Jahresgespräch mit Mundelsheims Bürgermeister „Ja, der Bürgerentscheid Benzäcker war mutig“

Von Heidi Vogelhuber
Mundelsheims Bürgermeister Boris Seitz in den Weinbergen mit Blick auf den Neckar. Foto: /Oliver Bürkle

Mundelsheims Bürgermeister Boris Seitz spricht mit der BZ über wegweisende Entscheidungen, ungeplante Hauskäufe und große Schritte für einen kleinen Ort.

Dem vergangenen Jahr würde Mundelsheims Bürgermeister Boris Seitz eine glatte Eins geben, müsste er eine Schulnote verteilen. Zumindest was die Ereignisse in Mundelsheim selbst anbelangt. „Ja, es war ein forderndes Jahr, es wurden aber wichtige und wegweisende Entscheidungen getroffen“, sagt Seitz im Gespräch mit der BZ.

Wegweisende Entscheidungen

Allem voran der Bürgerentscheid zum geplanten Gewerbegebiet Benzäcker an der A 81, der Ende Mai durchgeführt wurde. 57 Prozent der Wahlberechtigten stimmten für das interkommunale Großprojekt, sehr zur Freude von Bürgermeister Seitz. „Aktuell laufen die Eigentümergespräche“, sagt er zum Stand der Dinge. 2023 sollen nach Möglichkeit die Kaufverträge mit den etwa 100 Flächeneigentümern abgeschlossen und ein Zweckverband gegründet werden, dem Besigheim auch beitreten will. „Ja, der Bürgerentscheid war mutig. Aber wir reden hier von 50 Jahren vorausgehender Diskussion“, sagt der Bürgermeister und ergänzt: „Nur zehn Tage zuvor war das Starkregenereignis.“

Reißende Sturzfluten bildeten sich Mitte Mai innerhalb weniger Minuten, zurück blieben Schlammmassen – Oberstenfeld, Großbottwar und Mundelsheim traf es besonders hart. Seitz sei froh, dass nur kleinere Sachschäden entstanden sind, die Bürger zusammengehalten und mit dem Bauhof angepackt haben. Aber auch, dass die Wetterkatastrophe vor der Abstimmung passiert ist, sonst hätte es im Nachhinein Unmut innerhalb der Bevölkerung geben können. Teil der Benzäcker-Planungen waren von Beginn an auch ein Regenrückhaltebecken im südwestlichen Teil am tiefsten Punkt, das bei solchen Starkregenereignissen helfen soll. Das sei sicherlich ein ausschlaggebendes Argument für den einen oder anderen Bürger für das Gewerbegebiet gewesen.

Zum Teil sei der Ort schon gespalten gewesen sein, „aber das hat sich mittlerweile wieder gelegt. Demokratischer kann man’s nicht lösen“, sagt Seitz.

Große Projekte im Jahr 2022

Doch auch abseits der Benzäcker sei 2022 in Mundelsheim viel passiert. Unter anderem habe sich der kleine Ort beim Thema Glasfaserausbau weit nach vorne gebracht. Die Deutsche Glasfaser baut dank eines Kooperationsvertrags das Glasfasernetz im Ort massiv aus. „Das wurde am Abend des Starkregenereignisses im Gemeinderat beschlossen“, merkt Seitz an. Bis Sommer 2024 soll der Ausbau abgeschlossen sein, der Startschuss fällt im Sommer dieses Jahres. „Jeder Gehweg wird aufgegraben“, kündigt Bürgermeister Seitz an. Da die Deutsche Glasfaser den Ausbau eigenwirtschaftlich betreibt, fallen für die Gemeinde keine Kosten an. „Das ist wegweisend für den kleinen Ort“, ist Seitz überzeugt.

An die Mundelsheimer Bürger und Bürgerinnen, aber auch Touristen – beispielsweise Nutzer des Neckartalradwegs – richtet sich der Landschaftspark Neckar, der unter anderem auch vom Verband Region Stuttgart gefördert wird mit 150 000 Euro. Im September konnte der dortige Spielplatz eingeweiht werden. „2023 folgt die Neckarseite mit Sitzstufenanlage und Schiffsanlegestelle, so Seitz. „Schön wäre es noch vor dem Sommer“, hofft Mundelsheims Bürgermeister, es stehe jedoch noch in den Sternen, ob es so schnell umzusetzen sei.

