Kreis Ludwigsburg Ärgernis Leerstand

Von Gabriele Szczegulski
Diese leer stehenden, verfallenden Häuser in der Lauffener Straße in Kirchheim gehören bald der Vergangenheit an, dort soll ein ganz neues Wohnquartier entstehen.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Aus den verschiedensten Gründen lassen Hausbesitzer Wohnraum leer stehen. Viele Eingriffsmöglichkeiten haben die Kommunen nicht

Sie sind nicht nur ästhetisch Schandflecke für jeden Ort, sondern in Zeiten von Wohnraummangel auch ein Ärgernis: Leerstehende und dem Zerfall überlassene Gebäude. Vielen kommunalen Verwaltungen sind sie ein Dorn im Auge. Leerstehende Gebäude werden oft nicht einmal wie Baulücken in einem Kataster erfasst. „Wie auch?“, fragt Heike Eckert-Maier, Amtsleiterin des Amtes für Stadtentwicklung, Wohnungsbau und Umwelt im Besigheimer Rathaus. „Natürlich wissen wir laut Grundbuch, wer die Eigentümer sind, aber wir haben keine Handhabe, wenn die nicht vermieten wollen, wollen sie nicht.“

Maßnahmenkatalog

Die Stadt Besigheim sieht das Problem: „Es wird immer schwieriger, den Wohnraumbedarf in der Stadt zu decken, vor allem mit bezahlbarem Wohnraum für die Mittelschicht“, so Eckert-Maier. Deshalb werde der Besigheimer Gemeinderat in einer seiner nächsten Sitzungen über einen Maßnahmenkatalog für die Wohnraumbeschaffung beraten, in dem ein Punkt auch den Leerständen gewidmet ist. „Wenn der Gemeinderat zustimmt, werden wir seitens der Verwaltung auf die Eigentümer zugehen und ihnen anbieten, dass die Stadt die Wohnungen oder Häuser anmietet und sie an Haushalte mittleren Einkommens weitervermieten“, so die Erste Beigeordnete. „Wir wollen schon verstärkt aktiv werden, uns sind einige Gebäude, auch in Ottmarsheim bekannt, die seit Jahren leer stehen“, so Heike Eckert-Maier.

„In Bietigheim-Bissingen gibt es nicht viele Leerstände, die der Verwaltung bekannt sind. Bekannt ist das Mehrfamilienhaus in Bissingen, Marbacher Weg, welches als Neubau seit Jahren leer steht,“ nennt Anette Hochmuth, Leiterin des Presseamtes der Stadt Bietigheim-Bissingen, ein Beispiel. Die Verwaltung habe sich im Kontakt mit der Eigentümerin bemüht, eine Änderung ihrer Entscheidung herbeizuführen, jedoch ohne Erfolg.

Hochmuth nennt ihr bekannte Gründe, warum Eigentümer Häuser und Wohnungen leer stehen lassen: „In der Regel stehen Wohnungen in unserer Stadt dann leer, wenn die Eigentümer sie für konkrete Zwecke, zum Beispiel den späteren Einzug eines Familienmitglieds oder den Verkauf des Hauses freihalten.“

Wenn solche Häuser, so Hochmuth, „für die städtische Entwicklung von Nutzen sein könnten“, dann kaufe die Stadtverwaltung sie, wenn möglich auf, um sie einer neuen Nutzung zuzuführen. Je nach Zustand würden sie dann entweder vermietet, für Unterbringungsfälle genutzt oder abgerissen, um das Areal einer neuen Nutzung zuführen zu können. Ein Beispiel, so Hochmuth, sei das frühere Eckgebäude Forsthausstraße/Schwarzwaldstraße, welches vor einiger Zeit abgerissen wurde. Die Schwarzwaldstraße soll langfristig verbreitert werden, um mehr Raum für die Abwicklung des Verkehrs zu erhalten. Wohnraum entstand dort aber keiner. Bietigheim-Bissingen habe keine Satzung zum Zweckentfremdungsverbot erlassen, „da die Erfahrungen anderer Städte zeigen, dass zu deren Umsetzung sehr viel Personal bei oft nur geringem Erfolg benötigt wird“, so Hochmuth. Allerdings haben in der Region nur Stuttgart und Ingersheim das Zweckentfremdungsverbot eingeführt. Auch die Stadt Besigheim will momentan noch nicht über die Zweckentfremdungssatzung nachdenken, „vielleicht gibt es aber irgendwann kein anderes Mittel, um Wohnraum wieder herzustellen“, so Heike Eckert-Maier.

