Energiekrise im Landkreis Schwierige Umsetzung der Wärmehallen

Von Jürgen Kunz
Wenn es insbesondere älteren Menschen durch die Energiekrise nicht mehr möglich ist, für eine warme Wohnung zu sorgen, sollen kommunale Wärmeräume für Abhilfe schaffen, Foto: dpa/Fabian Sommer

Der Vorschlag des Städte- und Gemeindebundes Wärmeräume besonders für ältere Menschen einzurichten, stößt nicht bei allen Kommunen auf Gegenliebe. 

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), Dr. Gerd Landsberg, hat vorgeschlagen, dass angesichts drohender Gasknappheit und hoher Energiepreise Kommunen über die Einrichtung von Wärmeräumen nachdenken sollten. „Da niemand genau sagen kann, wie dramatisch die Entwicklung sein wird, sollte auch überlegt werden, Wärmeinseln oder Wärmeräume vorzusehen, wo sich insbesondere ältere Menschen auch bei einem sehr kalten Winter aufhalten können“, wird er auf DStGB-Homepage zitiert. Wie gehen die Kommunen beziehungsweise der Landkreis mit diesem Vorschlag um?

„Der Vorschlag, Wärmehallen anzubieten, ist aus meiner Sicht nicht durchdacht“, sagt der Sersheimer Bürgermeister Jürgen Scholz. Auf der einen Seite sollten die Kommunen Energie einsparen, Raumtemperatur absenken und auf Kaltduschen umstellen, auf der anderen Seite genau das Gegenteil tun, so seine Argumente. Da liege der Widerspruch schon in sich selbst. Scholz: „Deshalb kann ich einem solchen Vorschlag rein gar nichts abgewinnen. Das mag vielleicht in größeren Städten ein Thema sein, in Sersheim nicht.“ Sersheim habe nicht die Möglichkeit, solche Räume anzubieten. Insgesamt zeige sich aber, so der Sersheimer Bürgermeister, dass alle Überlegungen insgesamt immer zu kurz greifen und letztendlich keine durchdachten Lösungen präsentiert werden können.

Der Bönnigheimer Bürgermeister Albrecht Dautel sagt zum Thema Wärmehallen: „Ich gehe davon aus, dass wir keinen Bedarf haben.“ Außerdem gebe es in der Stadt nur ein Gebäude, das extern versorgt werden könne – das Feuerwehrhaus in der Kirchheimer Straße. Man plane allerdings beim Erweiterungsbau des Familienzentrums, „dass wir dieses Gebäude auch extern mit Strom versorgen können“.

„Das Thema Wärmehallen wird vom Landkreis beraten“, konstatiert Oberbürgermeister Jürgen Kessing, Bietigheim-Bissingen. Dieser sei für den Katastrophenschutz zuständig. Derzeit liefen dort Gespräche auf der Ebene der Feuerwehrkommandanten der Kommunen, um Möglichkeiten und sinnvolles Vorgehen zu eruieren. Konkrete Festlegungen seien noch nicht getroffen.

Der Sachsenheimer Bürgermeister Holger Albrich will nicht von „Wärmehallen“, sondern von „Notfalltreffpunkten“ sprechen: „Es ist wichtig, dass sich alle staatlichen Ebenen Gedanken machen und die entsprechenden Vorbereitungen treffen, um die Bevölkerung zu schützen. Hierzu gehören auch die aktuellen Risiken der Energiekrise, die derzeit über uns schweben, aber noch nicht konkret eingeschätzt werden.“ Diese Notfalltreffpunkte würden im Bedarfsfall durch das Landratsamt Ludwigsburg/Katastrophenschutz ausgestattet und aktiviert. In Sachsenheim gibt es nur in den Stadtteilen Groß- und Kleinsachsenheim ein Gasnetz. Bei einem befürchteten Strom-Blackout, so Albrich, wären natürlich alle Stadtteile betroffen. Derzeit könne der Bedarf nicht abgesehen werden, da unklar ist, ob und in welchen Bereichen es zu Versorgungsausfällen im Gas- oder Stromnetz kommen könnte.

