Bietigheimer Handballerinnen unterliegen Dortmund knapp SG-Rumpfteam ärgert designierten Meister lange

Von Sebastian Klaus
Auch acht Tore von Kapitänin Kim Naidzinavicius reichten der SG BBM Bietigheim nicht zum Sieg über Spitzenreiter Borussia Dortmund.⇥ Foto: Marco Wolf

Trotz vieler Ausfälle hält die SG BBM Bietigheim bei der 28:30-Niederlage im Topspiel gegen Spitzenreiter Borussia Dortmund bis zum Ende mit.

Im Nordderby hatte es die SG Flensburg-Handewitt gegen den THW Kiel vorgemacht, wie man trotz eines stark dezimierten Kaders den Favoriten stürzen kann. Auf eine ähnliche Sensation hatte der Trainer der SG BBM, Markus Gaugisch, am Mittwochabend beim Top-Duell zwischen seiner Sieben und dem souveränen Spitzenreiter Borussia Dortmund auch gehofft – und auch wenn die Spielgemeinschaft am Ende das Nachsehen haben sollte, bot die bärenstarke Gaugisch-Sieben dem Primus bei der knappen 28:30-Niederlage ganz lange die Stirn.

Der große Umbruch, den Bietigheim bereits vor der Saison vollzogen hatte, steht dem BVB erst noch bevor. Gleich acht Spielerinnen verlassen den Spitzenreiter im Sommer – auch an den zuvor sicherlich prall gefüllten Geldtöpfen des Ballspielvereins dürfte die Corona-Pandemie genagt haben.

Den Anfang der Odyssee hatten Ende Januar mit den niederländischen Weltmeisterinnen Kelly Dulfer und Inger Smits ausgerechnet zwei Spielerinnen gemacht, die in wenigen Monaten nach Bietigheim wechseln werden und die am Mittwochabend gegen ihren zukünftigen Arbeitgeber ordentliche Vorstellungen ablieferten. Dormunds Toptorjägerin Smits brachte es auf drei Tore, Dulfer netzte sogar ganze achtmal mal ein.

Letztere hatte in Zusammenhang mit ihrem Wechsel in einem Interview in ihrer Heimat den Führungsstil ihres Noch-Trainers André Fuhr kritisiert. Doch wer gehofft hatte, die Unruhen rund um Dulfers Abgang und die Massenflucht ihrer Mitspielerinnen aus Dortmund könnten beim BVB zu einem Leistungsabfall führen, sah sich getäuscht: Dortmund spazierte auch weiterhin durch die Liga und gab auch zuletzt in der Premierensaison in der Champions League ein passables Bild ab.

Wie sehr das Ziel „Meisterschaft“ die Mannschaft offenbar zu einer Einheit zusammenschweißt, erlebten die Gegner der Borussinnen in dieser Saison zuhauf. Doch auf einen Kontrahenten mit der Klasse von Bietigheim war Dortmund in dieser Spielzeit augenscheinlich noch nicht gestoßen. Nicht nur die Kommentatoren bei Sportdeutschland.TV, sondern auch die Fuhr-Sieben selbst schienen überrascht davon, dass die Partie nicht der erwartete Selbstläufer für den BVB wurde. Als Bietigheim fünf Minuten vor der Pause beim Stand von 14:17 gegen den nahezu in Bestbesetzung angetreten Spitzenreiter mit drei Toren in Führung lag, dürften Fuhr und Co. mit dem Augenreiben gar nicht mehr hinterher gekommen sein.

Dortmund wirkt nervös

Der nervös wirkende Tabellenführer war dem Verfolger dabei in der ersten Hälfte immer wieder ins offene Messer gelaufen. Über das von Gaugisch stets propagierte Tempogegenstoßspiel kam seine Truppe aus einer stabilen Abwehr heraus alleine in Durchgang eins zu zahlreichen leichten Toren. Vor allem die zukünftige Borussin Amelie Berger sorgte auf Rechtsaußen mit einer perfekten Quote aus vier von vier für Furore. Und auch Kapitänin Kim Naidzinavicius ging mit einigen schönen Treffern und Anspielen mit gutem Beispiel voran.

Doch mit der Hereinnahme von Torwart-Talent Yara Ten Holte für die glücklose Ex-Bietigheimerin Isabell Roch kurz vor dem Pausenpfiff änderte sich langsam das Spielglück zugunsten der Borussinnen, sodass es trotz einiger schöner Paraden von Valentyna Salamakha „nur“ mit einer knappen 17:16-Führung für die SG in die Pause ging.

Im zweiten Durchgang machte sich schnell der Kräfteverschleiß bei den Gästen bemerkbar, die aufgrund der dünn besetzten Bank natürlich stark benachteiligt waren. Beim 18:17 durch Kelly Dulfer ging der BVB das erste Mal seit langer Zeit wieder in Führung. Doch auch wenn der Bundesliga-Primus zwischenzeitlich auf vier Tore vorlegen konnte, ganz abschütteln ließen sich die sichtlich platt wirkenden Bietigheimerinnen auch nicht.

Viereinhalb Minuten vor dem Ende verkürzte Naidzinavicius nach einem Konter auf 28:26. 30 Sekunden vor dem Ende der Partie übernahm Naidzinavicius Verantwortung, doch Ten Holte verhinderte mit einem tollen Reflex den Anschlusstreffer. Doch statt die Meisterschaft noch einmal spannend zu machen, kann der BVB nach dem 30:28-Heimerfolg inzwischen bereits langsam die coronakonforme Titelfeier planen. „Wir wissen, dass es ein Riesenschritt in Richtung Meisterschaft war und zweifeln nicht daran, dass wir das Ding nach Hause holen“, freute sich Dortmunds Trainer André Fuhr nach der Partie. Sein Bietigheimer Pendant Markus Gaugisch haderte dagegen mit einer kurzen Schwächephase seiner Mannschaft: „Kurz vor und kurz nach der Halbzeit haben wir zu viele Fehler gemacht. Da haben wir Dortmund ihr verlorenes Selbstvertrauen zurückgegeben“, so Gaugisch, der seine Spielerinnen jedoch auch für ein „wahnsinnig intensives“ Spitzenspiel lobte.

 
 
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