Christian Hergenröther gewinnt mit den Rutronik Stars Keltern den nächsten Titel Ex-Ludwigsburger holt das Double

Von Sebastian Klaus
Ganz in seinem Element: Der ehemalige Ludwigsburger Coach Christian Hergenröther eilt mit den Bundesliga-Frauen der Rutronik Stars Keltern von Sieg zu Sieg. In den letzten Jahren gewann der 35-Jährige mit seinem Team vier Titel.⇥ Foto: Stefan Tschersich via www.imago-images.de

Am vergangenen Wochenende gewann Trainer Christian Hergenröther mit dem Frauen-Bundesligisten Rutronik Stars Keltern nach dem Pokal auch die Deutsche Meisterschaft.

Was bei den Herren derzeit die Bundesliga-Basketballer der MHP Riesen Ludwigsburg sind, sind bei den Frauen die Rutronik Stars Keltern. Womöglich sogar eine Spur mehr. Am vergangenen Sonntag sicherte sich der Klub aus dem Enzkreis durch den dritten Sieg im dritten Spiel gegen die Panthers Osnabrück im Finale um die Deutsche Meisterschaft das Double. Denn bereits vor wenigen Wochen hatten sich die Sterne den Pokal geangelt. Doch auch beim außerordentlichen Siegeszug Kelterns hat ein Ludwigsburger seine Hand im Spiel – gewissermaßen.

Denn eigentlich stammt Christian Hergenröther aus Berlin. Doch in Ludwigsburg ist der Meistercoach mit Basketball erst so richtig sozialisiert worden. Neben seinem Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg hatte der vor wenigen Tagen 35 Jahre alt gewordene Hergenröther 2009 die U12 der BSG Basket Ludwigsburg als Trainer übernommen, zwei Jahre später folgte der Sprung zu den gerade in die Regionalliga abgestiegenen 1. Damen.

Doch als der Verein nach einer Vizemeisterschaft auf die Chance zum Aufstieg in die Zweite Liga freiwillig verzichtete, hatte der ambitionierte Hergenröther, der auch schon bei John Patrick und seinen Riesen hospitieren durfte, 2014 genug von den Barockstädtern. „Ich wollte damals ein höheres Niveau erreichen. Und leider wurde der Frauenbasketball in Ludwigsburg eher stiefmütterlich behandelt“, sagt der Berliner im Gespräch mit der BZ. Und mehr oder weniger der Zufall, aber vor allem die guten Kontakte des Jung-Coaches sorgten dafür, dass dessen Träume tatsächlich schnell Realität wurden. „Ich hatte von einem Jugendturnier noch die Kontaktdaten vom Zweitligisten Keltern. Die habe ich an meine Spielerinnen Andrea Kohlhaas und Leonie Elbert weitergegeben, die dann ja auch tatsächlich nach Keltern gewechselt sind“, erinnert sich Hergenröther.

Und eine Hand wäscht die andere. Kohlhaas und Elbert empfahlen ihren Ex-Coach prompt für die Stelle des Assistenztrainers bei ihrem neuen Arbeitgeber, der zur Saison 2014/15 tatsächlich in der 9000-Seelen-Gemeinde Keltern anheuern sollte.

Wie sehr Hergenröther für seinen Traum vom Profi-Basketball brennt, verdeutlicht besonders seine Anfangszeit beim seinerzeit nicht gerade auf Rosen gebetteten Provinzklub Keltern. „Für mich war es finanziell schwer“, gesteht der Trainer. Mit Nebenjobs und der Unterstützung von Freunden sei er irgendwie über die Runden gekommen. Selbst auf Rücklagen musste der Coach zurückgreifen. Doch all die Opfer und Entbehrungen sollten sich schnell auszahlen.

