Interview mit Frank Hofmeister Von Spenden, Bäumen und Umsätzen

Von Claudia Mocek
Geschäftsführer Frank Hofmeister hat in der Corona-Zeit das Homeoffice für sich entdeckt.   ⇥ Foto: Martin Kalb

Schnellere Entscheidungen, effizienteres Arbeiten und die Chancen von Online: Die BZ hat Frank Hofmeister zu den Folgen der Corona-Zeit befragt.

Weihnachtsgeschäft, Kurzarbeit und die Folgen des Lockdown: Die BZ hat mit Frank Hofmeister, Geschäftsführer der Wohnzentren  in Bietigheim-Bissingen und Sindelfingen, über die aktuelle Situation gesprochen.

Wie ist es Ihrem Unternehmen in der Corona-Zeit ergangen?

Frank Hofmeister: Wir sind in dieses Jahr mit einem hervorragenden Umsatz eingestiegen. Die Schließung im März war für uns ein Hammer. Außer in Kriegszeiten waren wir noch nie so lange geschlossen. Das war in den ersten Tagen richtig kompliziert – auch emotional. Wir haben alle nötigen Maßnahmen zur Sicherung der Liquidität des Unternehmens ergriffen. Das ist wichtig bei 1000 Mitarbeitern. Es waren viele von ihnen in Kurzarbeit, das hat uns sehr geholfen. Wir waren in der glücklichen Lage, dass wir noch ausliefern konnten. Der Auftragsbestand war da, die Lieferketten haben funktioniert. Dadurch kam auch wieder Geld in die Kasse.

Man hat den Eindruck, dass sich viele Menschen zurzeit neu einrichten. Wie ist ihre Situation jetzt?

In der Zeit des Lockdowns haben sich die Wertstoffhöfe gefüllt. Die Menschen haben ihr Zuhause entrümpelt, gestrichen und sich dann neu eingerichtet. Aber wir hatten nie eine sehr hohe Frequenz von Kunden. Die, die kommen, haben einen klaren Plan. Somit kommen wir weitgehend symptomfrei aus der Krise. Natürlich haben wir uns auch Geld beschafft und überall da gespart, wo es ging. Trotz geringerer Frequenz haben wir ordentliche Umsätze gemacht. Wir kommen mit einem oder zwei blauen Augen davon.

Befürchten Sie, dass Sie erneut werden schließen müssen?

Ich hoffe, dass es zu keinem weiteren harten Lockdown kommt. Aber ich befürchte, dass er kommen wird – die hohen Infektionszahlen in Verbindung mit Weihnachten und Silvester. Wir müssen sehen, was kommt.

Manche Einzelhändler beklagen, dass der softe Lockdown zurzeit für den Einzelhandel viel schwieriger sei als die harten Einschränkungen im Frühjahr...

Wir haben jetzt nicht die Umsätze wie im vergangenen Jahr. Aber es ist so, dass wir nicht ins Schlingern geraten. Den Innenstädten fehlen die Weihnachtsmärkte und Cafés. Dann gehen die Leute Silvester auf keine Party, sie kaufen sich keine neue Kleidung. Auch im Homeoffice braucht man sie nicht.

Waren bei Ihnen viele Mitarbeiter von Corona betroffen?

Wir hatten viele Ausfälle im Betrieb, aber nicht ausschließlich wegen Corona. Wir hatten keine schweren Verläufe, nur einen ganz am Anfang. Aber da ist jetzt alles wieder gut. Wenn jetzt ein Mitarbeiter Schnupfen oder Husten hat, dann ruft er an und bleibt acht Tage daheim. Uns ist die Eigenverantwortung der Mitarbeiter wichtig.

Wie bewerten Sie die politischen Entscheidungen für Ihre Branche?

Im ersten Lockdown war die einfachste Regelung, dass alles geschlossen wird. Da gab es auch kein Problem mit ungleichen Behandlungen. Dann durften Autohändler und Baumärkte mit bis zu 800 Quadratmetern öffnen. Wir haben mit 30 anderen vor dem Verwaltungsgerichtshof geklagt, weil wir nicht öffnen durften. Die Klage haben wir gewonnen und haben dann auch auf einer Fläche von 800 Quadratmetern aufmachen dürfen.

Und jetzt die aktuelle Regelung?

Unsere Flächen sind sehr groß, Die Mitarbeiter können bei Ausfällen untereinander wechseln. Damit haben wir gerade kein Problem, auch weil die Kunden-Frequenzen nicht so hoch sind. Sie sind auskömmlich.

Gilt das für die ganze Branche?

Ja, das gilt für die gesamte Einrichtungsbranche.

Welche Rolle spielt das Online-Geschäft für Sie?

