Ende der Oberriexinger Anlaufstelle Der Verein für Vogelhilfe löst sich auf

Von mib
Noch nackte Jungvögel benötigen viel Pflege und regelmäßig Futter, um zu überleben. Judith Friedel-Reule kann dies „gesundheitlich und finanziell“ aber nicht mehr leisten. ⇥ Foto: privat

33 Jahre lang hat sich Judith Friedel-Reule für Vögel eingesetzt. Vor allem aus gesundheitlichen Gründen kann sie das nun nicht mehr. Sie gibt aber gerne weiterhin Tipps zur Behandlung und Pflege.

Für ihre gefiederten Schützlinge war Judith Friedel-Reule immer da. Egal, ob man ihr einen Jungspatz brachte, der aufgepäppelt werden musste, einen vom Auto angefahrenen Greifvogel, den es zu bandagieren galt, oder ob sie zusammen mit der Polizei nächtens nach Illingen ausrückte, um nach einer Eule zu suchen. Vögel waren stets die Herzenssache der Oberriexingerin – seit vor Jahren an ihrem Arbeitsplatz, der Eberhard-Ludwig-Schule in Ludwigsburg, ein paar junge Piepmätze aus dem Nest gefallen waren.

Bis zu 300 Tiere pro Jahr nahm sie in ihrem Privathaus in Pflege. Doch inzwischen kann Friedel-Reule die Arbeit einfach nicht mehr leisten. Auch wenn die Zahl der abgegebenen Vögel über die Jahre etwas zurückgegangen sei. „Es ist ein Haufen Geschäft“, sagt die bald 75-Jährige. Vor allem frisch geschlüpfte Vögel benötigten sehr viel Zeit und regelmäßige Fütterung – auch in der Nacht. Früher habe sie die Tiere notfalls sogar mit zur Arbeit genommen, um sie zwischendurch versorgen zu können, berichtet die frühere Sonderschullehrerin.

Da sie gesundheitlich inzwischen aber angeschlagen sei, falle ihr das Füttern und Saubermachen zunehmend schwer. Hilfe habe sie nur sehr wenig. Die Zahl der Mitstreiter war zuletzt überschaubar. Von den fünf verbliebenen Vereinsmitgliedern war das jüngste 69 Jahre alt. Deshalb hätten sie sich entschlossen, die Auflösung des Vereins zu veranlassen. Für Judith Friedel-Reule bedeutet das, dass jeder Vogel, der bei ihr abgegeben wird, von ihrer schmalen Rente mitversorgt werden muss.

Das Finanzielle war bislang schon eine enge Geschichte, denn der Verein habe keinerlei Zuschüsse bekommen. Vielmehr habe man sich mit Behördenauflagen herumschlagen müssen. Und ohne die Struktur eines gemeinnützigen Vereins im Hintergrund könne sie keine Spendenbescheinigungen mehr ausstellen, betont Friedel-Reule. Doch noch immer landen verletzte Vögel bei ihr. „Meine Nummer steht im Internet“, weiß sie. Manche Tiere bekomme sie auch von Tierheimen weitergeschickt.

In der Vergangenheit suchten selbst Tierfreunde aus dem Ruhrpott Hilfe bei der Vogelpflegemutter. „Ich hatte manchmal bis zu 20 Vögel gleichzeitig zu füttern.“ Das sei natürlich vor allem ab dem Frühjahr der Fall, wenn die Jungtiere schlüpfen. In der kalten Jahreszeit habe sie aber auch die Winterfütterung auf vier Grundstücken übernommen.

Auffangstationen sind rar

Am liebsten wäre es ihr, wenn andere Vogelfreunde die Pflege der Tiere übernehmen würden. Denn offizielle Auffangstationen sind rar und oft weit weg. Es müssten aber „vernünftige“ Menschen mit Sachverstand sein, findet sie. Warum? Im vergangenen Jahr sei in Sachsenheim eine Elster aufgetaucht, die sehr aggressiv gewesen sei und vor allem Schul- und Kindergartenkinder attackiert habe. Ein solcher Vogel sei ohne Zweifel mit viel Sorgfalt von einem Menschen großgezogen worden. Wenn ein Vogel es dann aber nicht gewohnt sei, sich selbst zu ernähren, dann werde er immer die Nähe der Menschen suchen und versuchen, von diesen Futter zu erhalten.

Selbst ihr sei es leider nicht gelungen, diese Elster vom Menschen zu entwöhnen, sagt Friedel-Reule. Denn für den Vogel bedeute die mangelnde Menschenscheu nämlich auch, dass er eines Tages einem Zweibeiner zu nahe kommen könnte, der ihm nichts Gutes wolle. Und das könne ja dann nicht der Sinn der Sache gewesen sein. All jene, die einen Vogel finden und nicht wissen, was zu tun ist, möchte Judith Friedel-Reule selbstverständlich nicht ganz im Regen stehen lassen. Sie gebe gerne Auskunft, was im jeweiligen Fall zu tun sei, um den Tieren zu helfen, sagt sie. Gerne nehme sie als Gegenleistung etwas Katzenfutter.

Info Judith Friedel-Reule gibt unter (07042) 1 24 48 Tipps zur Behandlung und Pflege verletzter oder kranker Vögel. Adressen von Auffangstationen gibt es unter www.wildvogelhilfe.org.

 
 
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