Besonders gefreut habe sich der Bürgermeister, dass Mundelsheim seit November 2022 mit Verena Huttelmaier wieder eine Kämmerin hat.

Investitionen 2022

Ein großer Posten sei 2022 die Umrüstung der gesamten Straßenbeleuchtung auf LED gewesen. „Mit allem drum und dran hat das drei Jahre gedauert“, sagt Mundelsheims Schultes. Das sei auch dem coronabedingten Verzug geschuldet. Die reine Baumaßnahme sei innerhalb von acht Wochen erledigt gewesen. „Das war eine Punktlandung im Hinblick auf die Stromkrise“, so Seitz. Erfreulich sei auch der Preis gewesen. Gerechnet habe die Gemeindeverwaltung mit Kosten von 300 000 Euro, tatsächlich hätten aber 200 000 Euro ausgereicht. „Die Investition amortisiert sich in vier Jahren.“

Sanierungen größter Posten

Der größte Posten im vergangenen Jahr seien Gebäudesanierungen gewesen. 350 000 Euro habe die Gemeinde in die denkmalgeschützte „Alte Küferei“ in der Lange Straße 1 investiert, „ein ortsprägendes Gebäude“, wie der Bürgermeister betont. Weitere 700 000 Euro seien in den Kauf von zwei Häusern investiert worden, die zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt werden sollen. „Es sind klassische Zweifamilienhäuser. Im ersten sind bereits 23 Menschen untergebracht“, sagt Seitz und weist darauf hin, dass die Gemeinde auf eine innerörtliche Unterbringung setzte. „Wir haben mit dieser zentralen Lösung gute Erfahrungen gemacht. Die Integration klappt so einfach besser.“ Das zweite Haus werde aktuell noch nicht gebraucht, stehe aber bereit. „Dieses Haus muss etwas mehr ertüchtigt werden“, sagt Seitz, man sei aber bereits dran.

Insgesamt also eine Million, die für Gebäude eingesetzt wurde – „diese Million tut uns auch weh, weil sie auch nicht vorhersehbar war. 2023 müssen wir kürzertreten“, prophezeit der Bürgermeister.

Vorhaben für das Jahr 2023

Und doch geht es auch in diesem Jahr nicht ohne Investitionen. „Wir haben schon einige bauliche Maßnahmen für 2023 beschlossen“, sagt Seitz. Unter anderem stehe die Sanierung der Leichenhalle für 150 000 Euro auf dem Jahresplan, ebenso werde eine Treppenanlage für 50 000 Euro sowie eine Straßensanierungsmaßnahme in der Johann-Wolff-Straße für 700 000 Euro.

Außerdem ist 2022 die Erweiterung des ortsansässigen Netto-Markts beschlossen worden, die noch 2023 in Bau gehen soll. Ein Café und ein größeres Sortiment sollen den Laden nach 15 Jahren des Bestands auf Vordermann bringen. Auch E-Ladesäulen und zusätzliche Fahrradparkplätze sind geplant.

Ein großes Thema sollen noch in diesem Jahr kommunale Photovoltaik-Anlagen werden. Die Dächer von Freibad, Kläranlage und Leichenhalle sollen mit Solarzellen ausgestattet werden.

Herzensprojekte von Boris Seitz

Neben dem Riesenprojekt Benzäcker seien auch die Straßenbaustellen irgendwie Herzensprojekte vom Bürgermeister. „Jedes Jahr ein Straßenprojekt“, sagt Seitz und lacht.

Besonders freue er sich über die Sanierung der Verbindungsstraße nach Hessigheim, die noch im Frühjahr beginnen soll. Die Kreisstraße 1700 kostet den Landkreis etwa 1,2 Millionen Euro. „Über den Beschluss im Kreistag habe ich mich sehr gefreut“, so Seitz. Auch beim Glasfaserausbau arbeiten die beiden Nachbarkommunen zusammen. Das sei eine tolle Sache und freue Seitz persönlich sehr, gerade weil in der Vergangenheit nicht immer alles so harmonisch verlaufen sei zwischen den beiden Orten.

 
 
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