Corona Kreis rüstet sich für steigende Zahlen

Von Frank Ruppert
Wegen eines Corona-Falls  wurde die Grundschule in Oberriexingen vorläufig geschlossen.⇥ Foto: Martin Kalb

Neuinfektionen in einem Flüchtlingsheim und in einer Grundschule stellen die Verantwortlichen vor Herausforderungen. Im Kreishaus bereitet man unterdessen schärfere Regeln vor.

Die Zahlen der Neuinfizierten steigen in Deutschland derzeit wieder. Auch der Landkreis Ludwigsburg kratzte am Sonntag mit 48,2 an der Grenze von 50 bei der Sieben-Tage-Inzidenz: Der Wert gibt an, wie viele Menschen sich im Landkreis innerhalb einer Woche auf 100 000 Einwohner gerechnet mit Covid-19 infiziert haben. Ab einem Wert von 50 gilt ein Kreis als Risikogebiet und die Corona-Regeln werden verschärft. Stand 16 Uhr am Montag ist der Wert im Landkreis laut Mitteilung des Landesgesundheitsamts wieder gefallen und liegt bei 43,2. Das Überschreiten der Marke 50 gilt aber als wahrscheinlich. Die BZ stellt die Situation im Landkreis dar.

Wie geht es im Landkreis weiter?

„Ab dem Wert von 50 bei der Sieben-Tage-Inzidenz sind nicht mehr die Städte und Gemeinden sondern der Landkreis zuständig für den Erlass von Corona-Regeln über eine Allgemeinverfügung“, sagt der Sprecher des Landratsamts Ludwigsburg Dr. Andreas Fritz. Weil schon vorherzusehen ist, dass nach Esslingen und Stuttgart auch Ludwigsburg die Marke knacken wird, hat der Landrat am Montag mit den Bürgermeistern und Oberbürgermeistern aus dem Kreis über weitere Maßnahmen beraten. Wie in Stuttgart werden wohl weitere Beschränkungen beschlossen, etwa was Feiern angeht. Auch eine Ausweitung der Maskenpflicht steht zur Disposition.

Wie sieht es in den Nachbarkreisen aus?

In Stuttgart, das am Samstag die Corona-Warnstufe erreicht hat, gelten ab Mittwoch schärfere Regeln etwa bei Feiern und eine Maskenpflicht in der Innenstadt. Die Bundeswehr soll dem Gesundheitsamt helfen. Schon begonnen hat die Bundeswehr ihre Unterstützung in Heilbronn. Im Gesundheitsamt des Landkreises dort helfen Soldaten bei der Nachverfolgung der Infektionsketten. In Heilbronn liegt die Sieben-Tage-Inzidenz derzeit bei 23,2. Im Enzkreis bei 30,1, im Rems-Murr-Kreis bei 28,3 und in Böblingen bei 35,6.

In der Bietigheimer Flüchtlingsunterkunft in der Geisinger Straße gab es vergangene Woche und am Montag Corona-Fälle. Wie wird dort vorgegangen?

Frank Wittmer, Sprecher des Landratsamts, bestätigte BZ-Informationen zu Infektionen in der Unterkunft. Die Gebäudeteile 64 und 66 stehen seit Mittwoch, die Teile 68 und 70 seit dem gestrigen Montag unter Quarantäne. Die 173 Bewohner sollen an diesem Dienstag getestet werden. „Bisher wurden zwei Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet“, so das Landratsamt. Ein Bewohner wurde soweit möglich innerhalb der Unterkunft isoliert, der zweite Bewohner sollte noch am Montag zusammen mit seiner Familie in eine andere Gemeinschaftsunterkunft verlegt und dort isoliert werden.

Wie ist die Situation in Freudental?