Aufstieg auf Anhieb

Nach Weihnachten übernahm Hergenröther das Zepter und führte das Team als Chefcoach in seiner Premierensaison in die Bundesliga. Und seitdem geht es stetig voran bei Keltern. Sukzessive erhöhte Vereinschef Dirk Steidl das Budget, drehte vereinzelt an den Stellschrauben und aus dem Teilzeit-Coach Hergenröther wurde der hauptamtliche Übungsleiter Hergenröther. Inzwischen verfügt der Klub über zwei Vollzeittrainer und einen Athletikcoach – ein absoluter Luxus in der Liga. „Eigentlich wollten wir zunächst nur die Klasse halten, sind dann aber auf Anhieb Vierter oder Fünfter geworden und ins Pokalfinale eingezogen“, so der Ex-Ludwigsburger.

Nur drei Jahre nach dem Aufstieg folgte der erste Meistertitel, in der letzten Saison der Pokalsieg und in diesem Jahr das erwähnte Double. Satte fünf Mal stand Hergenröther bereits mit seinen Mädels im Finale um die Deutsche Meisterschaft. In der abgebrochenen letzten Saison war Keltern zudem Spitzenreiter. Viel mehr geht nicht.

Sterne ohne deutsche Stars

Einheimische Spielerinnen sucht man in Keltern allerdings vergebens. Stattdessen setzt der Klub vorwiegend auf gestandene und deutlich günstigere Profis aus dem Balkan oder Estland – ein Umstand, der dem Klub aus dem Lager der Konkurrenz viel Spott und Häme beibringt. Doch die deutschen Stars sind dem Klub schlichtweg zu teuer, wie Hergenröther einräumt. „In der Liga polarisieren wir, die anderen Vereine schauen kritisch auf unsere Arbeit. Ich würde natürlich auch gerne mehr mit deutschen Talenten arbeiten, aber das ist hier schwer“, verweist Hergenröther auf den Umstand, dass dem Mini-Klub auch aufgrund des Standorts im Vergleich zu Vereinen wie Finalgegner Osnabrück der sportliche Unterbau fehlt. „Wir sind ein kleines Dorf. Deshalb ist es auch nicht so, als würden wir vom Budget her über allen anderen thronen.“ Die deutschen Cracks würde man in der heimischen Liga ohnehin nicht finden, erklärt Hergenröther: „Die fünf besten deutschen Spielerinnen sind alle im Ausland aktiv.“

International nur zweitklassig

Doch die Schwäche der Liga im internationalen Vergleich macht auch dem Bundesliga-Primus zu schaffen. Denn auch wenn der Verein mit gleich sieben Spielerinnen aus der Vorsaison in die Spielzeit gehen konnte, ist dies wohl eher die Ausnahme als die Regel und der Pandemie geschuldet. Normalerweise sind die Sterne für viele Akteurinnen eher eine Durchgangsstation in Richtung ausländischer Topvereine. „International haben wir mit unserem Etat überhaupt keine Chance“, sagt Hergenröther. „Was wir für die Topspielerinnen in Deutschland sind, sind die ausländischen Klubs für unsere Besten. Wir sind ein Verein, bei dem die Spielerinnen den europäischen Topklubs zeigen können, dass sie zu Höherem bestimmt sind“, weiß Hergenröther um die Limits seines Vereins. „Doch wenn wir erfolgreich sind, präsentieren sich die Spielerinnen auch für besser zahlende Klubs im Ausland.“

Männer wohl keine Option

Das Ausland würde auch Hergenröther eines Tages mal reizen, vielleicht Frankreich, gesteht der Coach, der im Juli zum ersten Mal Vater wird. „Ich würde schon gerne mal eine andere Erfahrung machen“, sagt der Berliner. „Aber das ist für einen Trainer aus Keltern natürlich nicht einfach, weil die stärksten Ligen auf einheimische Trainer setzen.“ Doch wie sieht es mit einer solchen Vita mit dem Sprung zu den Männern aus? Auch da ist der Erfolgscoach eher skeptisch: „Das Interesse ist sicherlich da, denn die Sportart ist ja dieselbe. Aber von den Damen zu den Herren zu wechseln ist schwer, weil mir das Netzwerk fehlt.“ Aber ein Weggang ist natürlich auch kein Muss, denn für Hergenröther läuft es ja derzeit optimal in Keltern. „Das, was wir erreicht haben, ist einfach stark.“

 
 
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