Interview mit der künftigen Ingersheimer Bürgermeisterin Simone Haist Mit dem wirtschaften, was man hat

Von Jörg Palitzsch
Die künftige Ingersheimer Bürgermeisterin Simone Haist vor dem Rathaus.  Foto:

Am Dienstag, 5. Mai,  tritt die neu gewählte Bürgermeisterin Simone Haist in einer schwierigen Zeit als Nachfolgerin von Volker Godel ihr Amt im Rathaus an.

Während der Ablauf der  Amtseinsetzung für Simone Haist am Dienstag, 5. Mai, noch unklar ist, hat die künftige Verwaltungschefin von Ingersheim in Bezug auf andere  Dinge klare Vorstellungen. Zunächst will sie sich einen Überblick über alle laufenden Projekte verschaffen, um dann mit dem Gemeinderat nötige Schritte zu vollziehen. Wenn es die finanzielle Situation erfordere, müsse man gemeinsam erarbeiten, was geschoben werden soll und kann, so Simone Haist im  Interview mit der Bietigheimer Zeitung.

 

Welche Szenarien gibt es für ihre Amtseinsetzung?

Simone Haist: Die Amtseinsetzung kann in Anbetracht der derzeitigen Situation nicht so stattfinden, wie es unter normalen Umständen üblich wäre.  Die förmliche Einsetzung in das Amt wird  Gemeinderätin Hanne Hallmann, die erste Stellvertreterin der Bürgermeisterin im Amt, in einer öffentlichen Gemeinderatssitzung am 5. Mai vornehmen. Ich gehe heute davon aus, dass diese Sitzung, wenn überhaupt möglich, im kleinen Kreis, ähnlich wie die zuletzt abgehaltene Sitzung in der SKV-Halle stattfinden wird und auch Landrat Dietmar Allgaier, den ich aus meiner Zeit im Kornwestheimer Rathaus noch gut kenne, als Redner dabei sein wird.

Wie soll die Einwohnerschaft daran teilnehmen?

Meine Überlegung ist, die Sitzung live online zu übertragen, so dass zumindest ein wenig Öffentlichkeit hergestellt werden kann. Sehr gerne hätte ich den offiziellen Beginn meiner Zeit als Bürgermeisterin gemeinsam mit möglichst vielen Menschen aus Ingersheim persönlich und feierlich, mit musikalischer Umrahmung, begangen. Doch dies ist im Moment nicht möglich. Wir alle haben auf Veranstaltungen dieser Art derzeit zu verzichten, zum Wohle aller.

Was ist für Sie die dringendste Aufgabe?

Die dringendste Aufgabe für mich ist, mir einen umfassenden Überblick über alle laufenden Projekte zu verschaffen, die Mitarbeiterschaft der Gemeinde kennenzulernen und mich auf den dann aktuellen Stand der finanziellen Situation zu bringen.

Der jüngst verabschiedete Haushalt 2020 ist Makulatur, weil er vor Corona noch unter anderen Bedingungen aufgestellt wurde. Streben Sie zur Korrektur einen Nachtragshaushalt an und bis wann?

Ich werde mich gleich Anfang Mai mit Kämmerin Kathrin  Eberle und ihrem Team zusammensetzen, die Lage genau analysieren und alle notwendigen Schritte besprechen. Der jetzige Haushalt muss erst noch durch die Rechtsaufsicht genehmigt werden, bevor wir über einen Nachtragshaushalt sprechen können.

Warum?

Sicher ist doch, dass sich die finanzielle Situation durch die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Maßnahmen verändern wird und dies den Handlungsspielraum der Gemeinde in 2020 und voraussichtlich auch darüber hinaus maßgeblich beeinflussen wird.

Im Haushalt 2020 sind Investitionen in Höhe von 2,5 Millionen vorgesehen.  Was könnte geschoben werden?

Alle veranschlagten Investitionen wurden von der Verwaltung und dem Gemeinderat wohl überlegt.  Die Verantwortung dafür, was geschoben wird und was nicht, trägt  das Gremium mit mir als Bürgermeisterin als Ganzes.

Ist dazu eine Klausur nötig?

Den Vorschlag vieler Ratsmitglieder, gemeinsam eine Klausurtagung zu veranstalten, halte ich für sehr gut.

