Zwei Akteure versuchen derzeit auf unterschiedlichen Wegen, das am 6. April 2022 im Landtag mehrheitlich beschlossene neue Zwei-Stimmen-Wahlrecht, durch welches das Parlament weiblicher werden soll, zu Fall zu bringen: die FDP mit einem Gesetzentwurf, der Parteilose Dr. Dieter Distler aus Bietigheim-Bissingen durch Herbeiführung eines Volksbegehrens. Beide wollen eine befürchtete Aufblähung des Landtags infolge der Wahlrechtsänderung und Mehrkosten für den Steuerzahler verhindern.
Bietigheim-Bissingen Unterschriftensammlung gegen XXL-Landtag kommt voran
Dieter Distler aus Bietigheim-Bissingen und sein Team haben inzwischen über 4000 von 10 000 benötigten Unterschriften für die Zulassung eines Volksbegehrens beieinander. Im Landtag ist derweil die FDP aktiv.
„Aufblähung“ verhindern
Die FDP-Fraktion im Landtag hatte am Mittwochabend zu einer Informations- und Diskussionsrunde in den Plenarsaal eingeladen, um über das Thema zu sprechen. Die Liberalen haben im Landtag einen Gesetzentwurf zur Reduzierung der Wahlkreise von 70 auf 38 eingebracht, um die Vergrößerung des Parlaments zu verhindern und bei einer Sollgröße von 120 Abgeordneten zu bleiben. Voraussichtlich am 2. März werde der Ständige Ausschuss seine Beschlussempfehlung an den Landtag aussprechen, sagt Fraktionschef Dr. Hans-Ulrich Rülke. Vorbehaltlich der Präsidiumssitzung am 28. Februar, in der die Tagesordnungen für die nächsten Plenarsitzungen festgelegt werden, finde die zweite Beratung des Entwurfs dann am 8. März statt.
Währenddessen ist Dieter Distler aus Bietigheim-Bissingen mit seinem Ziel, ein Volksbegehren mit dem gleichen Ziel zustande zu bringen, weiter vorangekommen. Wie berichtet hatte Distler im November letzten Jahres von vorn anfangen müssen, nachdem seine bislang gesammelten Unterschriften wegen eines Formfehlers nicht anerkannt worden waren. Inzwischen hat er im zweiten Anlauf über 4000 Unterschriften beieinander – 10 000 werden für die Zulassung eines Volksbegehrens benötigt.
Kreis der Unterstützer wächst
„Wir sind sicher, die 10 000 bis Mai/Juni zu haben“, sagt Distler, der längst nicht mehr Einzelkämpfer ist. Inzwischen wird er von einem Team unterstützt, das weit über die Region hinaus in den Gemeinden Unterstützer sucht. „In Mannheim und Heidelberg haben wir noch gar nicht begonnen“, berichtet Distler. Auch dort wachse der Kreis der Unterschriftensammler, aber es gehe sehr langsam. Allein in Bietigheim-Bissingen seien – mit Stand letzte Woche – 835 neue unterschriebene Formulare hinzugekommen. Dazu kämen noch weitere 500 alte, so Distler, doch über deren Gültigkeit habe das Innenministerium noch nicht endgültig entschieden. Eventuell müsse man diese Unterstützer alle separat noch mal aufsuchen.
FDP verfolgt selbes Ziel
Auch bei der FDP-Fraktion hat man ein Volksbegehren längst ins Auge gefasst, sollte der eingebrachte Gesetzentwurf aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Landtag – die Wahlrechtsreform war mit den Stimmen der Grünen, der CDU und der SPD beschlossen worden – abgelehnt werden. „Wir haben im Spätsommer dem Landesvorstand der FDP Baden-Württemberg vorgeschlagen, dass sich die Partei unseren Vorschlag zu eigen macht, die Wahlkreise auf 38 zu reduzieren und ein Volksbegehren anzustreben, sofern unser Gesetzentwurf im Landtag abgelehnt wird“, sagt Fraktionsvorsitzender Rülke. Das habe der Landesvorstand einstimmig gutgeheißen. Am 5. Januar habe auch der Landesparteitag dem Vorschlag zugestimmt.
Aufgrund des gemeinsamen Anliegens hat Dieter Distler ganz zu Beginn auch mit der FDP gesprochen, sagt er. Man habe ihn aber hingehalten, so der Bietigheimer, und nahegelegt, auf die Bemühungen der Liberalen zu warten. Doch: „Ich denke, eine parteiunabhängige Initiative hat größere Möglichkeiten“, meint Distler, fügt aber hinzu: „Wir wären aber sehr froh, wenn die FDP mitmachen würde. Eine flächendeckende Organisation ist wichtig für den nächsten Schritt.“
Umgekehrt meint Rülke zu den Aktivitäten des Bietigheimers: „Wir begrüßen jegliche Anstrengung, die eine Aufblähung des Landtags zu vermeiden sucht.“
Bei Zulassung eines Volksbegehrens wäre der nächste Schritt, innerhalb von sechs Monaten die Unterschriften von mindestens einem Zehntel der Wahlberechtigten zu sammeln. Das sind laut Innenministerium rund 770 000 Bürger. Sollte das gelingen und stimmt der Landtag der Gesetzesvorlage nicht unverändert zu, findet anschließend eine Volksabstimmung statt.