Kinderbetreuung in Ingersheim Betreuung in Notgruppen

Von Jörg Palitzsch
Die hohe Angebots-Flexibilität in den Ingersheimer Kindergärten, im Bild der Kindergarten in der Residenz, erfordert auch einen hohen Personalstand. Foto: /Oliver Bürkle

Der Entwicklungsplan bei der Kinderbetreuung zeichnet vor allem bei der Ausstattung mit Fachkräften ein düsteres Bild. Auch Nicht-Fachkräfte sind gefragt.

Mit der Vorlage des Entwicklungsplanes für die Kinderbetreuung hat die Verwaltung dem Gemeinderat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause ein besorgniserregendes Bild für die nächsten zwei Jahre aufgezeigt. In den fünf Kindertageseinrichtungen gibt es zum jetzigen Stand 88 Beschäftigte, davon 61 Fachkräfte, von denen 40 in Teilzeit arbeiten. Hinzu kommen 24 Nicht-Fachkräfte in Teilzeit und drei Auszubildende. Diese Personalstärke reicht offensichtlich nicht aus, die flexiblen Angebotsmodelle in den Einrichtungen durchgängig und nachhaltig aufrecht zu erhalten. So besuchten zum 1. Juli insgesamt 409 Kinder im Alter zwischen elf Monaten und zehn Jahren die Betreuungseinrichtungen in Ingersheim.

Aufsichtspflicht nicht gewährleistet

Trotz der Bereitschaft des Stammpersonals und den Vertretungskräften sei es in einzelnen Einrichtungen auch im Kindergartenjahr 2021/2022 wegen Personalausfalls teilweise jedoch nicht mehr möglich gewesen, die Aufsichtspflicht zu gewährleisten. Erforderlich war eine Notgruppenbetreuung, vorübergehend mussten Öffnungszeiten reduziert werden. Dies sei auch aktuell immer wieder der Fall.

„Wir haben ein riesen Personalproblem“, sagte Gemeinderätin Carmen Buchgraber-Musch (FWG). Bürgermeisterin Simone Lehnert beschrieb es noch drastischer. Wenn man vier 100-Prozent-Stellen besetzen wolle, suche man mindestens acht Beschäftigte. Die Teilzeitkräfte wollten nur vormittags arbeiten, schwer sei es Personal für den Nachmittag zu finden. Ein Thema, das auch noch im Arbeitskreis Kinderbetreuung besprochen werde, wo sich Eltern, der Gesamtelternbeirat, das Fachpersonal, Gemeinderat und Verwaltung seit Wochen austauschen. Gemeinderat Jürgen Fleischmann (FWG) hatte in der Sitzung des Verwaltungsausschusses zuvor gesagt, mit der Einrichtung des Arbeitskreises habe man sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Dort wolle man nachprüfbare und nachrechenbare Zahlen. Bürgermeisterin Lehnert merkte an, man könne dies nicht leisten, und alles sei nicht bis ins letzte Detail darstellbar. „Die Verwaltung macht praktische Vorschläge“, so die Bürgermeisterin.

Pool an flexiblen Kräften muss aufgefüllt werden

So müsse, um eine verlässliche Betreuung gewährleisten zu können, der Pool an flexiblen Vertretungskräften stetig aufgefüllt werden. Auch geeignete Nicht-Fachkräfte würden als Verstärkung der Fachkräfte notwendig, heißt es dazu in der Bedarfsplanung.

Dem gegenüber steht ein Anstieg beim Bedarf an Betreuungsplätzen. Für die Altersgruppe bis zu drei Jahren stehen bei der Kleinkindbetreuung 62 Plätze zur Verfügung. Weitere U3-Plätze gibt es in altersgemischten Gruppen unter anderem im Kinderhaus Wurzelwerk, dessen Inbetriebnahme im März 2020 „zwingend erforderlich“ gewesen sei. Ab Ende 2023 stehen in allen Krippen noch 19 Plätze zur Verfügung.

Für Kinder ab drei Jahren gibt es in den Einrichtungen rund 290 Plätze, bis zum Ende des Kindergartenjahres sind 17 Plätze frei. Die Verwaltung weißt auf den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz hin, der sich jedoch immer auf das gesamte Gemeindegebiet und nicht auf eine einzelne Einrichtung beziehe – sprich, es gibt kein Wahlrecht eines Platzes.

Alle erhobenen Zahlen hätten ergeben, dass die derzeitige Anzahl an Betreuungsplätzen ausreichend sei, wobei in der Prognose der kommenden Jahre Änderungen eintreten können. Etwa durch Zuzüge aufgrund der innerörtlichen Nachverdichtung, durch die Aufsiedlung des neuen Wohngebietes „In den Beeten II“ und durch die Zuweisung von Flüchtlingen.

Der stetige Anstieg hat auch Auswirkungen auf die finanzielle Situation. Im Jahr 2012 gab es für die Kindergärten einen Kostendeckungsgrad aus Benutzungsgebühren von 14,51 Prozent, 2022 laut Plan 12,17 Prozent. Insgesamt sank der Kostendeckungsgrad von 48,96 auf 31,77 Prozent. Die Personalaufwendungen werden für dieses Jahr mit 3,79 Millionen Euro angegeben, der Zuschussbedarf erreicht mit 3,88 Millionen Euro einen Höchststand.

Gebührenerhöhung um 3,9 Prozent

Der hohe Betreuungsstandard bei der Kinderbetreuung verursacht auch hohe Kosten. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am Dienstag für das Kindergartenjahr 2022/2023 eine Gebührenerhöhung zum 1. September von 3,9 Prozent beschlossen. Ziel ist es, durch die Beiträge der Eltern einen Kostendeckungsbeitrag von 20 bis 30 Prozent zu erreichen. Erhöht wurden auch die Gebühren der Schulkindbetreuung, analog mit den 3,9 Prozent bei den Kindertageseinrichtungen. Angesichts der angespannten Haushaltslage bei den Freiwilligkeitsleistungen wird bei der Schulkindbetreuung ein Kostendeckungsgrad von 60 Prozent angestrebt.

 
 
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