Down-Syndrom und glücklich Zu Besuch bei Judith Traub

Von Heidi Vogelhuber
Judith Traub hat Trisomie-21. Das hält sie aber nicht davon ab, ein erfülltes Leben zu führen. Der BZ erzählt sie, warum sie gern in die Berge nach Österreich reisen würde. Foto: /Oliver Bürkle

Judith Traub lebt auf der Karlshöhe in Ludwigsburg. Beim Besuch der BZ erzählt die 50-Jährige mit Down-Syndrom von sich, zeigt ihr Appartement und berichtet, warum sie noch lange nicht in Rente gehen will.

Herzlich, offen, kontaktfreudig – so könnte man Judith Traub beschreiben. Die Ludwigsburgerin ist im Januar 50 Jahre alt geworden, ist berufstätig und wohnt in einer Ein-Zimmer-Wohnung im Ludwigsburger Osten. Fußläufig ist der Salonwald zu erreichen, der zu einem Spaziergang einlädt. Auch Einkäufe kann sie zu Fuß erledigen, denn ganz in der Nähe ist ein großer Supermarkt. Sie geht lieber öfters weniger Dinge kaufen. „Gestern gab’s Tomate-Mozzarella“, erzählt sie und lächelt verschmitzt. Sie müsse gerade etwas auf ihre Figur achten. Die Küche bleibe aber nicht immer kalt, Nudeln möge sie total gern.

Gemeinschaft ist ihr wichtig

Über den Besuch der BZ freut sich Judith Traub sehr. Es gefällt ihr, einmal im Mittelpunkt zu stehen, auch wenn ihr die Gemeinschaft wichtig ist. Gerne hilft sie mit, wenn es ums Kochen oder ums Tischdecken geht, auch an den vielseitigen Gruppenangeboten nimmt sie oft teil. Die Ludwigsburgerin wohnt zwar selbstständig und doch in Gemeinschaft, im Rahmen einer besonderen Wohnform. Der BZ zeigt sie, wo sie wohnt und was ihr wichtig ist. Judith Traub ist ein Mensch mit viel Persönlichkeit. Ein Teil ihrer Persönlichkeit wird durch ein bestimmtes Chromosom bestimmt, das sie nicht zwei-, sondern dreimal hat. Judith Traub hat Trisomie-21, auch bekannt als Down-Syndrom. Diese genetische Veränderung beeinflusst das Aussehen, aber auch die geistige, motorische und sprachliche Entwicklung.

„Es gibt vier Wohngruppen in drei Häusern“, dröselt Verbundleiter Maximilian Mohr das Wohnkonzept auf der Karlshöhe in Ludwigsburg auf. Bis vor Kurzem habe Traub noch in einem „klassischen Wohngruppensetting“ gewohnt, das jedoch gebe es so nicht mehr. Das reformierte Teilhabegesetz habe viel verändert. So sei der Einzelne mehr in den Fokus gerückt. Unter anderem wirkte sich das auf die Wohnverhältnisse aus. Statt großen Gruppen gibt es nun Vierer-, Sechser- und Zweier-Wohngemeinschaften.

Die WG in die Judith Traub wiederum gezogen ist, ist für diejenigen bestimmt, die ziemlich selbstständig sind und wenig Unterstützungsbedarf haben. In ihrer Gruppe wohnen zwölf Personen, die zwar gemeinsame Räume haben; jeder hat jedoch auch ein eigenes Zimmer mit Bad und Kochzeile. Eine Sperrstunde oder so etwas gibt es hier nicht. Die Bewohner und Bewohnerinnen können kommen und gehen, wie sie möchten. Ein kurzer Hinweis auf die geplante Rückkehr sei jedoch gewünscht, damit man sich keine Sorgen mache, sagt Katrin Bärlin, die den Fachdienst Teilhabe und offene Hilfen der Karlshöhe Ludwigsburg leitet.

„Ich kann mir nicht vorstellen, anderswo zu wohnen“, sagt Traub. Sie fühle sich wohl in ihrem Zimmer. Zurecht, denn sie hat es sich so einrichten können, wie es ihr gefällt. „Hier ist meine Küche“, zeigt sie stolz. Ihr privater Kühlschrank sei zwar gerade recht leer, aber die Einkaufstasche liegt schon bereit. Für Freitag brauche sie jedoch nicht zu kochen, da sie beim Mädelsabend sei. „Wir wollen Hamburger belegen“, erklärt sie. Das ist eines der Angebote der Lebenshilfe. Auch im Handarbeitsbereich sei sie richtig gut, sagt sie und zeigt auf verschiedene farbenfrohe Bastelarbeiten.

Farben mag sie im Allgemeinen gern. Das lässt sich auch an ihrer Garderobe ablesen. Sie gibt Einblick in zwei prall gefüllte und kunterbunte Kleiderschränke. Auch bei ihrem Musikgeschmack hat Judith Traub ihren eigenen Kopf. Florian Silbereisen, Andrea Berg und Helene Fischer spielt sie regelmäßig auf ihrer Musikanlage ab. „Die schaue ich auch gerne im Fernsehen“, sagt sie. Von Schlager-Star Helene Fischer hat sie sogar ein gerahmtes Foto.

Ihr Herz gehört allerdings jemand anderem, nämlich dem „Bergdoktor“. In ihrer Nachttischschublade bewahrt sie einen Zeitungsausschnitt auf, der das Haus aus der Fernsehserie zeigt. „Das ist in Österreich. Da will ich mal hin und den Bergdoktor besuchen“, sagt sie.

Die 50-Jährige hat noch weitere Fotos in ihrem Zimmer, auf denen sie mit Betreuerinnen und ihrer Familie zu sehen ist. Ein Foto mit ihrer Mutter nimmt Traub in die Hand und muss ein Tränchen verdrücken. „Das ist meine Mama“, sagt sie und weiter: „Ich bin zu früh aus der Mama gekommen. Dann bin ich aber ganz schnell groß geworden.“ Ihre Mutter habe sie oft besucht. „Sie hat mich in den Arm genommen.“ Auch hätten sie oft Verwandte besucht. Doch irgendwann habe ihre Mama nicht mehr richtig Atmen können und habe dann damit aufgehört. Sie schaue sich gern die Fotos an und denke an ihre Mama.

„Das ist privat“

Auf ihrem Tisch liegen einige Briefe. „Das ist privat“, sagt sie und dreht sie um. Denn natürlich hat sie auch Geheimnisse. Einer der Briefe ist an ihren Ex-Freund adressiert. „Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn nicht mehr sehen will“, sagt Traub. Er habe alle Frauen gern, das lasse sie nicht mit sich machen. In jungen Jahren habe ihr damaliger Freund ihr einen Heiratsantrag gemacht. Damals arbeitete sie noch in Bietigheim-Bissingen. Das mit der Hochzeit sei aber dann doch nichts geworden.

Apropos Arbeit: Bei ihrer Arbeitsstelle in den Theo-Lorch-Werkstätten im Ludwigsburger Stadtteil Grünbühl, gefalle es ihr gut. Sie habe nette Kollegen und Vorgesetzte. „Wir haben gerade einen Bosch-Auftrag“, sagt sie stolz. Judith Traub mag ihr Leben, wie es ist. „Alle sind für mich da“, sagt sie. Ihr Mitbewohner von nebenan sei bereits in Rente. Davon sei sie aber noch weit entfernt. Sie halte sich mit Kniebeugen und anderen Übungen gesund. „Ich bin fit wie ein Turnschuh.“

 
 
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