Bietigheimer Restaurant Die Gourmet-Sterne leuchten weiter

Von Karin Götz und Frank Ruppert
Sternekoch Benjamin Maerz vor seinem Restaurant in Bietigheim-Bissingen.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Die Schwabenstuben in Asperg, das Maerz in Bietigheim und das Lamm in Rosswag verteidigen ihre Auszeichnungen im aktuellen Michelinführer.

Über dem Landkreis Ludwigsburg leuchtet der gastronomische Sternehimmel weiter. Alle drei Restaurants, die sich bereits mit einem Michelinstern schmücken, haben ihn verteidigt. Die Freude in Asperg, Bietigheim und Vaihingen-Rosswag ist entsprechend groß, aber nicht euphorisch. Corona und der Krieg in der Ukraine dämpfen die Stimmung – bei den Gastronomen ebenso wie bei ihren Gästen.

„Wir spüren eine gewisse Zurückhaltung, wissen aber nicht, ob das noch Corona oder schon der Krieg ist“, sagt Christian Ottenbacher vom Adler in Asperg. Am meisten seien die Auswirkungen im Bereich des Hotels zu spüren. Die Zahl der Geschäftsreisenden sei aktuell noch geringer als in den Zeiten vor der Pandemie, und wenn Tagungen stattfänden, dann mit weniger Teilnehmern als vor Corona.

Ein Aushängeschild für ganz Asperg

Zufrieden ist der Adler-Chef hingegen mit den Reservierungen in den Restaurants in seinem Haus. Und natürlich freut ihn auch der Stern für das Aushängeschild, die Schwabenstuben. Seit dem Jahr 2006 kann sich der Adler mit dem begehrten Gourmetpreis schmücken. „Davor hatten wir schon einmal 25 Jahre lang einen Stern, mussten ihn 1993 dann aber abgeben“, erinnert sich Ottenbacher und hat noch ein kleines Schmankerl parat: Als im Jahr 1910 der erste deutschsprachige Guide Michelin für Deutschland und die Schweiz erschien, bekam der Adler zwar keinen Stern verliehen, aber das Restaurant wurde schon erwähnt.

Die Auszeichnung sei nicht selbstverständlich und immer ein Ansporn, betont Christian Ottenbacher, der seit 1998 Geschäftsführer im Adler ist und zusammen mit seinem Team und seinen Gästen heuer das 125-Jahr-Jubiläum des Traditionshauses feiert. Ein zweiter Stern? Wer würde sich das nicht wünschen? Doch der 57-Jährige bleibt auf dem Boden. „Das wäre dann noch einmal eine ganz andere Liga, und dafür sind wir auch zu breit aufgestellt“, sagt Christian Ottenbacher. Denn wer sich im Adler in Asperg verwöhnen lässt, bekommt in den Schwabenstuben zwar ein Sterne-Menü serviert, kann aber auch einfach nur einen Rostbraten genießen.

Das Bewährte pflegen und doch nicht stehen bleiben

Die Michelin-Tester formulieren es wie folgt: In den Schwabenstuben pflege man das Bewährte und bleibe dennoch nicht stehen, historischer Charme treffe auf modern-elegante Elemente. Die Küche sei klassisch ausgelegt, beziehe aber auch die Region mit ein. „Auf den Teller kommen durchdachte, ausdrucksstarke und stimmige Speisen mit saisonalen Einflüssen.“

Verliehen wurden die Sterne vergangenen Mittwoch in der Handelskammer in Hamburg. Wer nicht vor Ort sein konnte, hatte die Möglichkeit, sich digital zuzuschalten. „Da ich unterwegs war, wurde ich von Kollegen über Whatsapp auf dem Laufenden gehalten“, erzählt Ottenbacher. Gefeiert wurde im Adler in großer Runde dann am Samstag. Der Chef gab dem gesamten Team eine Runde Champagner aus. Denn zum Erfolg gehört jeder – auch die Mitarbeiter in der Spülküche, davon ist der 57-Jährige überzeugt.

„Als ob man ein Zeugnis
bekommt“

Sein Sterne-Kollege Steffen Ruggaber vom Lamm in Rosswag verfolgte die Preisverleihung daheim am Bildschirm – zusammen mit Ehefrau Sonja. Vor zehn Jahren, als der 45-Jährige seinen ersten Stern erkochte, war die Spannung riesig: „Das fühlte sich damals an, als ob man ein Zeugnis bekommt.“ Seitdem hat der Gastronom sich jedes Jahr einen Stern erkocht, und die Nervosität legte sich von Mal zu Mal mehr.

Gegen einen zweiten Stern hätte Steffen Ruggaber nichts einzuwenden. „Das ist jetzt kein verbissenes Ziel von mir, aber ich versuche mich stetig weiterzuentwickeln. Die Motivation ist also durchaus da,“ sagt der 45-Jährige. „Wenn es mal zwei Sterne sind, würde es uns freuen“, sagt er und lacht. Ihm sei es wichtig, geschmackliche Tiefe in seine Gerichte zu bekommen und sie zeitgemäß zu interpretieren, beschreibt der Küchenchef, der sich vor 20 Jahren selbstständig gemacht hat, seinen Stil. Seine Philosophie lasse Spielraum offen für Produkte aus der ganzen Welt, basiere aber auf dem Einkauf vorwiegend regionaler und heimischer Produkte.

„Tolle Aromen“ in Bietigheimer Schlemmertempel

Den Bezug zur Region schreiben die Tester auch dem dritten Sternelokal im Landkreis Ludwigsburg zu. „Die Gerichte sind angenehm klar aufgebaut und verbinden geschickt tolle Aromen“, heißt es im Restaurantführer über „Maerz – das Restaurant“ in Bietigheim. Der Mix aus regional und modern, den die Brüder Benjamin und Christian Maerz in ihrem Gourmetrestaurant anbieten, sei stimmig, finden die Gastrokritiker.

„Auch wenn es in diesen Zeiten wichtigere Themen gibt“, erklärt Benjamin Maerz, man freue sich, bereits zum zehnten Mal in Folge einen Stern erhalten zu haben. Er dankte in einem Post der Familie und dem Team, richtete aber auch Glückwünsche an die Kollegen und Freunde, die ebenfalls ausgezeichnet wurden.

Die Freude trübt auch bei ihm die aktuelle Situation in der Ukraine. Nach dem „Corona-Chaos“ habe man wieder Licht am Ende des Tunnels gesehen, bis der Krieg begann. „Und auch wir merken diese Auswirkung sowohl in unserer Gastronomie als auch im Hotel“, so Maerz, der mit seinem Bruder auch das Hotel Rose betreibt. „Wir versuchen hier zu helfen, wo wir nur können, und so werden wir in den kommenden Monaten gerne eine kleine ukrainische Familie bei uns im Hotel aufnehmen.“

 
 
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