Das sagen Vereine aus der Region zum Sport-Lockdown „Die Motivation geht in den Keller“

Von Andreas Eberle
Die Stadt Bietigheim-Bissingen hat Anfang der Woche alle Sportstätten wie hier den Sportpark Ellental bis Ende November gesperrt. ⇥ Foto: Martin Kalb

Eine Online-Petition wendet sich gegen das Sportverbot. Wie stehen Vereine aus der Region zum zweiten Lockdown? Der TSV Bietigheim, der LG Neckar-Enz und der SCB beziehen Stellung.

Viele Vereine und Sportler sehen den bis (vorerst) Ende November verordneten Lockdown im Amateur- und Breitensport kritisch. Die BZ hat bei drei mitgliederstarken Klubs aus der Region nachgefragt, wie sie den neuerlichen Lockdown bewerten und welche Auswirkungen dieser für sie sowie ihre Sportler hat.

„Einen Monat lang kann man das machen und als Verein auch aushalten. Das ist kein Grund, um auf die Straße zu gehen“, sagt Jan Bodmer, Geschäftsführer des TSV Bietigheim, der aber zugibt: „In der Rigorosität kam das für uns schon überraschend. Da wurde von einem Moment zum nächsten der Schalter umgelegt.“

In die Eifersuchtsdebatte nach dem Motto: die einen dürfen, die anderen nicht, will er zwar nicht einstimmen. Gleichwohl erwartet Bodmer von der Politik eine Perspektive für die Zeit danach – und speziell alternative Konzepte, die Vereinssport auch unter Pandemiebedingungen ermöglichen. „Auf Dauer ist das Hoch- und Runterfahren keine sinnvolle Linie“, findet der 43-Jährige.

Zugleich hinterfragt Bodmer, der diplomierter Sportwissenschaftler ist, die Entscheidung, in der aktuellen Situation ausgerechnet den Breitensport lahmzulegen: „Gerade in einer Pandemie ist es wichtig, etwas für seine Gesundheit zu tun und das Immunsystem zu stärken. Kinder brauchen Bewegung, auch Risikogruppen sollten eigentlich weiter Sport treiben. Rehasport ist ja zum Beispiel auch noch erlaubt.“

Als Betreiber des am Montag wieder dichtgemachten Sportquadrats steht der TSV Bietigheim nicht zuletzt auch finanziell vor einer Herausforderung. „Beim ersten Lockdown haben wir viel Solidarität erfahren. Da haben uns viele Leute ihren Beitrag gespendet“, berichtet Bodmer. Das Mitglieder-Minus nach der ersten Schließung des Sportzentrums von etwa 15 Prozent hat der Verein eben erst wieder ausgeglichen. Doch nun droht schon der nächste Rückschlag.

Den SC Bietigheim-Bissingen und seine Eishockey-Teams trifft das Sportverbot besonders hart. „Der November ist einer unserer Kernmonate. Für uns, unsere Sportart und die Spieler ist das eine Katastrophe. Vier Wochen ohne Eistraining sind grenzwertig“, sagt Geschäftsführer Gregor Rustige und rechnet vor, dass der U20 der Steelers nun pro Woche gleich fünf Trainingseinheiten plus zwei Spiele am Wochenende genommen werden. Andererseits weiß der SCB-Manager um das Infektionsrisiko, das speziell beim Teamsport lauert und zeigt darum auch Verständnis für den von oben verordneten Sport-Stopp. „Die Spieler in unseren Jugendmannschaften kommen aus vielen verschiedenen Schulen. Obwohl wir über ein sehr gutes Hygienekonzept verfügen, kannst du als Verein nicht immer alles zu 100 Prozent im Griff haben – etwa dass sich die Kids neben dem Eis stets an die Abstände halten“, gibt Rustige zu bedenken.

Wie im Frühling wollen die Trainer des SCB ihre Schützlinge nun wieder mit Online-Videos und virtuellen Trainingseinheiten bei der Stange und vor allem auch fit halten. „Aber das kann das Eistraining nicht ersetzen“, betont Rustige. Dass der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) bei den U20- und U17-Junioren bereits für den 5. Dezember wieder die ersten Pflichtspiele angesetzt hat, quittiert der 33-Jährige mit einem Kopfschütteln: „Das macht aus sportwissenschaftlicher Sicht gar keinen Sinn, allein schon wegen der Verletzungsgefahr. Bevor es wieder weitergeht, müsste es eine mindestens zweiwöchige Vorbereitung geben.“

Im Zwiespalt der Gefühle

Hin- und hergerissen ist Rose Müller von der LG Neckar-Enz, was den neuerlichen Lockdown anbelangt. „Wenn man dadurch nur einen schweren Fall verhindern kann, ist das sicherlich gut für die Allgemeinheit. Aber für uns Sportler ist die Situation natürlich schlecht“, sagt die 58-jährige Vorsitzende. Wie fast alle Vereine in der Region hatte auch die Leichtathletik-Gemeinschaft nach dem ersten Lockdown ein ausgefeiltes Hygienekonzept entwickelt, um ihren Athleten eine Rückkehr in den Trainingsalltag zu ermöglichen und die Infektionsrisiken zu minimieren. „Ich kenne niemand, der sich beim Sport angesteckt hat“, so Müller.

Die acht Wochen Zwangspause im Frühjahr hatten schon die Vorbereitung auf die Sommersaison torpediert. Nun müssen die LGler zumindest für die nächsten vier Wochen auch auf das Hallentraining verzichten. „Jetzt werden die Grundlagen für die neue Saison gelegt. Das Talent verliert man zwar nicht, aber irgendwann fängt man zwangsläufig wieder bei null an“, stellt Müller fest und hofft, dass im Dezember wieder ein „normaler“ Trainingsbetrieb möglich ist. Bis zur neuerlichen Schließung der Sportstätten am Montag hatten immerhin bis zu 20 Sportler in einem abgetrennten Hallenbereich gemeinsam trainieren dürfen. Im noch erlaubten Training allein oder zu zweit sieht Müller keinen adäquaten Ersatz: „Die Motivation geht in den Keller. Der Ansporn und der Spaß sind wesentlich größer, wenn man in einer Gruppe trainiert – und da sind dann auch die Leistungen und die Trainingsergebnisse definitiv besser.“

 
 
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