Bietigheim-Bissingen Raritäten und Begegnungen

Von Johannes Stiefel
Delfter Blau im Sand: Porzellan wie diese Vase war an vielen Ständen zu sehen. Mindestens so wichtig wie die Jagd auf Raritäten war das gegenseitige Kennenlernen in der Nachbarschaft. Foto: /Oliver Bürkle

Auf Schnäppchenjagd im Sand: Der erste Stadtteilflohmarkt lud viele Besucher zum Zug durch die Nachbarschaft ein.

Unter dem Motto „Der Sand trödelt“ haben Anwohnerinnen und Anwohner auf dem ersten Stadtteilflohmarkt an etwa 30 Ständen angeboten, was sie nicht mehr brauchen. Im Gegensatz zu einem konventionellen Flohmarkt waren die potenziellen Fundstücke jedoch nicht Tisch an Tisch aufgereiht, sondern in den jeweils eigenen Vorgärten und Einfahrten ihrer Verkäufer.

Dies hat laut Ursula Kieser, der ehrenamtlichen Organisatorin des Flohmarktes, viele Vorteile: „Man muss die Dinge nur aus dem Haus tragen und spart sich die Schlepperei, den Transport sowie die Standgebühr“. Auf diese Weise sei auch keine Genehmigung nötig, da die angebotenen Gegenstände ausschließlich auf Privatgelände ihre Besitzer wechseln.

Puppenhaus und Meerjungfrau

Neben vielerlei Spielzeug, Büchern und Kinderbekleidung wurden auch einige persönliche Raritäten angeboten, von denen sich zu trennen den bisherigen Eigentümern sicherlich nicht leichtgefallen ist. Da man jedoch nicht immer alles behalten könne, geht Kieser selbst mit gutem Beispiel voran und verkauft etwa eine alte Nachttischlampe, die sie bereits in den 1960-Jahren zu ihrem ersten eigenen Kinderzimmer bekommen hatte.

Auch Beate Grünenwald ist bereit, sich schweren Herzens von einem Puppenhaus zu trennen, das ihr Schwiegervater vor etwa 50 Jahren selbst gezimmert hat. Von der Idee eines Stadtteilflohmarkts ist sie begeistert. Neben Spielzeug hat sie auch ein Kinderfahrrad und eine gut sortierte Sammlung an ausgewählten Büchern im Angebot.

Vor dem Aufwand und den Kosten, die ein gewöhnlicher Flohmarkt mit sich bringen, sei sie früher häufig zurückgeschreckt und freut sich daher über die Initiative von Ursula Kieser. „Heute ist die Gelegenheit, so etwas einmal auszuprobieren“, sagt sie.

Auf der anderen Seite der Verkaufstische erfreuen sich viele Käuferinnen und Käufer an ihren neuen Schätzen. Luisa Marotta hat neben einem Ausstecher in Meerjungfrauen-Form und einem Eiswürfelbereiter für sich selbst, auch Holzbauklötze für ihre Enkel gefunden: „Im Laden findet man so etwas gar nicht mehr, da ist heutzutage alles aus Plastik. Außerdem macht mir das Kruschteln Spaß und ich genieße die Familiäre Atmosphäre“, sagt sie. Laut Ursula Kieser ist der Stadtteilflohmarkt, wie es ihn etwa in Metterzimmern oder Walheim schon seit einigen Jahren gibt, ebenso ein Versuch, die Nachbarschaft etwas näher zusammen zu bringen.

Nachbarschaft kennenlernen

Diese Möglichkeit sieht auch ihre direkte Nachbarin, Anja Baisch. „So eine Aktion schafft einfach Gemeinschaft, nicht nur in der Nachbarschaft, sondern auch familienübergreifend“, sagt sie und deutet dabei auf ihre Söhne, die an diesem Tag versuchen wollen, ihre alte Playmobil-Sammlung an einen neuen Besitzer zu bringen.

Auch das Ehepaar Helga und Helmut Janke, die schon lange von einem Straßenfest im Sandweg träumen, begrüßen die Idee eines Stadtteilflohmarkts. Seit langem sei dies das erste Mal, dass sie, von kürzeren Gesprächen einmal abgesehen, mit einem Großteil der Nachbarschaft in Kontakt kommen. Dabei sei ein Flohmarkt vor der eigenen Haustür vor wenigen Jahrzehnten undenkbar gewesen: „Sich am Sonntag vor die Tür zu setzen und seinen alten Hausrat herzuzeigen, das hätte man früher nicht gemacht. Man merkt, dass sich mit den jüngeren Generationen etwas verändert hat.“

Wiederholung wahrscheinlich

„Wir haben viele kleine und große Sachen verkauft und auch insgesamt ist alles gut gelaufen“, fasst Ursula Kieser zusammen, während sich, etwa eine Stunde vor Ende, noch zahlreiche Interessierte um ihren Stand versammelt haben.

Zudem hätten sich viele Anwohner aus der Nachbarschaft, die in diesem Jahr noch keinen Stand aufgebaut hatten, bereits für den nächsten Termin angekündigt. Dieser steht laut Kieser noch nicht fest, sie ist sich aber sicher, dass es ein nächstes Mal geben wird. Dann noch etwas größer und vielleicht auch mit Bewirtung.

 
 
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