Bietigheim-Bissinger Akademietage Wenn der Roboter das Bier holt

Von Uwe Mollenkopf
Der Unternehmer und Autor Jörg Heynkes sprach im Kronenzentrum. Foto: Martin Kalb

Der Unternehmer und Autor Jörg Heynkes ist der Ansicht, dass die Welt nur noch digital gerettet werden kann. Am Montag referierte er zum Auftakt der Akademietage im Kronenzentrum.

Lang anhaltender Beifall brandete auf, als der Wuppertaler Unternehmer und Autor Jörg Heynkes am Montag im Kronenzentrum in Bietigheim-Bissingen zum Auftakt der diesjährigen Akadamietage unter dem Titel „Der große Umbruch“ seinen gut eineinhalbstündigen Vortrag beendet hatte. In einem Parforceritt durch die Welt der Künstlichen Intelligenz und Robotik hatte Heynkes eindrücklich dargestellt, warum seiner Ansicht nach die von Klimawandel und Umweltzerstörung bedrohte Erde nur durch neue, digitale Technologien gerettet werden könne. Doch es gab auch Kritik: Von „Träumen“ und „Illusionen“ sprach ein Besucher bei der sich anschließenden Fragerunde.

Heynkes bezeichnet sich selbst als „Zukunftsmacher“. Der gelernte Industrie- und Werbefotograf machte sich bereits im Alter von 23 Jahren selbstständig, er gründete unter anderem die Wuppertaler „Eventlocation VillaMedia“ – die er in diesem Jahr corona-bedingt schließen musste – und entwickelt mit einer seiner Firmen die Software zum Betrieb von humanoiden Robotern. Mit seinem Unternehmen „energie-pur“ hat er es sich zur Aufgabe gemacht, über die Chancen erneuerbarer Energien und neuer Mobilitätskonzepte zu informieren.

Es gehe ihm darum, herauszufinden, wie die Welt von übermorgen aussehe, beschrieb Heynkes seine Firmenphilosophie. In seinem Vortrag, der an sein Buch „Zukunft 4.1: Warum wir die Welt nur digital retten – oder gar nicht“ angelehnt war, beschrieb er im Kronenzentrum die Auswirkungen der „Vierten industriellen Revolution“, die durch tief greifende technologische Veränderungen geprägt sein werde. Darauf müsse man vorbereitet sein, warnte Heynkes, sonst werde man überrollt wie von einem Tsunami. Angesichts der Vormachtstellung von Firmen wie Google, Apple, Microsoft, Amazon und Facebook befinde sich Europa mit einem Anteil von drei Prozent an der digitalen „Plattform-Ökonomie“ dabei freilich noch „im Tiefschlaf“, so der Redner.

Heynkes ist überzeugt davon, dass Roboter in einigen Jahren unser Leben bestimmen werden. „Diese Systeme werden überall in unserer Lebenswirklichkeit auftauchen.“ Bis hin zum Hausroboter, der auch Bier aus dem Keller holen kann. Und_ Mithilfe der Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz ließen sich auch die großen Herausforderungen Ernährung einer wachsenden Menschheit, Energieversorgung und Mobilität in den Griff bekommen. Fleisch aus dem Bioreaktor oder Insektenfood nannte Heynkes als Beispiele auf dem Feld der Ernährung. Technologien ermöglichten es, die Energieversorgung zu 100 Prozent erneuerbar und dezentral zu organisieren, mithilfe der „Schwarmmobilität“ lasse sich der Anzahl der Fahrzeuge um 90 Prozent reduzieren. Autonom fahrende und vernetzte Elektromobile führten zu einer Mobilität, die deutlich preiswerter, sauberer und sicherer sei. Allerdings: „Es gibt immer Verlierer“, so der Referent mit Blick auf Taxi- oder Busfahrer, die dann nicht mehr benötigt würden.

Heynkes verschwieg auch Gefahren nicht, die etwa beim Thema Datensicherheit lauerten. Doch die Risiken könnten nur über Einmischung und konkretes Handeln minimiert werden. Er ermunterte seine Zuhörer, sich die dafür notwendige Digitalkompetenz zu erwerben.

Druck durch Klimawandel

Der Vortrag endete mit einer munteren Diskussion, in der auch etliche Zweifel an der Umsetzung des Gehörten laut wurden. „Wir essen kein Fleisch mehr, und die Welt ist gerettet – das ist reiner Unsinn“, meinte ein Zuhörer. Eine Besucherin wies auf die Umweltschäden hin, die beim Abbau der Rohstoffe zur Produktion von Elektroautos entstehen. Auch Professor Eberhard Uhland vom Organisationsteam der Akademietage fehlt, wie er sagte, „die Fantasie“, was die Umsetzung der Energiewende in Ländern wie Russland betrifft. Heynkes erwiderte, Klimaereignisse würden den dazu nötigen Druck erzeugen. Er mahnte: „Wir haben noch zehn bis 20 Jahre Zeit.“

Info Die Akademietage gehen am 4. und 5. November weiter. Sie sind eine Initiative der Stadt Bietigheim-Bissingen, des Dachverbands für Seniorenarbeit Bietigheim-Bissingen und der Schiller-Volkshochschule (VHS) des Landkreises Ludwigsburg in Zusammenarbeit mit der Bietigheimer Zeitung.

 
 
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