Die Gemeinde Ingersheim hingegen hat eine Satzung über ein Zweckentfremdungsverbot von Wohnraum erlassen, und zwar schon 2018, so Bürgermeister Volker Godel. Damals geschah das auf einen Antrag im Gemeinderat hin. Die Gemeinde kann auf Verstöße mit Bußgeldverfahren reagieren.

„Leerstände sind für die Kommunen ein großes Ärgernis“, so Godel, der vor allem an mehrere Häuser im Gebiet Brühl II denkt. „Die Eigentümerin meint, dass sie durch Nichtbezug eine Wertsteigerung der Gebäude erreicht“, so Godel. Die Gemeinde sei aber noch nicht gegen die Frau vorgegangen, „weil es in den letzten Wochen Signale gibt, dass sie den Wohnraum doch einer Nutzung zuführt“, sagt der Bürgermeister. Das werde aber nicht endlos hingenommen, sondern dann müssten Maßnahmen aufgrund der Zweckentfremdungsverbotssatzung ergriffen werden. „Das kann schon eine Außenwirkung für andere Eigentümer sein und ist für die Kommune ein Mittel, in beschränktem Maße reagieren zu können“, sagt Volker Godel. In Ingersheim gebe es zu viele Leerstände, so der Rathauschef. „In Zeiten des Mangels an bezahlbarem Wohnraum ein Unding“, so Volker Godel.

Kein Problem in Sachsenheim

Anscheinend kein Problem sind leer stehende Wohnräume für die Stadt Sachsenheim. Laut Mathias Friedrich, Referent von Bürgermeister Holger Albrich, biete sich aus Sicht der Verwaltung den privaten Wohnungsbesitzern genügend Möglichkeiten, ihre leer stehenden Wohnräume zu vermieten oder zu verkaufen, so sie denn wollen. „Somit wird auch in absehbarer Zeit seitens der Verwaltung keine Anstrengung unternommen, private Leerstände zu verwalten oder in eine Vermittlerrolle einzutreten“, so Friedrich.

Das sieht Uwe Seibold, Bürgermeister von Kirchheim ganz anders. An der Besigheimer/Lauffener Straße standen gleich mehrere Häuser leer. Nun ist die Gemeinde dabei, das Quartier durch eine Bebauungsplanänderung neu zu ordnen, ein Investor für das Gebiet „Lauffener Hof“ wurde gefunden. Teilweise werden Häuser saniert, zum Großteil neu gebaut. Und Seibold hat noch mehr Beispiele, „wo wir uns eingebracht haben, um Projekte anzuschieben“: Gegenüber dem Rathaus erwarb die Gemeinde ein Gebäude, nun wird neu gebaut, es entstehen Wohnungen.

29 Wohnungen werden im Gebiet Schiller-/Wilhelmstraße gebaut, auch hier hat die Gemeinde per Bebauungsplan den Weg frei gemacht. „Wir sind dabei, die Leerstände in unserem Ort beträchtlich zu verringern“, so Seibold. Er nennt es seine Aufgabe, Eigentümer davon zu überzeugen, ihr Haus entweder zu verkaufen oder zu sanieren, aber nicht leer stehen zu lassen. „Eine Gemeinde kann nicht einfach zuschauen, wenn es darum geht, Wohnraum zu schaffen. Wir müssen aber auch bereit sein, notfalls ein Gebiet neu zu strukturieren“, so Uwe Seibold.

 
 
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