In solch einem Rahmen kann man sich zum einen besser kennenlernen und darüber hinaus bietet es uns allen die Möglichkeit, sich inhaltlich konkret auszutauschen, über Schwerpunkte zu diskutieren und gemeinsam die richtigen Weichen für die kommenden Monate der neuen Zusammenarbeit zu stellen.

Bislang ist im Haushaltsplan 2020 eine Kreditaufnahme von 2,3 Millionen Euro eingeplant. Reicht dies aus?

Dies hängt davon ab, ob Investitionen geschoben werden oder nicht. Ich gehe davon aus, dass sich diese Zahl noch verändern wird.

Die Ansiedlung von Firmen im Gewerbegebiet „Gröninger Weg“ stockt.  Mit welchen Auswirkungen rechnen sie, etwa bei der Gewerbesteuer?

Die Gemeinde kalkuliert grundsätzlich mit der Gewerbesteuer der Firmen, die sich bereits angesiedelt haben. Hier ist mit einem Einbruch der Gewerbesteuereinnahmen zu rechnen. In Bezug auf die Ansiedlung neuer Betriebe und daraus resultierende mögliche Gewerbesteuereinnahmen müssen wir abwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt. Klar ist, dass eine deutliche Steigerung der Einnahmen aus dieser Steuerart von der Ansiedlung neuer Betriebe abhängt. Die gesamtwirtschaftliche Lage ist momentan auch für die Firmen selbst kaum einschätzbar. Es ist seitens der Gemeinde deshalb wichtig, die finanzielle Situation insgesamt zu betrachten und mit dem zu wirtschaften, was sie bereits hat.

Die Kämmerei mahnt eine Anpassung der Erträge an, also die Erhöhung von Steuern und Gebühren. Ist das ein gangbarer Weg?

Grundsätzlich gehört es dazu, wenn der Haushalt auf den Prüfstand gestellt wird, auch die Einnahmenseite genau zu betrachten. Hier gilt es, die Kostendeckungsgrade zu überprüfen und dann gemeinsam – Bürgermeisterin, Verwaltung, und Gemeinderat – festzulegen, ob und welche Beiträge und Gebühren erhöht oder gleich belassen werden.  Diese Entscheidungen müssen ganz bewusst und in Abstimmung miteinander gefasst werden.

Ein weiterer Vorschlag ist, Aufwendungen auf das Notwendigste zu reduzieren. Was könnte darunter fallen?

Auch hier gilt es, genau zu schauen, welche Aufwendungen denn derzeit überhaupt über das Notwendige hinaus geleistet werden und dann zu entscheiden, was gegebenenfalls wegfallen könnte.

Das soziale Leben mit allen Kontakten, das Vereinsleben und die Feste sind auch in Ingersheim  ausgesetzt. Wie wollen Sie Kontakt zu den Bürgern halten?

In der Zeit vor der Wahl habe ich es sehr genossen, mit vielen Ingersheimerinnen und Ingersheimern ins Gespräch zu kommen. Viele Veranstaltungen habe ich besucht und erlebt, wie aktiv das Ingersheimer Vereinsleben, die kirchlichen Aktivitäten und überhaupt das gesellschaftliche Leben ist. Es ist für alle im Ort ein großer Einschnitt, dass dies seit einigen Wochen komplett ruht. Ich möchte den Bürgerinnen und Bürgern und auch mir dennoch ermöglichen, in Kontakt zu sein.

Wie könnte so etwas konkret aussehen?

Hier stelle ich mir eine Telefon-Bürgersprechstunde vor, wenn möglich auch per Video-Übertragung. Darüber hinaus möchte ich regelmäßig und möglichst umfassend im Mitteilungsblatt und online über die Arbeit der Gemeindeverwaltung und des Gemeinderats informieren. Zudem hat jede und jeder die Möglichkeit, sich unverbindlich und ohne Termin mit mir per E-Mail oder telefonisch in Verbindung zu setzen, sobald ich mein Amt angetreten habe. Ich freue mich auch heute schon darauf, hoffentlich bald wieder Veranstaltungen und Feste besuchen zu können oder beim Spaziergang durch Ingersheim Gespräche mit den Bürgerinnen und Bürgern führen zu können.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 
 
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