Die Ingersheimer Schwimmerin Annika Bruhn erzählt von ihren Erlebnissen in Japan „Das Olympia-Flair war dennoch da“

Von Andreas Eberle
Annika Bruhn zählte in Tokio mit sieben Starts zu den am meisten geforderten Olympioniken im deutschen Schwimmteam. ⇥⇥ Foto: Michael Kappeler

Die Ingersheimerin Annika Bruhn war in Tokio zum dritten Mal bei den Sommerspielen dabei. Ein Gespräch über die Besonderheiten vor Ort, herzliche Gastgeber und ihre Tops und Flops.

Für die aus Ingersheim stammende Annika Bruhn waren die am Sonntag zu Ende gegangenen Olympischen Spiele in Japan die dritten in ihrer Karriere. Mit gleich sieben Starts war sie eine der aktivsten Schwimmerinnen im deutschen Team. Im Gespräch mit der BZ berichtet die 28-jährige Freistil-Spezialistin nach der Rückkehr von ihren Erlebnissen und Eindrücken.

Wo erwische ich Sie gerade am Handy?

Annika Bruhn: Wir sind gerade auf der Autobahn bei Frankfurt, auf dem Weg zu einer Hochzeit von Freunden, die im rheinland-pfälzischen Wissen stattfindet. Ich bin schon vor einer Woche aus Japan zurückgekehrt und froh, nun mal etwas anderes zu erleben und ein bisschen abzuschalten. Darum habe ich auch beschlossen, mal ein paar Tage nichts mit Sport und Schwimmen zu machen.  In dieser Woche fange ich aber wieder mit dem Training an. Meine Sommerpause ist also kurz.

Waren diese Olympischen Spiele die bisher traurigsten, die sie erlebt haben, gerade mit Blick auf die strengen Corona-Regeln und den Ausschluss der Zuschauer?

Das würde ich auf keinen Fall sagen. Ich habe es genossen, auf der olympischen Bühne zu stehen und nehme viele Erlebnisse und positive Eindrücke mit. Das Flair bei den Spielen und im olympischen Dorf war dennoch da. Das Leben dort war genauso wie bei meinen letzten beiden Teilnahmen in London und Rio – außer, dass alle eine Maske tragen und sich an strenge Richtlinien halten mussten. So war jeden Tag ein Corona-Test Pflicht. Weil keine Zuschauer vor Ort waren, herrschte bei den Wettkämpfen natürlich schon eine andere Atmosphäre. Wir Schwimmer hatten aber das Glück, dass immer einige Kameraden und auch Teams anderer Nationen auf der Tribüne saßen und angefeuert haben. So ist in der Halle dennoch eine relativ gute Stimmung aufgekommen. 

Wie zufrieden waren Sie mit Ihrem Abschneiden in Tokio und Ihren insgesamt sieben Starts?

Ich wäre bei ein, zwei Strecken gerne etwas schneller gewesen. Im Großen und Ganzen bin ich aber schon zufrieden, vor allem mit meinen 200 Metern Kraul. Dort bin ich Bestzeit geschwommen und ins Halbfinale gekommen, was auch mein Ziel war. Ein cooles Erlebnis war auch der sechste Platz mit der 4x200-Meter-Freistilstaffel.

War es richtig, Olympia mitten in der Pandemie durchzuziehen?

Ich bin dankbar, dass die Spiele stattgefunden haben. Schließlich habe ich jahrelang auf dieses Event hingearbeitet. Andererseits kann ich auch die Kritik an der Austragung verstehen. Ich bin aber nicht in der Position, um so etwas beurteilen zu können. Da fehlen mir auch die ganzen Hintergrundinformationen zur Pandemie. Ich kann nur sagen, dass ich mich in Tokio immer sehr sicher gefühlt habe. Bis auf die Mitarbeiter und Volontiers hatten wir mit der Bevölkerung gar keinen Kontakt. Die Japaner haben Olympia jedenfalls tipptopp organisiert.

Wie haben Sie die Stimmung im Land wahrgenommen?

