Bietigheim-Bissingen Kirchengebäude soll Wohnhäusern weichen

Von Uwe Mollenkopf
Das Gotteshaus der neuapostolischen Kirchengemeinde in der Blumenstraße in Bissingen soll abgerissen werden. Foto: /Martin Kalb

Die Neuapostolische Kirche plant in der Blumenstraße 7 in Bissingen ein soziales Wohnprojekt mit zwei Mehrfamilienhäusern.

Im Mai 2015 haben die neuapostolischen Kirchengemeinden in Bietigheim und Bissingen fusioniert. Gründe waren unter anderem ein Mangel an ehrenamtlichen Seelsorgern und die demografische Entwicklung. Seitdem gehen die Bissinger Gemeindemitglieder zum Gottesdienst in die Kirche in der Bietigheimer Forststraße. Die Zukunft des Kirchengebäudes in der Blumenstraße 7 in Bissingen blieb zunächst offen, inzwischen ist jedoch die Entscheidung gefallen. Das Gotteshaus, eine sogenannte Typenkirche aus Stahlbetonfertigteilen aus dem Jahr 1978, soll abgerissen werden, stattdessen sollen zwei Mehrfamilienhäuser gebaut werden, um vergünstigten Mietwohnraum zu schaffen.

Die neuapostolische Kirchengemeinde Bietigheim-Bissingen zählt derzeit 371 Mitglieder. 2015, im Jahr der Fusion, waren es noch rund 430.

Zwölf Wohnungen geplant

„In Anbetracht der angespannten Wohnungsmarktsituation – insbesondere im Hinblick auf bezahlbaren Wohnraum – haben wir uns als Kirche entschieden, auf dem bisherigen Kirchengrundstück ein soziales Wohnprojekt zu erstellen“, teilt Manuel Kopp von der Neuapostolischen Kirche Süddeutschland auf BZ-Anfrage mit. Geplant sind zwölf Wohnungen, die über zwei bis fünf Zimmer verfügen sollen. Dort sollen Personen mit Wohnberechtigungsschein einziehen können. Damit stelle man in Bissingen auf lange Sicht sozialen Wohnraum zur Verfügung, so Kopp.

Die Wohnungen sollen für 25 Jahre im Mietwohnungsbestand bleiben. Die Miete muss für die gesamte Dauer 33 Prozent unter dem Mittelwert des jeweiligen Mietspiegels der Stadt Bietigheim-Bissingen liegen.

Bebauungsplan wird erstellt

In seiner jüngsten Sitzung nahm der Gemeinderat das städtebauliche Konzept der Neuapostolischen Kirche (siehe auch Infokasten) zustimmend zur Kenntnis und beschloss die Aufstellung eines Bebauungsplans für diesen Bereich der Blumenstraße im beschleunigten Verfahren. Für eine Nachfrage im Gremium sorgte die gewählte Dachform. Sonst gebe es in dem Gebiet überall Satteldächer, stellte Stadtrat Hermann Eppler (CDU) fest, wieso würden für die beiden Neubauten jetzt Flachdächer genehmigt? Er frage sich, ob die Stadtverwaltung ihre bisherige Praxis über Bord geworfen habe?

Flachdach bevorzugt

Tatsächlich habe es in der Verwaltung ein Umdenken gegeben, sagte Baubürgermeister Michael Wolf. Ein Flachdach sei für die Ausnutzung des Grundstücks besser, so könne mehr Wohnraum geschaffen werden. „Wir wollen das Bauen fördern“, so Wolf, dafür sei in vielen Fällen das Flachdach geeigneter.

Reusch-Frey: dringend benötigt

Thomas Reusch-Frey, der Fraktionschef der SPD, nannte das Wohnprojekt in der Blumenstraße „eine richtig gute Sache“. Das religiöse Leben verändere sich, man habe es „mit einer zunehmenden Säkularisierung und sinkenden Bindungskraft der Kirchen und Religionsgemeinschaften zu tun“. Das wirke sich auch auf den Bedarf an kirchlichen Gebäuden aus. Dass die neuapostolische Kirche abgerissen werde, um sozial geförderte Wohnungen zu schaffen, sei wichtig, diese würden dringend benötigt. Vorbildlich sei auch die seriell gefertigte, ökologisch hochwertige Holzbauweise. „Das Projekt hat das Potenzial, Vorbild und Modell zu werden – auch im Blick auf den Bau von bezahlbarem Wohnraum durch die Bürgerstiftung“, so Reusch-Frey.

Weniger euphorisch sah es ein Anlieger bei der nachfolgenden Bürgerfragestunde. Er wollte wissen, wer in die neuen Gebäude einziehe und machte darauf aufmerksam, dass die ins Projekt involvierte Hoffnungsträger-Stiftung mit ihrem Projekt der Hoffnungshäuser – als gemeinsames Wohnen von Einheimischen und Flüchtlingen – in Bönnigheim vor einiger Zeit wieder den Rückzug angetreten habe.

Tatsächlich ist das Projekt aber kein direktes Projekt der Hoffnungsträger-Stiftung, sondern Projektpartner der Neuapostolischen Kirche ist laut Manuel Kopp deren 100-prozentige Tochtergesellschaft „ht-Projektentwickler“. Diese hat sich nach eigener Aussage dem „nachhaltigen, ökonomischen und attraktiven sozialen Wohnungsbau“ in serieller Holzbauweise verschrieben. „Uns überzeugt dieses Konzept, da es sozial, ökologisch und nachhaltig ist“, so Kopp.

Kessing: ganz normale Menschen

Oberbürgermeister Jürgen Kessing erklärte dazu, dass Menschen mit Wohnberechtigungsschein, für die die Wohnungen gedacht sind, inzwischen „aus der Mitte der Gesellschaft“ kämen. „Ich denke, das sind ganz normale Menschen“, so der Rathauschef.

Eine detaillierte Zeitplanung lässt sich nach Auskunft von Kopp noch nicht erstellen, da für die Bebauung erst der vorhabenbezogene Bebauungsplan zu erstellen sei. „Wir streben aber eine Realisierung des Baubeginns im Laufe des nächsten Jahres an.“

 
 
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