Gewalttat am Bietigheimer Bahnhof Brutalo-Szenen vor Gericht vorgeführt

Von Bernd Winckler
Am Heilbronner Landgericht wird wegen einer Tat am Bietigheimer Bahnhof verhandelt. Foto: Helmut Pangerl

Ein 43-Jähriger muss sich wegen versuchten Totschlags am Bietigheimer Bahnhof verantworten.

Es sind erschreckende und brutale Szenen, die vor der Schwurgerichtskammer des Heilbronner Landgerichts auf einer großen Videowand gezeigt wurden. Ein Mann (der Angeklagte) zieht am Bahnsteig des Bietigheimer Bahnhofs seine Freundin an den Haaren zu einer Treppe, schlägt ihr mehrfach mit der Faust in das Gesicht, sticht mit einem Gegenstand auf ihren Kopf ein und wirft sie an eine Glastrennscheibe. Dann sieht man das blutüberströmte Opfer.

Der aus der Ukraine stammende Mann steht unter der Anklage des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung. Dies war der dritte Prozesstag. Die Tat auf dem Bahnsteig in Bietigheim direkt vor Gleis 8 geschah am 3. Juni letzten Jahres. Außerdem wirft man ihm eine zweite Tat zwei Tage danach in der Unterkunft des Paares in Steinheim vor. Dabei wurde laut Anklage die Frau von dem Mann so schwer durch Schläge, Schnitte und Stiche verletzt, dass die Ärzte im Ludwigsburger Klinikum um ihr Leben kämpfen mussten.

Gesicht voller Blut

Besonders schwer habe der Mann seine Freundin an jenem 3. Juni auf dem Bietigheimer Bahnsteig verletzt, wie sich die Richter durch die Aufnahmen einer Bahn- Überwachungskamera überzeugen konnten. In Farbe sind auch die Verletzungen des Opfers deutlich zu sehen: Ihr Gesicht ist vor Blut kaum zu erkennen. Am rechten Auge, der Stirn bis zu dem Ohr verunstaltet sie ein langer Schnitt, an den blutigen Händen hat sie Verletzungen durch offensichtliche Abwehrhandlungen.

Dann wird ein Bild mit der Faust des Angeklagten gezeigt, auf der eine kleine Verletzung zu sehen ist. Allein die Größe dieser Faust, leicht mit Blut versehen, könnte Angst und Schrecken verbreiten – eine Faust, die offensichtlich durch die zuvor verabreichten Schläge sogar angeschwollen ist.

Während diese Videos und die Bilder der verletzten Frau im Heilbronner Gerichtssaal vorgeführt werden, wagt keiner der Prozessbeteiligten und der Zuhörer sich zu bewegen. Auch der Angeklagte, dem dies alles gilt, bleibt ruhig. Die Szenen sind schrecklich und brutal. Mehrfach lässt der Vorsitzende Richter den Film anhalten und zurücksetzen, um genau zu sehen, ob der Gegenstand, den der Angeklagte in der rechten Hand hält und damit auf die Frau einsticht, etwa ein Messer oder Ähnliches sein könnte. Als plötzlich ein Passant auf der Bildfläche erscheint, mit einem Schlagstock in der Hand, entfernt sich der Angeklagte. Der Passant hat dann wohl die Polizei alarmiert.

Angeklagter: nur Ohrfeigen

Der zu diesem Einsatz beorderte Beamte sagte im Zeugenstand aus, dass man die schwer verletzte Frau auf dem Bahnsteig angetroffen habe. Sie hätte in ersten Vernehmungen gesagt, ein dunkelhäutiger Mann hätte sie geschlagen, wohl um ihren Begleiter zu schützten. Als man aber das Video sichtete, habe man sofort den Angeklagten als den Täter feststellen können, sagt der Beamte. Die Verletzte selbst hätte sich einer ärztlichen Behandlung verweigert, obwohl man sah, wie schwer sie verletzt war. Der Angeklagte selbst hatte in dem Prozess angegeben, ihr nur einige Ohrfeigen versetzt zu haben. Und zwar, weil die Frau mit anderen Männern herumgemacht habe. Eine versuchte Tötung verneint er vehement.

Dass etwa Alkohol an diesem Tag im Spiel war, davon hatten die Polizeibeamten, die den Angeklagten befragten, nichts mitbekommen, Er habe sich ganz normal ohne Ausfallerscheinungen präsentiert, so die Aussage. Die endgültige Festnahme mit dem Vorwurf einer versuchten Tötung an der Frau erfolgte erst nach der neuen Tat zwei Tage später in Steinheim. Rund 30 Minuten lang soll er in der dortigen gemeinsamen Wohnung auf das Opfer eingeschlagen und erneut lebensgefährlich verletzt haben. Bei dieser Verhaftung hatte sich der Mann allerdings heftigst gewehrt und einen Polizist dabei verletzt. Erst durch massiven Einsatz von Pfefferspray konnte er gebändigt werden.

Vorstrafen in der Ukraine

Der Prozess wird mit weiteren Beweismitteln und Zeugenaussagen am 24. Januar fortgesetzt. Bis dahin werden die Richter der Schwurgerichtskammer auch die Vorstrafenakte des 43-Jährigen veröffentlichen, wobei jetzt schon bekannt wurde, dass er in seiner ukrainischen Heimat wegen vollendeten Totschlags eine siebenjährige Haftstrafe abgesessen hat.

  Bernd Winckler

 
 
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