Die Erfindung des Leitz-Ordners sorgt angesichts immer noch ständig wachsender Papierberge dafür, dass in der hektischen Bürowelt Ordnung herrscht. Von der Chefetage bis zum Hausmeister greift man zu diesen Bürohelfern wie zu Kugelschreiber, Locher und Büroklammer. Erfunden hat den Ordner-Mechanismus mit einfacher Hebelfunktion Johann Ludwig (Louis) Leitz, der vor 175 Jahren in Großingersheim in der Bietigheimer Straße 16 geboren wurde.
Ingersheim Louis Leitz sorgte für Ordnung im Büro
Der schwäbische Tüftler Louis Leitz wurde vor 175 Jahren in Großingersheim geboren. Er nietete seine Mechanik in einen Bucheinband – und damit war 1893 der Leitz-Ordner erfunden.
Durch Schiksalsschläge erste schwierige Lebensjahre
So sehr sich der gelernte Dreher und spätere Mechaniker als schwäbischer Tüftler der ordentlichen Schriftgutverwaltung widmete, so schwierig waren seine ersten Lebensjahre. Am 2. Mai 1846 geboren, erfolgte die Taufe des Kindes des Küfers Johann Ludwig und seiner Frau Christophine Friederike Durian acht Tage später. Als Taufpaten standen Pfarrer Jakob Gottfried Hegler drei Personen zur Seite: Jacob Trefz, der Schmid Johann Enchinger, ein Verwandter mütterlicherseits, und die Ehefrau von Friedrich Durian aus Kleiningersheim.
Bereits mit zwölf Jahren musste Johann Ludwig, der eine Drechslerlehre begonnen hatte, zwei schwere Schicksalsschläge hinnehmen. Erst verlor er seine Mutter, zwei Jahre später seinen Vater. Die Eltern wurden in Großingersheim auf dem Friedhof bei der Martinskirche begraben. Die sieben Leitz-Kinder waren damit Vollwaisen und kamen in unterschiedliche Pflegschaften.
Gemeinderat Christian Keller nahm die Schwestern Johanne, Christine und Regine in Obhut, die älteren Brüder Johann Ludwig und Christian kamen zum Gutspächter Treftz und die Kinder Magdalena und Jacob zu Bauer Jacob Assmus. Das zweistöckige Elternhaus wurde verkauft und 1861 fand vor Bürgermeister Jakob Friedrich Leibbrand die Aufteilung unter den Geschwistern statt, die damit ihren Geburtsort verlassen konnten.
Von 1864 bis 1866 arbeitet Leitz zunächst als Drechsler in Gmünd. Ein Vetter seines Vaters bewegt ihn dazu, seinen zweiten Vornamen, entsprechend der damaligen Mode, ins Französische zu übertragen: Aus Johann Ludwig wurde so Louis Leitz. Er erkannte auch sehr schnell, dass mit den Drechslerhandwerk kein Staat zu machen ist und ließ sich zum Mechaniker ausbilden. Es folgten zehn lehrreiche Jahre, in denen die Grundlagen für den späteren Erfolg gelegt wurden.
1871, gerade 25 Jahre alt, machte sich Louis Leitz als „Mechaniker und Facturabücher-Fabrikant“ selbstständig. Ein Jahr später heiratete er die Französischlehrerin Julie Adele Gauchat. Die Ehe blieb kinderlos, seine Frau starb 1877, nur fünf Jahre nach der Heirat. Leitz heiratete erst 1882 wieder, die 22-jährige Sofie Christiane Karoline Rock.
Immer auf der Suche nach neuen Konstruktionen
Geschäftlich war Leitz stets auf der Suche nach Verbesserungen und Neukonstruktionen. Biblorhapte, ein Ordner mit beweglicher und manchmal mechanischer Bindung für Briefe, Papiere und Dokumente verbesserte er in einen praktischen und modernen Briefordner. 1886 erfand er die Aushebe-Mechanik für den Leitz-Registrator. Damit war es möglich, einzelne Blätter an jeder beliebigen Stelle mit einem Register alphabetisch einzuordnen.
Aus einer einfache Bügelmechanik mit Brettunterlage, die aus Amerika kam, entwickelte Leitz dann die millionenfach bewährte Hebelmechanik, bei der die Bügel fest geschlossen und arretiert werden konnten.
Da er von der Überlegenheit stehender Ordner überzeugt war, nietete er seine Mechanik in einen Bucheinband – und damit war 1893 der Leitz-Ordner geschaffen. 1898 zog die Firma nach Feuerbach, 1903 trat Leitz’ Sohn Ludwig und 1914 schließlich Sohn Eberhard ins Geschäft ein.
Die Erfindung des Tüftlers aus Großingersheim stieß auf eine große Nachfrage. 1945 lag der wöchentliche Bedarf an Leitz-Ordnern bei 45 000 Stück, 1992 wurden in Feuerbach 180 000 Ordner hergestellt – täglich. Ergänzt durch Locher, Hefter und Mappen – Ordnung für Büros auf der ganzen Welt.
Die zweite Ehefrau von Leitz überlebte ihn um 26 Jahre
Louis Leitz konnte den rasanten Aufstieg seiner Firma nicht mehr miterleben, er starb am 18. Mai 1918 im Alter von 72 Jahren und wurde auf dem Stuttgarter Pragfriedhof begraben. Seine zweite Frau Sofie Christiane Karoline Rock lebte bis 1944.
Seit fünf Jahren gehört das Unternehmen Leitz zum US-amerikanischen Büroartikelhersteller Acco und firmiert unter dem Namen „Leitz Acco Brands GmbH & Co KG“. Das Eltern- und Geburtshaus von Louis Leitz in Großingersheim an der Ecke Bietigheimer Straße/Brunnengasse wurde bei einem Fliegerangriff der Amerikaner am 16. Dezember 1944 zerstört. Im Wohngebiet Brühl II. erinnert eine Straße an den berühmten Sohn der Gemeinde.