Kreis Ludwigsburg Kleinbusse sollen ÖPNV verbessern

Von Frank Ruppert
Ähnlich wie dieser Kleinbus sollen die Fahrzeuge für das Pilotprojekt des On-Demand-Verkehrs im Kreis Ludwigsburg aussehen. Foto: Clevershuttle

Ein Pilotprojekt zum „On-Demand-Verkehr“ startet voraussichtlich im kommenden Jahr in Bietigheim-Bissingen und fünf anderen Kommunen. Per App oder Anruf können dann Kleinbusse bestellt werden, wenn kein Linienbus in Sicht ist. Alles im Rahmen des VVS-Tickets.

Um Lücken im ÖPNV abzudecken, hat der Kreistagsausschuss für Umwelt und Technik am Mittwoch beschlossen, ein Pilotprojekt zu starten. Von 2023 bis 2026 will man in einigen Kommunen einen sogenannten On-Demand-Verkehr testen.

Was ist On-Demand-Verkehr?

Dabei handelt es sich um eine Art Shuttleservice für mehrere Personen. Der Fahrgast äußert seinen Fahrtwunsch online oder per Telefon, gibt seinen Standort an und bucht die Fahrt. Das Shuttle-Fahrzeug – in der Regel ein Kleinbus oder ein Auto – holt ihn ab und bringt ihn unabhängig von Haltestellen und Fahrplänen flexibel zu seinem Ziel. Die Fahrten werden nur nach Bedarf durchgeführt, und die Fahrtwünsche mehrerer Nutzer können durch eine spezielle Buchungsplattform gebündelt werden. In Stuttgart hat die SSB bereits seit 2018 ein solches Angebot. 19 Fahrzeuge sind dort vor allem abends und nachts im Einsatz. Monatlich nutzen es 3500 Fahrgäste laut SSB.

Welche Kommunen sind dabei?

In Besigheim, Kirchheim, Walheim, Gemmrigheim, Bietigheim-Bissingen und Tamm soll getestet werden. Dabei soll sich das Angebot jeweils unterscheiden. In Besigheim, Kirchheim, Walheim sowie Gemmrigheim soll es ein tägliches Verkehrsangebot geben. Von Montag bis Freitag, 6 bis 19 Uhr, soll dort der Service angeboten werden. Im Wochenendverkehr sind die Betriebszeiten von 8 bis 17 Uhr vorgesehen.

In Gemmrigheim soll darüber hinaus im Bereich Amselweg/Niedere Klinge am Wochenende die Linie 573 durch den On-Demand-Verkehr ersetzt werden. In Bietigheim-Bissingen und Tamm ist das neue Angebot derzeit für den Nachtverkehr von 22 bis 5 Uhr in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag sowie vor Feiertagen vorgesehen.

Warum wurden gerade diese Städte und Gemeinden ausgewählt?

„Besigheim, Kirchheim und Walheim sowie der Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) sind seit Beginn der Überlegungen zur Umsetzung eines Pilotprojekts beteiligt. Hier haben bereits im letzten Jahr Gespräche stattgefunden. Alle Beteiligten begrüßen und unterstützen weiterhin die Umsetzung des Pilotprojekts“, erklärt die Kreisverwaltung in der Beschlussvorlage.

Schon vergangenes Jahr wollte man ein Pilotprojekt starten, erhielt aber keine Förderung und überarbeitete daraufhin das Konzept unter der Vorgabe, die Fahrzeuge noch effizienter einsetzen zu können. Gemmrigheim wurde zusätzlich ausgewählt, weil die Verknüpfung am Neckar mit den anderen Gemeinden gut möglich sei und die Situation vor Ort mit dem aktuellen ÖPNV-Angebot gut passe. Die Städte Bietigheim-Bissingen und Tamm eignen sich für ein Pilotprojekt, das den Nachtverkehr ergänzen soll. Die Stadt Bietigheim-Bissingen hat ein eigenes Nachtleben und weist somit hohe Fahrgastpotenziale vor. Die Nachtbuslinien (N52, N56, N57 und N58) in Bietigheim-Bissingen decken nur die S-Bahn-Ankünfte ab. Die Regionalzüge haben keine direkte Anbindung an die Nachtbuslinien.

