Konzert im Kronenzentrum Bietigheim-Bissingen Unbekanntes erlebbar machen

Von Susanne Yvette Walter
Das Jubiläumskonzert zum 40-jährigen Bestehen der „sueddeutschen kammersinfonie bietigheim“ fand am Donnerstagabend im Kronenzentrum in Bietigheim-Bissingen statt. Foto: /Oliver Bürkle

Die „sueddeutsche kammersinfonie bietigheim“ zeigt Flagge beim Jubelkonzert zum 40-jährigen Bestehen des Orchesters am Donnerstagabend im Kronenzentrum in Bietigheim-Bissingen.

Die „sueddeutsche kammersinfonie bietigheim“ nimmt seit 40 Jahren ihren Platz als Flaggschiff für klassische Konzerte in Bietigheim-Bissingen ein. Zweimal im Jahr lädt das sinfonische Orchester zu seinen beliebten Themenkonzerten in den Kronensaal ein – ein kulturelles Markenzeichen der Stadt.

Die Idee hinter dem Orchester

Am Donnerstagabend gab die klangstarke Gemeinschaft ihr Jubiläumskonzert zum 40-jährigen Bestehen, das auf einer Vision basiert: Im Jahr 1984 hatte Peter Wallinger, der bis heute das Orchester anleitet, die Idee, mit jungen Musikern aus dem Hochschulumfeld, Musikstudenten und Musikerkollegen aus dem Stuttgarter Raum, ein Orchester für Bietigheim-Bissingen zu gründen. Die Grundphilosophie, die auch heute noch immer gilt, ist ein Servicegedanke voller Empathie: Es geht darum, neue Musik vertrauter und vertraute Musik neu erlebbar zu machen. Heute vereint der professionell arbeitende Klangkörper Musiker aus der gesamten Region in Süddeutschland.

Peter Wallinger wird als Dank für 40 Jahre Engagement als Dirigent und Orchesterleiter minutenlang mit Beifall überschüttet. Noch immer wiegt er sich zur Musik hin und her. Er liebt den leichten Schwung in Antonin Dvoraks Slawischem Tanz Nr. 8 und nimmt sich das Werk mit einer spritzigen Geschwindigkeit vor.

Ein Jubiläum ist bekanntlich ein Freudenfest – und was bietet sich mehr an als „zu tanzen“, sprich berühmte Tänze von berühmten Komponisten auszuwählen? Die Stimmung ist entsprechend. Vorfreude liegt in der Luft. Der Kronensaal in Bietigheims Innenstadt ist voll bis ganz nach hinten, als sich endlich die Türen schließen und das Orchester seinen Platz einnimmt.

An der Körpersprache der Musiker und Musikerinnen beim Spiel zeigt sich: Hier sitzt keiner und macht nur Dienst nach Vorschrift. Jeder ist ganz dabei, geht voll in seiner Rolle auf und bereitet sich entsprechend so auf die gemeinsamen Proben vor, dass Intonation und Fingerfertigkeit selbstverständlich sind. Es macht Spaß zu beobachten, wie gut Peter Wallinger und das Orchester miteinander kommunizieren.

Ausgeprägte Dynamik

Das Laut-Leise-Spiel, sprich die Dynamik, ist sehr ausgeprägt. Peter Wallinger kennt die Tricks und weiß, wie sein Publikum unterhalten werden will: Flott, keine Längen oder tiefschürfend mit viel Leidenschaft.

Zweiteres kommt in Jean Sibelius Valse triste zum Tragen. Dissonanzen bestimmen gegen Ende die Szenerie, ein typischer Sibelius. Das Orchester schlüpft wieder gekonnt hinter die Noten und bemüht sich, sie so zu interpretieren, dass der Komponist selbst seine Freude daran gehabt hätte.

Solistin Ursula Schoch

Mit Ungarischen Tänzen von Johannes Brahms vor der Pause verbreitet sich das Tanzfeuer weiter. Doch das junge Orchester bereitet bereits die Spur für Solistin Ursula Schoch vor, die nach der Pause jede Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Sie ist eine Beethoven-Spezialistin an der Geige und intoniert dessen Violinkonzert in D-dur auswendig mit einer Klasse, die man suchen kann. Ursula Schoch klettert mit flinken Fingern souverän den Geigenhals hoch und runter und schafft ohne Klimmzug auch die ganzen hohen Liegenoten.

Beethoven schenkt ambitionierten Solisten nichts, die sich durch sein Violinkonzert kämpfen. Das funktioniert nur mit sehr fortgeschrittener Bogentechnik und superlativ gut geschulten Fingern, sowie einer Extraportion Einfühlungsvermögen in die Tonsprache des Komponisten. Die Solistin war schon bei den Berliner Philharmonikern aktiv und ist seit 2000 Konzertmeisterin im Concertgebouw-Orchesters Amsterdam.

Die Jahrhunderte alte Meistergeige von Giovanni Battista Guadagnini mag das Ihre dazu beitragen: Jedenfalls macht Ursula Schoch, den Platz als Teufelsgeigerin des Abends keiner streitig. Die Disziplin, die sie an den Tag legt in Intonation und Technik, ist atemraubend. Der Beifall hört nicht auf, bis Schoch die Geige noch einmal an den Hals nimmt und ein kleines Largo spielt – am Ende ohne Orchester.  

Susanne Yvette Walter

 
 
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