Bietigheim-Bissingen redet über steigende Infektionszahlen „Die aktuellen Maßnahmen sind ausreichend“

Von Rena Weiss
Der geschäftsführende Schulleiter für die Schulen in der Stadt, Claus Stöckle, warnt davor, die Schulen als Corona-Infektionsquelle zu verteufeln (im Bild das Ellentalgymnasium).⇥ Foto: Helmut Pangerl

Aufgrund steigender Infektionszahlen ging es in der Gemeinderatssitzung unter anderem um mögliche Infektionsherde.

Vor einer Woche veröffentlichte Oberbürgermeister Jürgen Kessing eine Video-Botschaft an die Bürger Bietigheim-Bissingens, in dem er die aktuelle Corona-Verordnung des Landkreises Ludwigsburg erklärte. In dem Video vom 15. Oktober sprach der OB noch von 62 Bietigheim-Bissingern, die positiv auf Covid-19 getestet worden sind. Am Mittwoch meldete das Landratsamt allein in Bietigheim-Bissingen bereits 431 bestätigte Fälle (seit Beginn der Pandemie). Nur Ludwigsburg hat im Landkreis mehr. So ist es wenig verwunderlich, dass die erneut strengeren Auflagen und mögliche Infektionsherde Thema bei der Gemeinderatssitzung am Dienstagabend waren.

Trotz Themen wie dem Haushaltsplan 2021, der Gestaltungssatzung des Ortskerns Bissingen und dem Landschaftspflegeprogramm der Stadt sollte es eine kurze Sitzung werden. Etwas mehr als eine Stunde dauerte der öffentliche Teil. Der Grund: Man wolle nicht länger als nötig im Großen Saal des Kronenzentrums tagen müssen, sagt Kessing zu Beginn der Sitzung. Daran hielten sich auch die Stadträte und verzichteten auf lange Wortmeldungen oder gar Diskussionen. Dennoch erklärte der Oberbürgermeister, dass die Stadt derzeit keine zusätzlichen Einschränkungen als die vom Landratsamt vorgegebenen einplane. „Aus unserer Sicht sind keine weiteren nötig. Das Gesundheitsamt sagt, die aktuellen Maßnahmen sind ausreichend.“ Allerdings gebe es im Landratsamt bereits Überlegungen, weitere Verschärfungen zu bestimmen.

„Wir beobachten die Lage ganz genau“, versicherte Matthias Volk, Leiter des Ordnungsamtes. Jeden Morgen überprüfe das Amt die gemeldeten Fälle und hake nach, woher eine Infektion stammen könnte. Volk ist der Meinung, die seit wenigen Tagen wieder verschärften Kontaktbeschränkungen seien zu spät gekommen. Denn die Zahlen in Bietigheim-Bissingen zeigten, dass gerade private Feiern und geringer Abstand Grund für steigende Infektionszahlen seien.

Das unterstrich auch Oberbürgermeister Kessing. Es habe sich gezeigt, dass es in Bietigheim-Bissingen aktuell drei Quellen gebe, die für erhöhte Zahlen sorgten. Das sei die Flüchtlingsunterkunft in der Geisinger Straße, die nun unter Quarantäne stehe (die BZ berichtete). An zweiter Stelle nannte er private Familienfeiern und an dritter Stelle die Schulen. Doch nur durch die Ermittlung solcher möglichen Infektionsherde lasse sich die Infektionskette stoppen, betonte Kessing und ergänzte: „Das Landratsamt und das Gesundheitsamt sind an der Grenze der Belastbarkeit.“

Dennoch blieb nicht aus, dass das Landratsamt kritisiert wurde. Stadtrat und geschäftsführender Schulleiter Claus Stöckle merkte an, dass Bietigheim-Bissingen einen Sieben-Tage-Wert von mehr als 200 habe. „Wir haben Neukölln überholt.“ Er verglich Bietigheim-Bissingen gar mit dem Berchtesgadener Land, wo der Inzidenzwert am Montag bei 272,8 lag und nun Ausgangssperren verhängt worden sind. „Wenn solche Zahlen erreicht werden, ist es unzufriedenstellend, wenn die Stadt keine Auskunft geben kann, weil das Landratsamt zuständig ist.“ Er bat Oberbürgermeister Jürgen Kessing, beim zuständigen Amt für eine Verbesserung des Informationsflusses zu werben. Es sei schwierig, Bietigheim-Bissingen mit dem Berchtesgadener Land oder Neukölln zu vergleichen, weil vor allem Ersteres viele Touristen habe, die ebenfalls das Risiko, zu einem Corona-Brennpunkt zu werden, erhöhen. Zudem haben die Kommunen lange mit dem Landratsamt gekämpft, die Zahlen so transparent wie möglich zu gestalten, so Kessing. Das Ergebnis sei unter anderem das sogenannte Corona-Dashboard, das auf der Internetseite des Landratsamtes über die aktuellen Zahlen informiert.

Stöckle ließ es sich zudem nicht nehmen, auf die Situation an den Schulen einzugehen. „Es sind Schüler, die positiv sind, keine Lehrer“, merkte er an, um zu vermeiden, die Schulen als generelle Infektionsherde zu verteufeln. „Die Kinder haben es allesamt von privaten Situationen hineingetragen. Die Schulen selbst sind keine Quellen“, betonte Stöckle. Doch bei positiv getesteten Schülern gelten Lehrkräfte als Kontaktpersonen ersten Grades und müssen daher in Quarantäne. 50 Lehrkräfte der Schulen in Bietigheim-Bissingen seien davon betroffen. „Es geht drunter und drüber“, fasste Stöckle es zusammen. Mit dem Hinweis, das Thema werde im nicht öffentlichen Teil besprochen, beendete Kessing die Sitzung.

Sternlesmarkt fraglich

Zuvor erwähnte der Oberbürgermeister jedoch noch, dass er wenig zuversichtlich sei, dass dieses Jahr der traditionelle Sternlesmarkt stattfinden könne. Am Dienstag hatte die Stadt Ludwigsburg ihren Weihnachtsmarkt abgesagt. „Wir werden wahrscheinlich zu keinem anderen Schluss kommen“, sagte Jürgen Kessing. Eine endgültige Entscheidung dazu stehe jedoch noch aus.

 
 
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