Online ist auch während des Lockdowns ein ganz wichtiges Thema gewesen. Online im Möbelhandel ist von der Preisklasse in etwa das, was früher die Möbel im Neckarmann-Katalog waren. Die Größenordnung liegt bei bis zu zirka 1000 Euro. In diesem Bereich haben wir uns hervorragend entwickelt. Da ist richtig Schwung hineingekommen, weil man sich noch mehr darauf fokussieren musste, begleitend dazu die Sozialen Kanäle Instagram und Facebook. Hinzugekommen ist auch die Küchenberatung und -planung zu Hause. Küchen waren schon vor Corona ein bedeutendes Thema. Mehr, als es zuvor jemals war. Das hängt mit der Zinsentwicklung und der Bauwirtschaft zusammen.

Arbeiten Sie auch im Homeoffice?

Ja, wir arbeiten vor allem in der Verwaltung rollierend intensiv im Homeoffice. Das geht gut. Das hätte ich früher gar nicht gedacht. Aber ich habe das jetzt auch für mich entdeckt. Aber ich bin auch ein Fan von persönlichen Treffen. Ich bin mir sicher, dass uns Anbieter wie Zoom und Teams über die Coronazeit hinaus erhalten werden.

Was erwarten Sie vom Weihnachtsgeschäft, was vom nächsten Jahr?

Vom Weihnachtsgeschäft erwarten wir nicht das Niveau vom letzten Jahr. Wir rechnen nicht damit, dass die Frequenz steigen wird, weil sich die Risikogruppen der Situation nicht aussetzen wollen – auch wenn es bei uns aufgrund des Hygienekonzepts sehr sicher ist.

Für das nächste Jahr bin ich mir sicher, dass es noch eine ganze Zeit dauern wird, bis viele geimpft sind. Vielleicht bis Ende des zweiten oder Anfang des dritten Quartals. Ich glaube, dass die Leute dann nicht sofort losgehen werden. Das wird uns schon noch eine Weile begleiten. Wir werden noch lange mit der Maske unterwegs sein. Bisher sind Masken für 138 Milliarden Euro verkauft worden. Ich fürchte, dass das ein richtiges Abfallproblem werden wird. Die Meere werden mit Masken geflutet werden, wenn man da nicht aufpasst.

Ihre Weihnachtsbenefiz-Gala musste pandemiebedingt abgesagt werden...

Ja, wir vermissen in diesem Jahr die soziale Nähe. Wir haben keine Jubilarfeier gemacht, die immer ganz wichtig für uns war, weil wir viele Mitarbeiter haben, die bis zu 40 Jahre dabei sind. Wir vermissen auch die Weihnachtsgala. Wir haben uns dazu entschlossen, dieses Jahr zu spenden. Fünf Prozent eines Tagesumsatzes, das sind in Summe mindestens 50 000 Euro, die zu gleichen Teilen an vier Einrichtungen gehen werden. Eine davon ist in Bietigheim: Die Stiftung der Diakoniestation, zudem die Stiftung Deutsche Kinderkrebsnachsorge in Tannheim sowie zwei weitere in Sindelfingen. Auch für die BZ-Aktion Menschen in Not wird es Spenden in fünfstelliger Höhe geben.

Wir sind keine Kuschelgruppe, aber wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt. Deswegen wollen wir von Montag bis Mittwoch 1000 Weihnachtsbäume verschenken. 500 Bäume in Bietigheim und 500 in Sindelfingen sollen an die gehen, die sich sonst keinen Baum kaufen könnten. Dafür verlangen wir keinen Nachweis.

Gibt es etwas, was Sie aus dem Lockdown der vergangenen Monate gelernt haben?

Wir haben gelernt, dass wir effizienter arbeiten können, dass wir die Digitalisierung besser einsetzen können und dass nicht alle monatlichen Kosten so sein müssen wie bisher – zum Beispiel beim Energieverbrauch. Wir werden jetzt ein Dach mit Fotovoltaikelementen bestücken und unseren eigenen Strom machen.

Wir haben gelernt, dass das Thema Online mehr in den Vordergrund geschoben werden muss und dass man das nicht nebenher mitmachen kann. Wir haben gelernt, dass nicht nur die Großfläche wichtig ist, sondern dass man auch mit kleineren Flächen in die Stadt hineingehen kann. Zusätzlich zu Hofmeister City Küchen in Stuttgart haben wir weitere City Küchen-Studios in Ulm und Reutlingen eröffnet. Wir reagieren heute viel schneller auf Veränderungen als früher. Die Pandemie ist kein Segen, aber Corona hat uns aufmerksamer gemacht – auf Möglichkeiten.

Vielen Dank für das Gespräch.

 
 
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