Ingersheim Das Erpresserschreiben kam per E-Mail

Von Claudia Mocek
Bei der Linde in Ingersheim hatten die Erpresser keinen Erfolg. Die Inhaber informierten die Polizei. Foto: /Oliver Bürkle

2000 Euro Schutzgeld in Bitcoin sollten eine Gaststätte in Ingersheim und eine in Bietigheim-Bissingen an das „Russian Business Network“ zahlen. Doch die Betreiber informierten die Polizei. Diese sieht keine Verbindungen zur Mafia.

Wir vom Russian Business Network haben uns im Thema Cyber Erpressung Spezialisiert.“ So beginnt eine E-Mail mit unzähligen Schreibfehlern, die Anfang März die Gaststätte Linde in Ingersheim erreicht. Darin werden von den Inhabern einmalig 2000 Euro in Bitcoins gefordert. Sollten diese nicht gezahlt werden, wird der Gaststätte ein „6 Punkte Plan“ angedroht, der von körperlicher Gewalt über Rufschädigung im Internet bis hin zu Brandstiftung reicht.

Zwei Fälle im Kreis bekannt

Margarete Wagner und ihre Familie haben sich nicht auf den Erpressungsversuch eingelassen, sondern die Polizei verständigt. „Wir haben nichts zu verbergen“, sagt die 73-Jährige, „aber ein komisches Gefühl hat man schon.“ Zwei Tage nach dem Eintreffen der Mail habe es mehrere Anrufe aus dem deutschen Festnetz gegeben, bei denen sich am anderen Ende aber niemand gemeldet habe. Ob diese Anrufe im Zusammenhang mit dem Erpressungsversuch standen, weiß Wagner nicht. „Nach dem zehnten Mal haben wir die Nummer aber blockiert“, sagt sie.

Im Internet hat die Ingersheimerin Hinweise darauf gefunden, dass es ähnliche Erpressungsversuche in Mecklenburg-Vorpommern schon öfter gab. „Wie kommt jemand nach Kleiningersheim?“, hat sie sich gefragt.

Beim Polizeipräsidium Ludwigsburg sind zwei Fälle bekannt geworden, bei denen Unbekannte die Zahlung von 2000 Euro in Bitcoins fordern und ein Drohszenario aufbauen, falls den Forderungen nicht nachgekommen wird. „Betroffen waren in diesen beiden Fällen Gastronomiebetriebe in Ingersheim und Bietigheim-Bissingen“, sagt Sprecher Steffen Grabenstein auf BZ-Anfrage. Entsprechende Ermittlungsverfahren wegen versuchter Erpressung seien eingeleitet worden. Dem Presseamt der Stadt Bietigheim liegen keine Informationen über derartige Drohungen in der Stadt vor.

„Fälle wie diese sind überregional zu verzeichnen und eher in den Bereich Cyber-Crime einzustufen“, sagt Grabenstein. Ähnlich wie zum Beispiel bei Schockanrufen gebe es zahlreiche Maschen, mit denen online oder per E-Mail durch unterschiedliche Drohungen Geld erpresst werden soll.

Keine Verbindung zur Mafia

Auch wenn sich die Erpresser selbst als „Russian Business Network“ (Russisches Geschäftsnetzwerk) bezeichnen, geht die Polizei nicht davon aus, dass es sich dabei um eine russische Mafia handelt. Laut Grabenstein werde bei Erpressungsversuche oft versucht, eine Verbindung zu mafiösen Organisationen herzustellen, um dadurch Angst zu verbreiten und der Forderung Nachdruck zu verleihen. „Konkrete Hinweise darauf, dass die ausgesprochenen Drohungen ernst zu nehmen sind, liegen jedoch bislang nicht vor“, sagt der Sprecher.

Betroffenen rät die Polizei, auf keinen Fall irgendwelche Zahlungen zu leisten, da die Erpressungen danach meist nicht aufhörten, sondern die Forderungen zunehmen würden. Auch sollte nicht versucht werden, mit den anonymen Personen in Kontakt zu treten. Stattdessen sollten die Beweise wie E-Mails gespeichert oder Screenshots angefertigt und die Polizei kontaktiert werden.

Mit dem Gang zur Polizei „hat Familie Wagner richtig gehandelt“, sagt Bürgermeisterin Simone Lehnert. Auch wenn es nicht so aussehe, als ob der Erpressungsversuch gezielt auf die Linde ausgerichtet sei, sei es gut, ihn öffentlich zu machen.

2025 soll Schluss sein

Margarete Wagner und ihre Familie haben die Linde Ende der 1990er Jahre als Altersvorsorge gekauft. Das Restaurant war zunächst verpachtet, doch einige Jahre später übernahm die Familie auch den Gaststättenbetrieb.

40 bis 60 Mittagessen werden außer montags und dienstags vor allem an ältere Gäste serviert, viele Ingersheimer feierten hier ihre Feste. „Wir sind ausgelastet“, sagt Margarete Wagner. Die Gaststätte laufe vor allem dank des Engagements der großen Verwandtschaft. Aber Ende 2025 soll Schluss sein: „Dann verkaufen wir alles“, sagt Margarete Wagner. Aber das Erpresserschreiben habe mit dieser Entscheidung nichts zu tun, sagt Margarete Wagner, es gebe keinen Nachfolger.

 
 
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