Konzert im Kronenzentrum Walzer im Big-Band-Format

Von Jörg Palitzsch
Nach einem Auftritt in der Elbphilharmonie in Hamburg spielte Thomas Gansch am Montag in Madrid. Dazwischen stand er am Sonntag im Kronenzentrum mit der Gout Big Band auf der Bühne. Foto: Oliver Bürkle

Der Trompeter Thomas Gansch fand mit der Gout Big Band bei einem gemeinsamen Konzert im Kronenzentrum einen kongenialen Partner.

Bereits seit über zwei Jahren laufen die Planungen der Gout Big Band für einen Workshop und ein gemeinsames Konzert mit dem Jazz-Trompeter Thomas Gansch, der sich auch als Mitglied der Bläsergruppe Mnozil Brass einen Namen gemacht hat. Ursprünglich für Februar 2021 in der Kelter vorgesehen, kam es wegen Corona zu Verschiebungen. Gansch hielt in der Pandemie mit Livestreams Kontakt zu seinen Fans, die 20-köpfige Gout Big Band konnte öffentlich nicht auftreten. Umso mehr war die Spannung groß, was für ein Programm die Band und einer der profiliertesten Jazztrompeter Europas am Sonntag im Kronenzentrum für die über 200 Zuschauer zusammengestellt hatten – und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht.

Die Gout Big Band und Gansch setzten Kompositionen des Gründers des Vienna Art Orchestra (VAO), Mathias Rüegg, auf die Setlist. Das VAO wurde 1977 gegründet und löste sich 2010 auf. Immer wieder wechselte die Besetzung des Ensembles, in den 90er Jahren stieß Gansch hinzu. Der Trompeter kehrte in Bietigheimer Kronenzentrum somit zu seinen Jazz-Wurzeln zurück, der mit der Big Band unter Führung von Bandleader Alexander Wolpert einen kongenialen Partner fand.

Ungewöhnliche Klänge

Nach dem Auftakt mit dem „Radetzky Marsch“ setzte Gansch in „Marilyn Monroe Behind The Mirror Of Desire“ einen ersten Glanzpunkt. Für ein Solo – und es sollten noch viele folgen – holte er die Töne aus dem Trompetenhimmel, sorgte für Wechsel im Tempo und mit einem Dämpfer für ungewöhnliche Klänge.

Das folgende „Rockin‘ In Rhythm“ stammt von Duke Ellington und wurde von Rüegg auch neu arrangiert. Die Gout Big Band walzte den Sound wie ein Teppich vor sich aus, während Gansch leichtfüßig über die Bühne tanzte, um den Song dann mit einem Solo aufzubrechen. Die Band sorgte mit einem lauten Akkord für den Nach- und Ausklang.

Der österreichische Solotrompeter schöpfte im Kronenzentrum seine Rolle voll aus. In „Der Wegweiser“ aus Franz Schuberts „Winterreise“ kletterte er mit seiner Trompete mit Leichtigkeit die Tonleiter hinauf und wieder hinab. Schlagzeuger Heinz Morandell begleitete im Mittelteil mit dem Jazzbesen. In der zehnminütigen „Fledermaus-Ouvertüre“ zog die Gout Big Band dann alle Register. Die bearbeite Version zeigte sich verschachtelt, ein schwebendes Orchesterstück mit anschwellenden Klangbahnen, das an Intensität beständig zunahm. Gansch nahm dies wie einen lauen Frühlingswind auf und brach solistisch immer wieder aus. Nach der Pause ging es musikalisch mit „Play It Louder“ zurück in die 70er-Jahre, die Rhythmusgruppe mit Jürgen Werner (Gitarre), Gottlieb Wastl (Bass), Franz Pregler am Piano sowie Alexander Wolpert am Saxophon präsentierten ihre Soli.

Ein wahres Meisterstück

Wolpert lieferte darüber hinaus an diesem Abend mit seinem Saxophon in „Anything Comes – Anything Goes“ ein wahrliches Meisterstück ab. Er trieb die Band an, die Band trieb ihn an, gemeinsam ging es in einem Parforceritt schweißtreibend durch verschiedene Stile und Zeiten. Gansch bezeichnete das anschließende „Csárdás from Ritter Pázmán“ dann als eines seiner Lieblingsstücke. Schon tags zuvor hatte er per Facebook eine kleine Kostprobe davon gegeben. Der Blues „When Vienna Doesn’t Waltz“ sorgte vor dem Finale für ein kurzes Durchatmen, bis man sich verjazzt dem Donauwalzer hingab. Gansch und die Gout Big Band zerlegten die Walzerseligkeit und präsentierten ein wunderbares Stück dynamischer Wendungen, rhythmischer Figuren, völlig befreit von der vorgegebenen Form.

Mit dem „Tango From Obango“ als Zugabe zeigten Gansch als auch die Gout Big Band nochmals ihre große Klasse. Der Trompeter ließ sein Instrument wie ein Mensch wimmern, fluchen und jammern, die Band stieg auf jeden Tempowechsel, egal wie schnell oder langsam, mit ein. Mit Standing Ovations bedankte sich das Publikum.

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