Bönnigheim SPD-Ortsvereine für zweites Frauenhaus

Von Birgit Riecker
Von links: Ramona Schröder, Christian Herbst, Ursula Höschele, Karin Stahl, Arezoo Shoaleh, Dorothea Bechtle-Rüster. Foto: /Oliver Bürkle

 Mit dem Verein „Frauen für Frauen“ wurde über den Bedarf im Landkreis informiert.

Frauen, die vor häuslicher oder sexualisierter Gewalt flüchten, können mit ihren Kindern Schutz im Frauenhaus finden. Doch dort reichen die Plätze nicht. Jeden Tag müssen Frauen abgewiesen werden. Das muss sich ändern, fordert nicht nur der Verein Frauen für Frauen. „Besonders für Kinder sind die Gewaltfolgen fatal. Oft werden sie später zu Opfern oder Tätern“, sagte die pädagogische Leiterin des Frauenhauses Arezoo Shoaleh bei einer Informationsveranstaltung der SPD-Ortsvereine Bönnigheim und Besigheim. Die anwesenden SPD-Vertreter versprachen Unterstützung im Kampf um ein zweites Frauenhaus.

Die Situation ist dramatisch: 19 Plätze gibt es für Frauen und Kinder im Landkreis mit über 550 000 Einwohnern. Nach der von der Bundesregierung 2018 unterzeichneten Istanbul-Konvention müsste zum Schutz vor Gewalt ein Platz pro 10 000 Einwohner zur Verfügung gestellt werden. Es fehlen also 36 Plätze.

Zumindest einen Teil davon könnte der Verein Frauen für Frauen schaffen und betreuen, wenn das nötige Geld da wäre. Eine Immobilie ist reserviert, der Umbau geplant und die Kosten klar: 3,8 Millionen Euro würde das Projekt mit 15 Plätzen kosten.

Fördermittel gekürzt

Doch das Familienministerium hat sich dabei nicht mit Ruhm bekleckert. Es kürzte die Fördermittel, hielt die Antragstellerinnen eineinhalb Jahre hin und sagte dann ab. Daraufhin sagte auch das Land ab. Und damit sind 80 Prozent der erforderlichen Gelder weggebrochen. Was nun? „Unser Treffen heute hat doch ein Ziel“, stellte das SPD-Mitglied Bruno Kneissler, der früher Sozialdezernent des Landkreises war, fest: „Der Bedarf ist da und wir brauchen eine Erweiterung.“ Daher müssten sich nun die Fraktionen im Kreistag dem Anliegen annehmen und nach einer Finanzierungsmöglichkeit suchen.

„Der Kreis ist dazu da, Aufgaben zu erledigen, die eine Kommune allein nicht erledigen kann“, führte er weiter aus. Schon das erste Frauenhaus gehöre dem Kreis. Und das sei ein Erfolgsmodell. Darauf könne man doch aufbauen. „Und man sollte die Öffentlichkeit ins Boot holen“, forderte er. Heute sei das Bewusstsein für die zunehmende Gewalt in der Gesellschaft eine andere als bei den Anfängen vor 43 Jahren. Ihm war der spontane Beifall der über 30 Besucherinnen und Besucher gewiss. Zumal er noch hinzufügte, dass die Kosten für ein zweites Frauenhaus nur einen Bruchteil der Sozialausgaben des Landkreises ausmachten und nur einmalig anfallen würden.

Großes Interesse am Thema

Das Interesse am Thema war vielfältig. Eine Besucherin wollte wissen, wer denn ins Frauenhaus komme. „Das sind viele, nicht nur Migrantinnen“, sagte Shoaleh. „Auch sehr viele deutsche Frauen aus allen Bevölkerungsschichten suchen Schutz in einem Frauenhaus. Wir hatten kürzlich eine Anfrage von der Frau eines Chefarztes. Gewalt im sozialen Nahraum ist keine Frage des Bildungsstandes, kultureller- oder religiöser Zugehörigkeit.“ Fragen nach der Finanzierung des Aufenthalts, der Dauer und der Zusammenarbeit mit der Polizei spielten ebenfalls eine Rolle für die Besucher.

Und wie geht es für die Frauen weiter? Es gibt Projekte wie den „Türöffner“ von der Caritas, die den Frauen bei der Wohnungssuche helfen. Trotzdem stellt der Mangel an bezahlbarem Wohnraum ein großes Problem nach dem Frauenhausaufenthalt dar. „Es können übrigens auch Männer Opfer werden: Zwei- bis dreimal im Jahr bekommen wir von ihnen einen Hilferuf“, sagte Shoaleh. Doch für sie wichtig sind vor allem die Kinder, die inzwischen mit Präventionsveranstaltungen an Kindergärten und Schulen begleitet werden.

Shoaleh fordert ein bundesweites Frauenhausfinanzierungsgesetz und verweist auf die Rechtslage bei häuslicher Gewalt und Kindeswohl. „Es ist sehr schwierig einem Vater, der beispielsweise sein fünfjähriges Mädchen grün und blau geschlagen hat, das Umgangsrecht zu untersagen, wenn er darauf besteht.“

Für den Besigheimer SPD-Kreisrat Christian Herbst und seine Bönnigheimer Fraktionskollegin Dorothea Bechtle-Rüster ist sicher, dass sie an den aufgeworfenen Themen dranbleiben werden. Birgit Riecker

 
 
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