Bietigheimerin Kim Naidzinavicius tritt aus Nationalmannschaft zurück SG-Kapitänin macht Schluss

Von Sebastian Klaus
Julia Behnke (links) und Kim Naidzinavicius spielen nicht mehr für die Deutsche Nationalmannschaft.⇥ Foto: Marco Wolf

Die Bietigheimer Spielführerin Kim Naidzinavicius und Julia Behnke wollen unter Bundestrainer Henk Groener nicht mehr für Deutschland spielen.

Die Bombe platzte am Montag um Punkt 16 Uhr. Zeitgleich veröffentlichten Kim Naidzinavicius und Julia Behnke auf ihren Instagram-Accounts ganz ähnliche Posts. Die Quintessenz: Sowohl die 29-jährige Kapitänin des Bundesligisten SG BBM Bietigheim Naidzinavicius als auch ihre einstige Bietigheimer Mitspielerin Behnke treten mit sofortiger Wirkung aus der Nationalmannschaft zurück.

Strategie passt nicht

„Es war mir immer eine große Ehre, den Adler auf der Brust zu tragen und vor allem, die Mannschaft als Kapitänin aufs Feld führen zu dürfen“, schrieb die zuletzt im Verein wieder ganz groß aufspielende SG-Rückraum-Shooterin. „Leider musste ich in den letzten Jahren erkennen, dass ich mich mit der eingeschlagen Philosophie und Strategie nicht zu 100 Prozent identifizieren kann und die angestrebten Ziele und Wege nicht mit meinen übereinstimmen.“ Garniert waren die etwas kryptischen Zeilen mit Bildern der 118-fachen Auswahlspielerin aus glücklicheren Tagen im Kreise der Nationalmanschaftskolleginnen.

Ganz ähnlich wie ihre Freundin Naidzinavicius äußerte sich Kreisläuferin Behnke, die inzwischen beim ungarischen Spitzenklub Ferencváros Budapest unter Vertrag steht: „Ich liebe den Teamspirit und bin der Meinung, dass man einen Fahrplan benötigt, um sich auf höchstem Niveau weiterzuentwickeln. Ich sehe diesen Fahrplan aktuell fürs Nationalteam nicht. Somit werde ich vorerst nicht mehr für Deutschland spielen“, so die 27-jährige gebürtige Mannheimerin.

Doch was genau ist denn die Philosophie von Bundestrainer Henk Groener, über die es laut Naidzinavicius und Behnke Differenzen gab?   Auf Nachfrage der BZ wollte sich die SG BBM-Spielführerin am Dienstag dazu nicht äußern. Fest steht jedenfalls, dass die gemeinsame Aktion wenn schon nicht von langer Hand geplant war, dann doch zumindest eine gewisse Vorlaufzeit benötigte.

Denn auch der für die Nationalmannschaft zuständige Deutsche Handballbund (DHB) war nicht etwa von den Rücktrittsankündigungen der beiden Leistungsträgerinnen auf dem falschen Fuß erwischt worden, sondern zuvor eingeweiht worden, wie DHB-Sportvorstand Axel Kromer auf BZ-Anfrage bestätigt. Zeitgleich mit den Posts der Spielerinnen veröffentlichte der Verband ebenfalls eine Mitteilung auf seiner Seite. Darin heißt es unter anderem: „Im Nachgang der Europameisterschaft hat Bundestrainer Henk Groener mit den Spielerinnen des EM-Kaders die Endrunde individuell analysiert und über den weiteren Weg der DHB-Auswahl mit Blick auf die künftigen Ziele gesprochen. In den Gesprächen mit Kim Naidzinavicius und Julia Behnke waren sich Spielerinnen und Bundestrainer einig, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Damit stehen Naidzinavicius und Behnke der Nationalmannschaft bis auf Weiteres nicht mehr zur Verfügung.“

Seit etwas mehr als drei Jahren trainiert Groener bereits die Deutsche Auswahl. Besonders brisant: Es war der Niederländer, der Naidzinavicius und Behnke 2018 zu  Kapitäninnen ernannte, die auf der Platte sein verlängerter Arm sein sollten. Während der 60-Jährige ehemalige Übungsleiter der HBR Ludwigsburg zuvor als Coach der niederländischen Nationalmannschaft noch WM-Silber gewonnen hatte, läuft es beim großen Nachbarn nicht so richtig. EM-Zehnter 2018, WM-Achter 2019 sowie zuletzt EM-Siebter lautet die durchaus ausbaufähige Bilanz Groeners. Nach dem jüngsten Turnier hatte Groener wieder einmal die in seinen Augen wenig professionellen Strukturen im deutschen Frauenhandball kritisiert und sich dafür mächtig Ärger der Vereine eingehandelt.

Unmittelbar nach der EM hatten Naidzinavicius und Behnke gegenüber den Verantwortlichen ihrerseits Dinge moniert, „die sie sich anders vorgestellt hatten“, erklärt Kromer. Daraufhin habe auch Kromer den Dialog mit dem Trainer gesucht. „Kim und Julia wollten Veränderungen des Führungsstils, aber Henk hat nun einmal seine Art, die er für richtig hält.“

 
 
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