Im Vorfeld haben die Medien ja etwas aufgebauscht, dass die Menschen im Gastgeberland die Olympischen Spiele gar nicht wollten. Diejenigen Japaner, die ich getroffen habe, waren alle begeistert und haben uns Sportler mega dafür gefeiert, dass wir da sind. Das ging schon bei unserer Ankunft am Flughafen los. Da wurden wir sehr freundlich begrüßt, alle paar Meter haben Menschen Schilder hochgehalten mit Aufschriften wie „Willkommen Deutschland“. Und wenn wir mit dem Bus zur Schwimmhalle gefahren sind, sind die Leute stehengeblieben und haben uns zugewinkt – und sich riesig gefreut, wenn wir zurückgewinkt haben. Wir haben uns sehr willkommen gefühlt.

Hatten Sie Kontakte mit Sportlern anderer Disziplinen und Nationen?

Das war schon reduziert. Die Vorgabe war, möglichst immer im Team zu bleiben. Es gab aber immer wieder auch die Gelegenheit, mal mit dem einen oder anderen Sportler aus einem anderen Land zu sprechen – zum Beispiel, wenn man sich in der Mensa begegnet ist. Im olympischen Dorf, das ich diesmal besonders schön fand, konnten wir uns frei bewegen und es erkunden.

Was gab es dort in der Freizeit denn so zu tun?

Ein beliebter Fotospot waren die olympischen Ringe. Es gab ein Gamecenter mit Darts, Billard, Playstation, einen meist sehr gut besuchten Merchandise-Shop und ein Olympic Plaza, wo etwa ein Nagelstudio und ein Friseur zu finden waren. Allerdings hatte ich nicht wirklich viel Freizeit.

Was war der schönste Moment für Sie in den drei Wochen in Japan?

Das Staffel-Finale über 4x200 Meter Freistil. Es war schon immer ein Traum von mir, mal in einem olympischen Finale zu stehen. Als ich dann im Vorlauf als Letzte ins Wasser gesprungen bin, wollte ich alles raushauen, um diesen Traum wahrwerden zu lassen – und es hat geklappt.

Welche Leistung hat Ihnen sonst am meisten imponiert?

Die Goldmedaille von Florian Wellbrock im Freiwasserschwimmen. Diese Leistung war schon krass, gerade wenn man bedenkt, dass das Rennen um 6.30 Uhr morgens gestartet wurde und das Wasser auch um diese Uhrzeit mit fast 30 Grad schon mega heiß war.

Gibt es auch etwas, das Sie bei den Sommerspielen gestört oder geärgert hat?

Schade fand ich, dass wir nicht gemeinsam als Team an- und abreisen durften und nicht bis zum Ende der Wettkämpfe bleiben konnten. Bereits spätestens 48 Stunden nach dem Ende seines Wettkampfs ging es für jeden einzelnen Sportler wieder zurück nach Hause. Auf diese Weise hat sich die Mannschaft peu à peu aufgelöst.

Bei Olympia 2024 in Paris wären Sie 31 Jahre alt. Sind diese Spiele ein Ziel für Sie?

Das weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Mit 28 bin ich schon relativ alt fürs Schwimmen. Jetzt konzentriere ich mich erst mal auf mein Master-Studium Prävention und Gesundheitsmanagement. Die Kurzbahn-Saison werde ich auf jeden Fall noch machen. Danach ist alles offen. Mal schauen, was passiert.

Wie geht es für Sie nun in den nächsten Wochen und Monaten weiter?

Mein Freund und ich fahren am Donnerstag zunächst mal für vier Tage in den Kurzurlaub in die Schweiz. Am Lago Maggiore besuchen wir Freunde aus meiner Trainingsgruppe. Am 23. August fliege ich dann nach Neapel zur International Swimming League. Drei Tage später steht dort der nächste Wettkampf an. Und im Dezember findet noch die Kurzbahn-WM in Abu Dhabi statt. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind auch noch mal ein tolles Reiseziel, auf das ich mich sehr freue.

 
 
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