Fraueninvestmentclub aus Bietigheim-Bissingen Die „Dagobertas“ starten an der Börse durch

Von Heidi Vogelhuber
Das könnte eine „Dagoberta“ sein, wie sie den Aktienkurs verfolgt, um Investitionen zu tätigen. Foto: /Imago/Westlight

Der Fraueninvestmentclub Dagoberta mit Sitz in Bietigheim-Bissingen möchte es dem imaginären, reichen Onkel aus Entenhausen, Dagobert Duck, gleichtun und Vermögen anhäufen. Jedoch soll das Geld nicht rumliegen, sondern in Aktien, ETFs und Depots angelegt werden.

Ein Depot eröffnen, in ETFs investieren, schwache Aktien abstoßen, stets den Überblick über die eigenen Finanzen behalten und dabei noch durch gewiefte Investitionen das Geld für sich arbeiten lassen. Das klingt wunderbar, aber die meisten Deutschen trauen sich – spätestens seit dem Trauma der abgestürzten Telekom-Aktie – nicht (mehr) an die Börse – Frauen schon gar nicht.

Verein mit Sitz in Bietigheim

Dass das nicht so sein muss, beweisen die Mitglieder des Vereins Dagoberta mit Sitz in Bietigheim-Bissingen. „Ja, die Deutschen sind eher Aktien-Muffel“, sagt Ewgenija Dell, die mit fünf weiteren Frauen im Vorstand der Dagoberta sitzt. Dabei müsse man schon schauen, was man mit seinem Geld anfange, „die Zinsen auf dem Kapitalmarkt sind so niedrig. Da sind Aktien eine gute Alternative“, sagt Dell. Warum ausschließlich Frauen an der Spitze des Vereins stehen? Weil der Verein nur aus Frauen besteht.

Bereits 1999 wurde der Fraueninvestmentclub in Ludwigsburg gegründet. Anfangs waren es vor allem Mitglieder aus der näheren Umgebung, spätestens seit der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden Digitalisierung kommen die etwa 100 Mitglieder aus ganz Deutschland und sogar aus der Schweiz. Ihr Ziel: sich über aktuelle Finanzthemen und interessante Investments austauschen, gemeinsam ihre Wirtschafts- und Börsenkenntnisse vertiefen und eben auch zu investieren. „Durch den Austausch und das Netzwerk wird man mutiger, selbst erste Schritte zu wagen“, sagt Dell, die seit knapp zwei Jahren Mitglied ist.

Der Verein besteht einerseits aus Infogruppen und andererseits aus GbRs (Gesellschaft bürgerlichen Rechts). In den Infogruppen, etwa den „Börsenladies“, werden Musterdepos angelegt. Daran können dann Analysen erstellt und die Entwicklungen beobachtet werden – noch ganz ohne Geld einzusetzen. In den GbRs geht’s richtig zur Sache. Eine der ersten GbRs war die „Spekulatia“, deren Mitglied Gundula Schaupp war.

Der Name ist Programm

„Wir haben zusammen ein Depot gemanaged“, sagt Vorstandsmitglied Schaupp. „Jede investierte 50 Euro im Monat. Dieses Geld stand uns zur Verfügung.“ Das Depot der „Spekulatia“ war zum Schluss über 110 000 Euro schwer. Zwischendurch habe man auch mal 8000 Euro am Abend verbraten, am Folgetag wieder Gewinn gemacht. „Daraus lernt man“, sagt Schaupp.

Im Verein setzte man neben dem Austausch auf Fachvorträge, aber auch auf Wissensreisen mit Besuchen bei Unternehmen und der Börse. Wichtig ist Dell zu betonen, dass die Dagoberta keine Vermögensberatung ist, sondern ein Netzwerk aus Frauen, das sich austauscht, voneinander lernt und sich unterstützt in puncto finanzielle Unabhängigkeit. Es seien Frauen zwischen 25 und 82 Jahren. Vorwissen brauche es nicht, um Mitglied zu werden, Interesse genüge vollkommen.

Die beiden „Dagobertas“ können jeder Frau nur raten, in Aktien zu investieren. „Selbstständigkeit gehört zur Emanzipation dazu. Jede Frau sollte sich um ihr Geld kümmern“, so Schaupp. Jedoch müsse man sich gut informieren und nicht das ganze Vermögen in Aktien stecken. „Wichtig ist, mit einer sicheren Anlage für eine Basis zu sorgen. Darauf kann man aufbauen“, rät Dell, risikobewusst anzulegen.

Warum Frauen sich generell so selten mit Finanzthemen beschäftigen? „Oft ist es Faulheit und fehlendes Interesse“, sagt Schaupp. Dell glaubt, dass es an der klassischen Rollenverteilung und den „typischen Zuständigkeiten“ liege. Aber das ändere sich derzeit. „Heutzutage ist ein anderes Selbstbewusstsein da“, sind sich die beiden sicher, dass immer mehr Frauen sich mit Finanzthemen auseinandersetzen wollen.  

Heidi Vogelhuber

 
 
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