Bietigheim-Bissingen Stadt förderte die ersten Gaststätten

Von Uwe Mollenkopf
Das Gasthaus Krone kurz vor dem Abbruch im Jahr 1972. Es entstand bereits im 15. Jahrhundert. Foto: Karlheinz Groß

Die Geschichte der Gastherbergen in Bietigheim beginnt im 15. Jahrhundert.

Wirtschaftsförderung in doppeltem Sinn betrieb die Bietigheimer Stadtverwaltung vor 600 Jahren. Sie veranlasste den Bau der beiden ersten Gastherbergen in der Stadt: der Krone und des Schwarzen Adlers. Beide sind inzwischen längst Geschichte. Der Schwarze Adler, der später zum Grünen Baum wurde, brannte 1945 ab, die Krone wurde 1972 abgerissen. Ein Rückblick.

Wie Stefan Benning in der von der Stadt herausgegebenen Stadtgeschichte „Bietigheim 789 - 1989“ feststellt, kannte das mittelalterliche Bietigheim zwei Herbergen, die innerhalb des Mauerrings betrieben wurden, und sogenannte Gassenwirte. Letztere betrieben das Wirtsgewerbe neben ihrem Hauptberuf. Doch die Herbergen galten zu Beginn des 15. Jahrhunderts, als der Verkehr über die Landstraße stark zunahm, als „eng und ungelegen“, sodass oftmals Durchfahrende und Reisende kein Quartier fanden. Angesichts dieser Situation sahen die Stadtoberen Handlungsbedarf.

Sie stellten ein städtisches Grundstück in der unteren Vorstadt für den Bau zweier Wirtshäuser zur Verfügung. Es entstanden die Krone, in unmittelbarer Nähe zur später (1463 bis 1467) gebauten Enzbrücke, und der Schwarze Adler, etwas oberhalb und auf der anderen Straßenseite, so Benning.

Im Unterschied zu den Gassen- oder Schankwirten handelte es sich hier um Schildgasthäuser, welche auf Dauer ein Schild aushängen durften, um auf ihr Gewerbe hinzuweisen. Sie mussten einen jährlichen „Gastgebgulden“ zahlen und wurden verpflichtet, „Tag und Nacht eine offen freie Gastgebemahlzeit und Pfennigwirtschaft und Herberg“ zu halten, so Hermann Römer („Geschichte der Stadt Bietigheim“). Dafür waren sie vom sogenannten Umgeld befreit. Aus Rücksicht auf die Gassenwirte durften die beiden Wirtschaften allerdings zunächst keinen Wein an Einheimische ausschenken. Erst 1534 hob die damalige habsburgische Regierung Württembergs aus Mangel an Schankwirten dieses Verbot auf.

Immer mehr Wirtshäuser

Im Laufe der Jahrhunderte kamen viele weitere Wirtshäuser hinzu. Wie Kaufleute zählten auch Wirte zur Oberschicht im Bietigheimer Sozialgefüge, schreibt Stefan Kriz („Bietigheim 789 - 1989“). Eine Übersicht aus dem Jahr 1835 listet sechs Schildwirte auf (Krone, Grüner Baum, Lamm, Löwen, Adler und Ochsen), hinzu kommen drei Speisewirte und 16 Weinschenken, darunter die Rose, das Ratsstüble und der Falken. Mit dem Eisenbahnbau (ab 1847) wurden weitere eröffnet, so das Gasthaus zur Eisenbahn direkt am Bahnhof, der Gasthof zum Stern und das Gasthaus zum Waldeck in der Umgebung. Auch die Kammgarnspinnerei erhielt eine Wirtschaft.

Der Wandel in der Wirtshauskultur in der jüngeren Zeit, dem viele alte Gasthäuser zum Opfer fielen, lässt sich beispielhaft an der Krone ablesen. 1907 ließ diese der damalige Wirt noch durch einen großen Saal erweitern, mit Theaterbühne und elektrischem Licht. Das Gasthaus wurde zum „Kulturzentrum“ des damaligen  Bietigheim, wie Sonja Eisele in der jüngsten Ausgabe der Blätter zur Stadtgeschichte feststellt. Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts ging es jedoch bergab: das Gasthaus wurde zur Bierbar, dann zur Gastwirtschaft für griechische Gastarbeiter. Das  Ende hatte wie der Anfang mit der Stadt zu tun. Diese kaufte das Anwesen in den 60er-Jahren, im Jahr 1972 ließ sie die  Krone abreißen. Stattdessen entstand dort das Kronenzentrum als neuer Mittelpunkt des städtischen Kulturlebens.

 
 
- Anzeige -