzimmern. 1967 entwarf Melis die Erwin von Bälz-Plakette zur Ehrung verdienter Persönlichkeiten in der Stadt.

Gegenwartskünstler in der Stadt

Zu den aktuellen Künstlern mit Atelier in Bietigheim-Bissingen zählt unter anderen der gebürtige Bietigheimer Roland Bentz, dessen Schwerpunkt die Druckgrafik ist. Er richtete sich 1976 in der Stadt eine Radierwerkstätte ein, in der er bis heute arbeitet. Ebenfalls aus Bietigheim stammt der Künstler Robert Würth, der allerdings seit 1999 sein Atelier in Korntal-Münchingen hat.

Umgekehrt verhält es sich mit dem Bildhauer Dieter Kränzlein, der zunächst in Pleidelsheim lebte und arbeitete, bevor er sein Atelier in Bissingen bezog. Der Künstler, der bevorzugt mit Muschelkalk und Marmor arbeitet und für seinen Wohnort den Riesen-Puck vor der EgeTrans-Arena schuf, stellt inzwischen national und international aus.

Auch die Werke der Künstlerinnen Angelika Mollner und Katrin Freudenberger entstehen in Ateliers in Bietigheim-Bissingen.

Viele Beispiele, die zeigen, dass sich die Situation gegenüber der Zeit, als die Kunst nur in den Metropolen und nicht regional stattfand, längst grundlegend geändert hat.

 
 
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