Vergangene Woche wurde bekannt, dass in einer Einrichtung für Demenzkranke in Freudental 24 der 29 Bewohner positiv auf Covid-19 getestet wurden. „Mittlerweile haben wir leider zwei Todesfälle zu beklagen“, sagt Stefan Ebert, Geschäftsführer der Kleeblatt Pflegeheime die auch die Einrichtung in Freudental betreibt. Das sei eine schwere Zeit auch für die Mitarbeiter. In der Zwischenzeit seien weitere zwei Bewohner und drei Mitarbeiter positiv getestet worden. Bei zwei Bewohnern sei der Gesundheitszustand ernst. „Die drei negativ-getesteten Bewohner wurden in einen abgetrennten Bereich gebracht“, erklärt Ebert. Das darüber gelegene Pflegeheim konnte inzwischen seine Quarantäne beenden, weil es dort bislang keinen positiven Fall gab. „Mir ist wichtig, dass nicht der ganze Ort ein Hotspot ist. Sondern, dass es eben auf das Demenzzentrum begrenzt ist“, sagt Freudentals Bürgermeister Alexander Fleig.

Warum musste eine Schule in Oberriexingen schließen?

Die Grundschule in Oberriexingen wurde am Montag kurzfristig geschlossen, weil am Wochenende bekannt wurde, dass sich eine Lehrerin mit dem Virus infiziert hat. „Das war ein geschäftiger Sonntag“, erklärt Bürgermeister Frank Wittendorfer der BZ die Entwicklung. Es habe viele Gespräche mit der Schulleitung und dem Gesundheitsamt gegeben. Vier von acht Klassen mussten in Quarantäne, zudem eine weitere Lehrkraft. Weil der Schulbetrieb nur schwer zu organisieren gewesen wäre und präventiv wurde deshalb die gesamte Einrichtung geschlossen.

71 Schüler sollen am Dienstag getestet werden an der Teststelle des Landkreises, sagt Wittendorfer. Nach Möglichkeit will er die Schule ab Donnerstag wieder öffnen, werde darüber aber noch informieren.

Im Kreistag wurde unlängst über die vollen Schülerbusse diskutiert. Eigentlich gibt Fördermittel, für weitere Busse im Nahverkehr in Zeiten von Corona. Was ist daraus geworden?

Vor allem zu den Stoßzeiten des Schulverkehrs morgens vor der ersten Stunde und mittags nach der sechsten Stunde gebe es stark nachgefragte Busse, sodass dort eine Ausdehnung der Kapazitäten (über den bereits bestehenden Einsatz von Gelenkbussen hinaus) wünschenswert sei, erklärt Bülent Menekse, Geschäftsführer bei Spillmann. „Im Auftrag des Landes und des Landkreises haben wir mit Schulbeginn im September ein Verstärker-Konzept für besonders belastete Strecken erarbeitet, das morgens und mittags zusätzlich den Einsatz von jeweils zwei Reisebussen als Verstärker vorsieht“, so Menekse. Das Konzept werde aktuell vom Land und Landkreis geprüft. Die Finanzierung soll zu 80 Prozent über den eigens hierfür aufgelegten Fördertopf des Landes Baden-Württemberg erfolgen.

„Im Sinne unserer Fahrgäste hoffen wir darauf, bald ,grünes Licht’ durch das Landratsamt zu erhalten und das Angebot nach dem Ende der Herbstferien umsetzen zu können. Wir sind seit September einsatzbereit“, erklärt Menekse. Schon sicher sei, dass es ab dem 2. November wieder den saisonalen Schulbus von der Antonia-Visconti-Straße um 7.20 Uhr ins Ellental geben wird sowie einen Verstärker für die Linie 554 ab Antonia-Visconti-Straße um 7.02 Uhr zum Bahnhof. Derzeit mache sich auch noch die zu Jahresbeginn umgesetzte Erweiterung des Fahrplans bemerkbar, etwa bei den Linien 556 und 561 im Bietigheimer Stadtverkehr.

Sind die Krankenhäuser vorbereitet?

Die RKH Kliniken haben laut Sprecher Alexander Tsongas aktuell eine Patientenbelegung von rund 70 bis 80 Prozent und können jederzeit Covid-19-Erkrankte aufnehmen. Aktuell gibt es 13 Patienten mit dem Virus, zehn in Ludwigsburg und drei in Bietigheim. Zwei in Ludwigsburg müssen beatmet werden. Man könne jederzeit auf das Infektionsgeschehen reagieren und Operationen und Behandlungen herunterfahren. Derzeit seit das allerdings noch nicht notwendig.

 
 
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