Graffiti-Kunst in Sachsenheim Bahnhofsunterführung wird bunt

Von Bigna Fink
Der Künstler Sergio Accardi wird mit seinem Kollegen Max Frank die Bahnhofsunterführung in Großsachsenheim mit Graffitis verschönern. Die Ideen dazu lieferte der Jugendbeirat. Foto: /Martin Kalb

Mitglieder des Sachsenheimer Jugendbeirats planen mit Künstlern Graffitis an den bisher grauen Wänden unter den Gleisen. Die Motivideen stammen von den Jugendlichen. Jetzt geht es an die Detailplanung. m

Grau und nichtssagend begrüßen Wände von Bahnhofsunterführungen im Kreis wie in Bietigheim-Bissingen und Sachsenheim die Reisenden. Bis zum Sommer soll die Tristesse in der Großsachsenheimer Unterführung durch das Graffiti-Projekt „Mach die Stadt bunt“ des Jugendbeirats ein Ende haben.

„Wir planen als Motive den Schriftzug von Sachsenheim und eine Collage von allen Wappen der städtischen Teilorte“, erzählt Laurin Schmid. Der 22-Jährige ist im Jugendbeirat Sachsenheim aktiv. Bei einem Workshop auf dem Jugendkongress 2022 in Berlin kam der angehende Zimmermann auf die Idee, seine Stadt mit Graffiti-Kunst bunter zu gestalten.

Mit Ayham Hamaydeh, Selina Schneeweiß und Jan Reisinger, ebenfalls Aktive im Jugendbeirat, arbeitete der junge Sachsenheimer ein Konzept aus und stellte dies Bürgermeister Holger Albrich, der Vorsitzender des Jugendbeirats ist, und jugendpolitischen Paten aus dem Gemeinderat vor. „Die Idee kam gut an“, freut sich Schmid, der froh ist, sich im Rahmen des Jugendbeirats politisch für seine Stadt engagieren zu können. Für vorerst einen Flächenbereich der Kommune – die Bahnhofsunterführung – wurde für das Graffiti-Projekt grünes Licht gegeben.

Spray-Profis wirken mit

Zwei Graffiti-Künstler aus dem Raum Stuttgart haben die jungen Menschen für ihr Projekt gewinnen können: die Jugendsozialarbeiter Sergio Accardi und Maximilian Frank. Letzterer sei, so sein Kollege Accardi, als Graffiti-Künstler in der Szene international bekannt und derzeit für Kunstprojekte in Los Angeles. Bei Graffiti handele es sich hauptsächlich um dynamisch gestaltete Schriftzüge, erklärt Accardi. Er selbst würde beispielsweise täglich seinen eigenen Schriftzug „Kardo“ weiterentwickeln. Der Sozialpädagoge leitet für Jugendliche in ganz Baden-Württemberg Graffiti-Workshops unter pädagogischen Gesichtspunkten.

„Durch selbst gestaltete Kunst im öffentlichen Raum erfahren Jugendliche Anerkennung und Selbstwirksamkeit“, ist Sergio Accardi überzeugt und sieht in der Graffiti-Kunst „soziale, kognitive und motorische Lernfelder“ für die jungen Menschen. „Im Vergleich zu vor 20 Jahren gibt es mittlerweile viele legale Flächen für diese Malkunst im öffentlichen Raum“, sagt der 28-Jährige. Doch viele Städte stellten sich häufig quer.

Im Juli 2022 leitete Accardi Jugendliche in Sachsenheim im Rahmen eines Graffiti-Workshops an, den damals frisch eingeweihten Jugendtreff in der Oberriexinger Straße mit Spraydosen farblich aufzupeppen. Seither schmückt der künstlerisch gestaltete Schriftzug „Jugendtreff“ und die Silhouette des Kirbachtals mit Hohenhaslach dessen Außenwände. „Der bemalte Jugendtreff ist ein schönes Beispiel für eine Kunst, die an der Lebenswelt der Gebäudenutzer orientiert ist“, sagt Sergio Accardi. „Den Ort, an dem die jungen Leute abhängen, haben sie selbst mitgestaltet.“

Wann genau die Bahnhofsunterführung mit künstlerischen Motiven gestaltet wird, ist noch unklar. „Unser Ziel ist es, die vermutlich mehrtägige Aktion vor dem Sommer 2023 zu starten“, sagt Nico Blum, kommunaler Jugendreferent Sachsenheims. „Die Motivvorschläge von den Jugendlichen liegen den Künstlern vor“, berichtet der 38-Jährige. „Die Entwürfe der Künstler werden der Deutschen Bahn vorgelegt, die aber schon das grundsätzliche Okay für die Gestaltung der Unterführung gegeben hat“, so Blum. Nach Kostenvoranschlägen der Künstler werde sich die Stadt für eine größere oder kleinere Lösung der Kunst unter den Gleisen entscheiden.

Ähnliche Aktion vor 25 Jahren

Bisher gebe es laut Nico Blum an den dortigen Wänden immer wieder illegale Schmierereien. „Auftragsarbeiten dagegen werden eher nicht übermalt als blanke Wände“, ist die Erfahrung von Graffiti-Künstler Sergio Accardi. Vor genau 25 Jahren gab es schon einmal eine ähnliche Aktion im zuvor tristen Bahnhofs-Untergeschoss Sachsenheims: Zwei Künstler zauberten damals mit Graffitis eine kleine „Galerie-Meile“, wie es in einem Zeitungsbericht von 1998 steht.

 
 
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