Kirchheim 34-Jähriger beraubt Freunde

Von Petra Häussermann
Der Prozess vor dem Landgericht Heilbronn zu den Taten in Kirchheim wird im Dezember fortgesetzt. Foto: Helmut Pangerl

Wohl im Alkohol- und Kokain-Rausch ist ein Mann in Kirchheim laut Anklage zwei befreundete Männer angegangen. Unter anderem drohte er mit Messer, schlug ins Gesicht und verlangte Schmuck. Zum Prozessauftakt gibt der 34-Jährige sich einsichtig. Die Untersuchungshaft habe ihm sogar gut getan.

Ein geläuterter Angeklagter hat im Prozess um Körperverletzung und besonders schweren Raub gleich zum Auftakt ein umfassendes Geständnis abgelegt. „Ich stand ziemlich neben mir“, ließ der 34-Jährige seinen Anwalt zu Beginn des Verfahrens am Dienstag vor der 8. Großen Schwurgerichtskammer des Landgerichts Heilbronn erklären. Im April dieses Jahres hatte er zwei befreundete Männer in Kirchheim bedroht und geschlagen, bevor er einem mehrere Schmuckstücke abnahm und floh.

Mit der Faust ins Gesicht geschlagen

„Die Vorwürfe sind zutreffend und ich räume alle Punkte der Anklage ein“, hieß es in der Erklärung weiter. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ungelernten Mann vor, er habe in der Nacht vom 25. auf den 26. April mehrmals einen Bekannten in dessen Zimmer über einer Gastwirtschaft aufgesucht, ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen, mit einer Glasscherbe und später mit zwei Messern bedroht. Als der Gastwirt dazu kam, bedrohte er auch ihn mit den Messern und nahm ihm seine goldenen Halsketten und ein Armband ab und flüchtete.

Der Angeklagte, der Stammgast in der Wirtschaft ist und die beiden Männer schon lange kennt, glaubt, er sei gar nicht auf Streit aus gewesen. Vor den Prozessbeteiligten räumte er ein, an dem Tag Alkohol und Kokain konsumiert zu haben. „Fast freue ich mich, dass ich in Haft gekommen bin“, gab der durchtrainierte Angeklagte ungefragt zu. Hier habe er sich „mit sich selbst vertragen“, mache viel Sport und wolle seiner Familie beweisen, „ich bin nicht abgestürzt.“ Zwei seiner Brüder, die als Zuhörer im Gerichtssaal weilten, nickten.

Mit einer Glasscherbe und Messern bedroht

Den Ermittlungen der Polizei zufolge wollte der Angeklagte von dem Bekannten, mit dem er zuvor einiges getrunken hatte, plötzlich wissen, ob er Kontakt zu einer seiner früheren Affären hat. Als dieser verneinte, hielt das der Angeklagte wohl für nicht glaubwürdig und schlug dem Mann mit der Faust ins Gesicht, sodass dieser eine Platzwunde erlitt. Wenig später suchte er den Bekannten noch zwei weitere Male in seinem Zimmer auf, gab ihm ohne Vorwarnung eine Kopfnuss, bedrohte ihn mit einer Glasscherbe und zwei Messern sowie den Worten „ich bring‘ dich um“. Verängstigt flüchtete der Mann in sein Büro, um dort zu übernachten.

Als der Wirt nachsehen kam, was da los war, fiel dem Angeklagten seine goldenen Ketten ins Auge und offenbar kam ihm dabei der Gedanke, den Schmuck zu Geld zu machen, um neues Kokain zu kaufen. So jedenfalls ließ er es in der Erklärung weiter verlauten. Der Wirt händigte ihm unter großer Furcht insgesamt fünf Schmuckstücke aus. „Ich habe ihn in Angst und Schrecken versetzt, ich bereue sehr, was ich getan habe, und möchte ein Schmerzensgeld anbieten.“

Die beiden Geschädigten riefen die Polizei und berichteten den Beamten, dass sie ihren Bekannten so noch nie erlebt hätten: „Er war wie ein Tier, und schnitt dauernd Grimassen.“ Sie vermuteten gegenüber den Beamten, dass er nicht nur viel Alkohol getrunken, sondern auch Kokain genommen habe.

Dem ärztlichen Gutachter berichtete der Angeklagte, bei Beziehungsproblemen zu Alkohol und Kokain gegriffen zu haben. Vehement habe er zurückgewiesen, abhängig zu sein, unter Entzugserscheinungen oder gar Kontrollverlust zu leiden. „Ich komme in der Haft ohne Drogen zurecht, ich habe keine Behandlungsbedürftigkeit“, wiegelte der Angeklagte Fragen nach einer möglichen Therapie zunächst ab.

Mehrere Ausbildungen abgebrochen

Der 34-jährige folgte als kleines Kind mit seiner Mutter und zwei Brüdern aus der Türkei dem Vater nach Deutschland, Schule und mehrere Berufsausbildungen schmiss er hin, hielt sich mit Jobs auf dem Bau oder auf Schiffen auch im Ausland über Wasser. „Ich habe meine Möglichkeiten nicht genutzt, Lernen war nichts für mich, ich wollte lieber schnell Geld verdienen“, räumte der 34-jährige unumwunden ein. Aus einer Beziehung in Norddeutschland ging eine Tochter hervor, die er gerne mit Unterstützung seiner Eltern bei sich haben möchte, da die Mutter des Kindes Drogenprobleme hat.

Die Anhörung der ersten Zeugin, einer Polizeibeamtin, machte klar, dass der 34-Jährige seinen Schaden nur noch bedingt wieder gutmachen kann: Der Angeklagte hatte wohl unverzüglich nach dem Raub zwei Schmuckstücke zu einem Juwelier in der Stuttgarter Innenstadt gebracht und dafür 900 Euro erhalten. Als die Beamten nachforschten, waren die Panzerkette und die Armkette bereits eingeschmolzen.

Der Prozess wird am 13. Dezember fortgesetzt.  

 
 
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