Keine Lizenz für die Spielzeit 2020/21 Steelers fliegen aus der DEL2

Von Andreas Eberle
Stand heute wird es das Duell zwischen den Bietigheim Steelers – hier mit Benjamin Zientek im Angriff – und den Wölfen Freiburg in der DEL2-Spielzeit 2020/21 nicht geben. Dem Klub aus dem Ellental wurde die Lizenz verweigert. ⇥ Foto: MARTIN KALB

Die Liga verweigert Bietigheim aus wirtschaftlichen Gründen die Lizenz für die neue Saison. Die Altlasten drücken. Der Klub zieht vors Schiedsgericht.

Die Bietigheimer Sport-Welt bebt: Die Bietigheim Steelers erhalten für die Spielzeit 2020/21 keine Lizenz. Dies gab die Deutsche Eishockey-Liga 2 (DEL2) am Mittwochvormittag bekannt. Der Klub habe die gemäß Lizenzordnung geforderte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bis zum Abschluss und innerhalb der vorgegebenen Fristen des Lizenzprüfungsverfahrens nicht nachgewiesen, heißt es in der Begründung. Dagegen haben die anderen 13 Vereine ein Startticket für die neue Saison bekommen.

Die Steelers zeigten sich in einer gemeinsamen Stellungnahme des Aufsichtsrats um Gerhard Kaufmann sowie des Geschäftsführers Volker Schoch „hart getroffen“ von dem Bescheid. „Wir haben davon auch erst heute Morgen um 10.30 Uhr erfahren und sind genauso überrascht wie alle anderen“, sagte Geschäftsführer Volker Schoch auf BZ-Nachfrage und beteuerte: „Die Saison ist aus unserer Sicht nicht gefährdet. Wir sind in der Lage, die DEL2- Runde zu spielen.“

Großes Unternehmen will helfen

Zum Problem im Lizenzierungsverfahren sind die Altlasten des Vereins in Höhe von aktuell 650 000 Euro geworden. Darum hatte die Liga bei den Steelers am 24. Juni Nachbesserungen angemahnt. Die verlangten Zahlungszusicherungen („Patronate“) in Höhe von 250 000 Euro sowie 300 000 Euro an Bürgschaften konnte der viermalige Zweitliga-Meister kurzfristig noch aufbringen. Ebenfalls gefordert waren allerdings 200 000 Euro neues Kapital – und da hakte es.

Nach Darstellung der Steelers hatte ein großes Bietigheimer Unternehmen Unterstützung in Aussicht gestellt. Bei einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung wollte und will dieses am 7. Juli darüber entscheiden. Den Schriftverkehr mit dem potenziellen Geldgeber stellte der Verein auch dem Lizenzausschuss zur Verfügung. „Wir sind davon ausgegangen, dass dies ausreichend ist, um eine Fristverlängerung zu erhalten“, so die Steelers.

Doch dies reichte eben nicht, wie die nun verweigerte Lizenz zeigt. Entsprechend enttäuscht reagierte die Klubführung. „Wir haben absolut kein Verständnis dafür, dass der Aufsichtsrat der DEL2 in einer so außergewöhnlichen Situation nach rein formalen Kriterien entscheidet“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Bereits im Lizenzierungsverfahren hatten die Steelers aufgrund der Corona-Krise und der Unsicherheit, wann der Spielbetrieb begonnen werden kann, gebeten, die Sicherheiten erst dann stellen zu müssen, wenn Klarheit über den Saisonstart herrscht. Dies wurde aber mit Hinweis auf die Lizenzierungsbestimmungen abgelehnt.

Der Verein hat jetzt eine Woche Zeit, gegen die Entscheidung vor dem mit fünf Juristen besetzten unabhängigen DEL-Schiedsgericht zu klagen – und hat bereits angekündigt, dies auch zu tun. „Das operative Geschäft läuft bei uns sauber“, sagt Schoch, der am Mittwochabend mit dem Aufsichtsrat die brenzlige Lage erörterte. Der Steelers-Chef verweist auf den jüngsten Jahresabschluss, der eine schwarze Null mit einem Miniplus von 2600 Euro beinhaltet. Der ursprüngliche Schuldenberg aus der Zeit vor Schoch (1,3 Millionen Euro) wurde inzwischen durch Verzichte und positive Ergebnisse um die Hälfte abgetragen. „Wir haben in den letzten Jahren nicht in Saus und Braus gelebt, keine neuen Schulden gemacht und alle unsere Rechnungen bezahlt“, so der Geschäftsführer.

Spieler hängen in der Luft

Auch die Spieler wurden von der Hiobsbotschaft aus der DEL2- Zentrale in Neuss kalt erwischt. „Mit so etwas hat niemand gerechnet. Wir hängen jetzt alle in der Luft“, sagte Allrounder René Schoofs, der seit 2001 für das Profiteam aufs Eis geht. „Ich hoffe, dass der Verein die noch fehlenden Mittel beschaffen kann.“

Pikant: Erst vor gut einem Monat hatten die Steelers stolz verkündet, dass sie dank eines anonymen Gönners eine Bürgschaft von 816 000 Euro für eine etwaige DEL-Lizenz und die Teilnahme am Lizenzprüfungsverfahren 2021 für die Eliteklasse hinterlegt haben. Außer Bietigheim hatten sich sonst nur die Standorte Frankfurt und Kassel für den in dieser Saison erstmals seit 2005/06 wieder möglichen sportlichen Aufstieg in Stellung gebracht. Nun müssen die Steelers sogar um ihr Bleiberecht in der DEL2 bangen. Im schlimmsten Fall droht ein Neustart in der Oberliga Süd oder gar der viertklassigen Regionalliga.

Erzrivale aus Heilbronn bangt mit den Steelers

Der SC Riessersee war 2018 der letzte Verein, der aus wirtschaftlichen Gründen keine Lizenz bekommen hat und die DEL2 verlassen musste – und dies sogar unmittelbar nach dem Playoff-Finale gegen die Bietigheim Steelers. Der zehnmalige Deutsche Meister aus Garmisch-Partenkirchen startete nach einer Planinsolvenz in der Oberliga einen Neuanfang.

Selbst beim Erzrivalen Heilbronner Falken herrscht nach dem Lizenzentzug für die Steelers große Betroffenheit. „Für uns ist es ein Desaster. Es ist schade für die Steelers, für Heilbronn und für die DEL2. Wir hoffen, dass es noch eine Möglichkeit gibt, dass Bietigheim in der Liga bleibt“, sagte der neue Falken-Geschäftsführer Stefan Rapp der „Heilbronner Stimme“. ⇥ae

 

 
 
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