Kreis Ludwigsburg Das E-Rezept kommt: Was es kann und was Apotheker sagen

Von John Patrick Mikisch
Ab 1. Januar soll das E-Rezept das alte rosa Papierrezept für Kassenpatienten ersetzen. Foto: /Oliver Bürkle

Seit mehr als 20 Jahren doktert die Politik am E-Rezept herum.  Am 1. Januar soll es flächendeckend eingeführt werden.

Gut Ding will Weile habe, sagt das Sprichwort. Demnach müsste die Umsetzung des E-Rezepts geradezu brillant werden. Seit mehr als 20 Jahren wird an dem elektronischen Ersatz für das klassische rosa Kassenrezept gebastelt. Nachdem der Start zuletzt Ende 2022 erneut verschoben werden musste, soll es nun ab kommender Woche flächendeckend eingeführt werden, verpflichtend. Denn die Möglichkeit, E-Rezepte auszustellen, bestand schon seit diesem Juli. Was bedeutet das für die Patienten und wie sind die Apotheken im Kreis auf die Umstellung vorbereitet? Die BZ hat sich umgehört.

Für wen gilt das E-Rezept?

Die Einführung des E-Rezepts ist für alle gesetzlich Versicherten in Deutschland verpflichtend. Auch der Verband der Privaten Krankenversicherungen sprach sich grundsätzlich für das E-Rezept aus. Unklar ist, bis wann es umgesetzt wird und welche Privatversicherungen sich anschließen werden.

Wie funktioniert das E-Rezept?

Das E-Rezept wird in Arztpraxen sowie Krankenhäusern direkt digital erstellt und signiert. Dafür benötigen sie einen elektronischen Heilberufsausweis. Das gilt auch für Apotheker beim späteren Einlösen des Rezepts. Die Rezeptdaten selbst werden auf einem zentralen Server gespeichert, von wo sie abgerufen und bearbeitet werden können. Grundvoraussetzung dafür: Ärzte und Apotheker müssen über einen funktionierenden Anschluss an die Telematikinfrastruktur verfügen. Das sind Datentauschsysteme wie sie ähnlich für den E-Commerce verwendet werden.

Wie wird das E-Rezept eingelöst?

Derzeit gibt es drei Möglichkeiten, das E-Rezept einzulösen. Die einfachste ist die elektronische Gesundheitskarte. Statt in der Apotheke den rosa Rezeptzettel über die Ladentheke zu reichen, gibt man kurz die Gesundheitskarte ab. Sie dient in der Apotheke als digitaler Schlüssel, um die Rezeptdaten von einem Server aus dem Internet abzurufen.

Wer er lieber klassisch auf Papier mag, kann sich beim Arzt auch einen sogenannten Token mit einem QR-Code ausdrucken lassen. Diesen gibt man wie gewohnt bei der Apotheke ab, wo der Code gescannt wird, um die Rezeptdaten aus dem Internet abzurufen.

Wer nicht in die Apotheken gehen kann oder will, kann seine Rezepte künftig auch digital einlösen. Das ist bei Folgerezepten praktisch, da man sich so einen Gang zum Arzt ersparen kann. Dies erfordert jedoch ein Handy, das mit der Nahfunktechnik NFC ausgestattet ist. Bei neueren Modellen ist dies meistens der Fall. Über die E-Rezept-App von Gematik soll man dann Rezepte digital vom Arzt empfangen und an die Apotheke weitergeben können.

Gilt das E-Rezept für alle Verschreibungen?

Nein, vorerst ersetzt es nur das sogenannte rosa Muster-16-Rezept für gesetzlich Krankenversicherte. Für Hilfsmittel, Medikamente, die als Betäubungsmittel eingestuft werden, aber auch Insulinteststreifen für Diabetiker ist derzeit weiterhin das alte Papierrezept nötig. Das gilt auch für Privatrezepte.

Wie finden Apotheker aus dem Kreis das neue E-Rezept?

Die Reaktion auf das neue E-Rezept fällt bei den befragten Apothekern im Kreis durchwachsen aus. „Wir haben uns über ein Jahr darauf vorbereitet“, sagt Regina Schoch-Grimm von der Schloß-Apotheke in Sachsenheim. „Das Einlösen der E-Rezepte klappt in der Regel gut.“ Die machten derzeit fünf Prozent des Rezeptaufkommens aus. Für Kunden sehe sie einen klaren Vorteil darin, dass diese Rezepte per App bestellen können.

Auch Gabriele Melzow hat ihre Apotheke im Buch in Bietigheim-Bissingen bereits 2021 „E-Rezept-ready“ gemacht. Die Einführung sei immer wieder verschoben worden, der Informationsfluss zu den Apotheken schlecht gewesen. „Und dann muss das bis zum 1. Januar plötzlich Schlag auf Schlag gehen“, kritisiert sie. Viele Arztpraxen seien daher noch nicht ausreichend darauf vorbereitet. „Die rufen hier an, um sich Tipps zu holen.“ Für die Patienten funktioniere das E-Rezept in der Praxis jedoch sehr gut. Allerdings dauere es für sie selbst länger, dieses zu bearbeiten. Nach dem Einlesen mit dem Kartenleser oder dem QR-Scanner brauche es bis zu zwölf Sekunden, bis das Rezept auf ihrem Bestellmonitor erscheine. „Das ging vorher deutlich schneller“, sagt Gabriele Melzow. Um den reibungslosen Ablauf gewährleisten zu können, hat sie einen schnellen Glasfaseranschluss bestellt. „Aber was machen die, wo es den einfach nicht gibt?“

Mangelnde Geschwindigkeit kritisiert auch Albert Mäurer von der Apotheke im Breuningerland Ludwigsburg. Nachdem der Arzt das E-Rezept digital signiert habe, könne es teilweise mehrere Stunden dauern, bis die Daten beim zentralen Server auflaufen. „Wenn Sie aber akute Schmerzen haben, wollen Sie Ihr Medikament aber möglichst schnell haben“, sagt Mäurer.

In seiner Apotheke sei die Zahl der E-Rezepte von täglich ein bis drei Prozent im November auf aktuell zehn bis 15 Prozent gestiegen. Nach seiner Einschätzung stellen derzeit noch 90 Prozent der Ärzte Papierrezepte aus. „Ich bin gespannt, was ab 1. Januar passiert“, sagt Mäurer und ob Telematikinfrastruktur einen deutlichen Anstieg der E-Rezeptanfragen verarbeiten kann. „Und dann kommen in den Datenbanken noch die Preisanpassungen bei den verschreibungspflichtigen Medikamenten hinzu“, gibt er zu bedenken.

 
 
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