Die Stadt Sachsenheim will dem Landratsamt Ludwigsburg geeignete städtische Räumlichkeiten melden. Die Abstimmung hierzu laufe aktuell. „Wichtig wird sein, dass die Räumlichkeiten über eine gute Sanitär- und Küchenausstattung verfügen und zudem auch unabhängig von Gas beheizt werden können“, betont der Sachsenheimer Bürgermeister.

Für den Erligheimer Bürgermeister Rainer Schäuffele hat der Vorschlag zunächst für Verunsicherung gesorgt, „aber im Sinne einer Notfallplanung sollten wir hierzu Überlegungen haben“. Gibt es in Erligheim einen Bedarf? „Hoffentlich nicht, aber niemand kann es voraussehen“, so Schäuffele. Bei einer Gasmangellage und tatsächlichem Bedarf wäre das Bürgerhaus, das über das Rathaus mit Pellets beheizt wird und tagsüber kaum genutzt wird, vorzusehen, erklärt der Erligheimer Bürgermeister. Als Wärmeraum könnte das Gebäude tagsüber vor den Vereinsnutzungen besucht werden. Zur Nutzungsdauer gibt es noch keine Festlegungen. Schäuffele: „Dies muss vom Bedarf abhängig gemacht werden. Grundsätzlich dürfen alle Einwohnerinnen und Einwohner ins Bürgerhaus kommen. Eine Obergrenze und gegebenenfalls Zeitbegrenzungen müssten festgelegt werden.“

Der Landkreis bereitet sich vor

Der Bevölkerungsschutz des Landkreis Ludwigsburg erarbeitet in enger Abstimmung mit den Gemeinden ein Konzept zur Notunterbringung von mindestens 5000 Personen und umfasst eine Vielzahl verschiedener Szenarien wie auch die Notunterbringung bei Ausfall von privaten Heizungen.

Die Kommunen nehmen in dieser Planung eine wesentliche Rolle ein, da diese auf Grundlage der Daseinsvorsorge per se für die Unterbringung der eigenen Bevölkerung zuständig sind. „Wir wollen aber als Landkreis die Kommunen Materiell, Strukturell und Organisatorisch unterstützen“, so der Pressesprecher des Landkreises, Dr. Andreas Fritz. 

Die Landkreise sollten sich durch das Aufstellen von Krisenplänen stets auf denkbare Krisensituationen vorbereiten, um im Zweifelsfall vorbereitet zu sein und schnell handeln zu können, teilt das Landratsamt mit. Das Notunterbringungskonzept des Landkreises beruht auf einer Empfehlungen für Kreise, die Notunterbringung von mindestens einem Prozent der Bevölkerung gewährleisten zu können.

Gibt es bereits konkrete Planungen, welche Räume verwendet werden können? Es wurde vom Bevölkerungsschutz in enger Kooperation mit den Gemeinden eine Liste aller kreis- und gemeindeeigenen Objekte angelegt, die für eine Notunterbringung zur Verfügung stehen. Zu allen Objekten wurden Informationen hinterlegt, an Hand derer entschieden werden kann, in welcher Krisenlage das Objekt zur Notunterbringung geeignet ist. Hinterlegt ist etwa auch die Art der Heizung und ob eine Notstromversorgung vorhanden ist.

Die Öffnungszeiten der Wärmeräume richten sich nach Bedarf. Es ist alles von stundenweiser Öffnung bis zu einer durchgängigen Belegung möglich. Es würden diejenigen Personen zuerst untergebracht, deren Gesundheit durch die Situation am gravierendsten bedroht wäre, so die Auskunft des Pressesprechers.

Die Umsetzung erfolgt in enger Kooperation zwischen dem Bevölkerungsschutz und den Gemeinden. Personell wird auf Mitarbeiter der Feuerwehren, Ortspolizeibehörden, des Bevölkerungsschutzes und weiteren zurückgegriffen werden. Die Anlieferung beispielsweise von Betten wird über den Bevölkerungsschutz des Kreises koordiniert, in dessen Lager die Betten eingelagert sind.

 
 
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