In Tamm verkehrt nachts bisher nur die S-Bahn. Für die entfernt gelegenen Wohngebiete wie Hohenstange gebe es somit in den nächtlichen Stunden kein attraktives Angebot. Laut Kreisverwaltung hätten auch mit den Vertretern Tamms und Bietigheim-Bissingens schon erste Gespräche stattgefunden und dort begrüße man das Pilotprojekt.

Was kostet das Projekt?

Die Kreisverwaltung rechnet für die vier Jahre mit Kosten über etwa 2,18 Millionen Euro. Mit einer Förderung rechnet man bei der Kreisverwaltung nicht, wie Axel Meier, Fachbereichsleiter Verkehr, dem Ausschuss erklärte. „Wir sehen das Projekt aber als so wichtig an, dass wir es auch ohne Förderung machen wollen“, erklärte er. Die Betriebskosten sollen hälftig von den Gemeinden übernommen werden. Für Meier ist das Projekt deshalb so wichtig, weil sich daraus Lehren ableiten ließen für die zukünftige Ausschreibung des ÖPNV. Man könne dann On-Demand-Verkehre mitvergeben.

Was sagen die Politiker?

Im Ausschuss war das Gros der Wortmeldungen positiv, auch wenn bedauert wurde, dass eine Förderung nicht klappte. Gefragt wurde auch, ob das Taxi-Gewerbe nicht Sturm laufe gegen solche Angebote, warum die Förderung nicht zustande kam und ob die Zeiten des Angebots ausgeweitet werden könnten. Meier erklärte, dass die Förderung vor allem für ländliche Gebiete mit einem schlechten ÖPNV-Angebot gedacht seien und insgesamt nur wenige Projekte gefördert werden.

Eine Angebotserweiterung sei möglich, die genaue Abstimmung mit den Gemeinden erfolge noch, aber man wolle nun zuerst mit den Zeiten starten. Meier erklärte auch, dass das Taxi-Gewerbe kein Interesse an der Übernahme des On-Demand-Verkehrs gezeigt habe. Zudem gebe es Erfahrungswerte aus anderen Regionen, wo eine solches Angebot praktisch keine Auswirkungen auf die Taxi-Unternehmen hatte.

Wie läuft die Umsetzung?

Als nächsten Schritt will das Landratsamt die Zustimmung der Gemeinden zur Mitfinanzierung einholen. Über die Friedrich Müller Omnibusunternehmen (FMO) und die Firma Clevershuttle sollen zwei E-Fahrzeuge (barrierefreie Kleinbusse) für den Regelbetrieb bereitgehalten werden. Im Kreishaus rechnet man mit dem Start im zweiten Quartal 2023.

Wie funktioniert das System für die Fahrgäste?

Für die Nutzung des On-Demand-Verkehrs soll der VVS-Tarif gelten. Alle Fahrgäste, die bereits einen gültigen Fahrschein für die Tarifzone des On-Demand-Verkehrs besitzen, können dann mit dem On-Demand-Verkehr ohne Zuschlag fahren.

Geplant ist ein sogenannter freier Flächenverkehr ohne festen Fahrplan und ohne feste Haltestellen (virtuelle Haltestellen).Die Fahrt soll sowohl per App als auch telefonisch buchbar sein, um auch der älteren Generation einen Zugang zu ermöglichen. Ein Callcenter soll die telefonische Buchung entgegennehmen. Es soll geringe Vorlaufzeiten für die Buchung geben, sodass der Fahrgast eine Fahrt auch spontan antreten kann, wenn das Fahrzeug noch nicht ausgebucht und in der Nähe ist.

 
 
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