Ingersheim Konzert: Klagelieder voller Emotionen

Von Jörg Palitzsch
Der Countertenor Nils Wanderer trat in der Kleiningersheimer Georgskirche mit einem Ensemble auf. Foto: /Oliver Bürkle

Das Passionskonzert des Countertenor Nils Wanderer in der Georgskirche in Ingersheim wurde mit viel Beifall bedacht.

Nach zahlreichen Verpflichtungen im In- und Ausland, der Aids-Gala an der Deutschen Oper am Rhein am Samstag und seinem Debüt an der Frankfurter Oper in der Händel-Oper „Giulio Cesare“ gab der Countertenor Nils Wanderer aus Ingersheim am Montagabend in der voll besetzten Georgskirche ein Passionskonzert. Ein fünfköpfiges Ensemble von Barocksolisten aus ganz Süddeutschland begleiteten ihn.

Über Jahrhunderte hinweg wurden für die besonderen Tage vor Karfreitag ergreifende Musikwerke komponiert. In erster Linie sind es Trauergesänge und Klagelieder aus der Bibel, wobei vor allem die Klagelieder vorgelesen oder in Vertonungen musikalisch vorgetragen werden.

Schmerz und Verlust

Countertenor Wanderer bot bei seinem Konzert die ganze emotionale Bandbreite dieser Liedgattung. Im Mittelpunkt steht das Leiden und Sterben von Jesus Christus sowie die Trauer um seinen Tod. Die von Wanderer ausgesuchten Werke machten den Schmerz um den Verlust fast mit Händen greifbar. Vor allem seine mehrteilige Stabat-Mater-Interpretation von Antonio Vivaldi zum Konzertauftakt, ursprünglich ein mittelalterliches Gedicht, sprach die Gäste mit seinem schmerzhaften Text-Charakter sofort an. In dem lateinischen Text trauert Gottesmutter Maria um Jesus Christus, der am Kreuz gestorben ist. Nach 20 Minuten brandete lauter Applaus auf und immer wieder wurde laut „Bravo“ gerufen.

Nach einem meisterhaft gespielten Stück des Cellisten Antonio Caldara schaffte Wanderer mit „Ach das ich Wassers gnug‘ hätte“ von Johann Christian Bach voller Feingefühl eine weitere Steigerung der emotionalen Tiefe. Mühelos gelang es ihm, den Klangraum der Kirche mit aller gesanglichen Dramatik ohne Mikro und Lautsprecheranlage zu füllen. Mit der wehmütigen Arie „Es ist vollbracht“ aus der Johannespassion von Johann Sebastian Bach erreichte das Konzert seinen Höhepunkt. Der Countertenor, in sich selbstsicher versunken, in einer musikalischen Reflexion, die auch zum furiosen Ende hin nie an Spannung verlor. Der Lohn war nach dem letzten Klang, nach dem letzten Wort, nach der letzten Note, donnernder Applaus, wie er in der Georgskirche selten zu hören ist.

Das Klagelied „Lascia ch’io pianga“ von Händel zählt zu den populärsten Melodien der klassischen Musik und auch zu den bevorzugten Stücken von Nils Wanderer. Um der Zugabe dieses bemerkenswerten Konzerts eine weitere Zugabe anzufügen, gab es zum Ausklang eine kleine Improvisation von „Lascia ch’io pianga“.  Jörg Palitzsch

 
 
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