Einen eigenen Backofen zu besitzen ist heute Standard. Auch früher war es üblich, seinen Ofen im Haus zu nutzen, allerdings wurde auf offener Flamme gekocht. Das Problem in mittelalterlichen Städten war, dass die Fachwerkhäuser schnell Opfer der Flammen werden konnten. Und durch die enge Bebauung war dann nicht nur das eigene Haus in Gefahr, die Flammen konnten auf das komplette Quartier überspringen. Bietigheim-Bissingen hat in seiner Stadtgeschichte viele Brände verkraften müssen, unter anderem den großen Stadtbrand 1721. Das ist auch in der aktuellen Ausstellung des Stadtmuseums Hornmoldhaus „Feuer – Segen und Fluch. Stadtbrände in Bietigheim“ noch bis zum 17. September 2023 zu sehen (die BZ berichtete).
Bietigheim heute und früher Backhäuser als Ort der Gemeinschaft
Anfang des 19. Jahrhunderts forciert der König von Württemberg das Verbot von Backöfen im eigenen Haus. Es geht darum, die Brandgefahr zu verringern. Ein Einblick in die Geschichte der Backstuben Bietigheims und ihre heutige Nutzung.
Gemeinschaftliche Backhäuser
Um die Brandgefahr zu verkleinern, wurden ab dem 17. Jahrhundert gemeindeeigene Backhäuser gebaut. Diese standen oft am Stadtrand. Ein weiterer Vorteil: Bau- und Betriebskosten waren geringer als die für mehrere private Feuerstellen. Und da der gemeinschaftliche Holzofen durchgehend in Betrieb war, sparte man sich Zeit und Brennmaterial, denn die Wärme des Vorgängers konnte mitgenutzt werden.
Trotz der Vorteile lief das Thema Gemeinschaftsbackstuben nur langsam an, da dadurch auch ein Teil der Autonomie verloren ging. Neben der Tatsache, dass man zum Backen das Haus verlassen musste, wurde die Zeit im Backhaus durchgetaktet. „An welchen Tagen und zu welcher Zeit welche Familie backen durfte, entschied eine Auslosung“, erklärt die Leiterin des Hornmoldhauses, Dr. Catharina Raible. Das Ergebnis der Losung hing am Backhaus. „Neben dem praktischen Nutzen war das Backhaus auch Ort der Gemeinschaft und Interaktion, an dem man beim Warten auf Brot und Kuchen Informationen austauschte“, berichtet Raible weiter. Im Jahr 1808 forcierte König Friedrich I. von Württemberg die Nutzung der gemeinschaftlichen Backhäuser, indem er in einer Generalverordnung der Feuerschutzbehörde ein Verbot für Backöfen in Häusern und engen Gassen durchsetzte. In Bietigheim wurden daraufhin vier Backhäuser errichtet, von denen heute noch zwei erhalten sind, in einem wird auch noch gebacken.
Eines der verschwundenen Backhäuser stand in der Pfarrstraße 13, es war ein privates Backhaus, berichtet Sonja Eisele vom Stadtarchiv Bietigheim-Bissingen. Auch an der unteren Metterbrücke, neben dem Gasthaus „Bären“, stand eines. Das Backhaus im Hexengässle wurde 1828 errichtet und mittlerweile als Schmuckatelier umgewidmet. Jenes in der Fräuleinstraße steht seit 1830 und wird vor allem von den Landfrauen Bietigheim noch regelmäßig angeheizt.
Backen in der Fräuleinstraße
„Und das macht richtig Spaß in dem Holzofen“, berichtet Bärbel Frölich, Vorsitzende der Landfrauen Bietigheim. Der Verein ist Hauptmieter des Backhauses. Backsaison ist von April bis Juni und dann wieder ab September bis Jahresende. In der warmen Jahreszeit sei es zu heiß und im Winter sei der Ertrag zu gering, erklärt Frölich. Der nächste Termin ist am Samstag, 3. Dezember. Gebacken werden dann 48 Zwiebel-, 24 Kartoffel- und zwölf Rahmkuchen. Darüber hinaus noch 50 bis 60 Brote. „Und wenn wir genügend Leute haben auch noch süße Kuchen“, kündigt die Vereinsvorsitzende an. Freilich sei es aufwendiger, als zu Hause den Ofen aufzudrehen, „aber im Holzofen zu backen ist schon noch mal etwas anderes. Wenn wir die langen Schlangen vor dem Backhäusle sehen, wissen wir, dass sich die Mühe lohnt.“
Renovierung durch die Stadt
Vor fast zehn Jahren hat die Stadt die elektrischen Öfen saniert, die vor allem für die Kuchen verwendet werden. Zusätzlich gibt es aber noch den klassischen Holzofen. Das Backhaus am Ende der Fräuleinstraße hat zwei Brennkammern, benutzt wird jedoch nur eine, denn: „Über dem rechten Gewölbe liegen sechs Tonnen Sand, über dem linken vier bis fünf. Die linke Kammer verbraucht die doppelte Menge an Holz und das bei einer kürzeren Brenndauer“, sagt Frölich. Wird samstags gebacken, entfacht zumeist Frölichs Sohn am Freitagabend das Feuer. Erst werde mit Rebenbüscheln angeheizt, dann wird Holz eingelegt. Samstagmorgens kann gegen 7.30 Uhr begonnen werden. Etwa vier Mal könne gebacken werden. Auf das erste Brot müsse man gut aufpassen, es ist in einer halben Stunde schön knusprig, sagt die Landfrau. Das Letzte brauche etwa eine Stunde.
Info
Im Backhaus in der Fräuleinstraße finden immer wieder Brotback-Aktionen mit den Landfrauen Bietigheim statt. Das Hornmoldhaus bietet auch Brotback-Tage für Kinder an. Infos dazu gibts online unter www.stadtmuseum/bietigheim-bissingen.de; auch gibt es einen Kurzfilm dazu auf YouTube.