Kreis Ludwigsburg Leuchttürme für den Klimaschutz

Von Jörg Palitzsch
Ludwigsburg Neujahrsempfang des Landkreises im Reithaus (von links): Landrat Dietmar Allaier (Vierter von rechts) hatte Arved Fuchs (Dritter vor rechts) als Festredner eingeladen. Prof. Claus König (rechts) wurde mit der Eberhard-Ludwig-Verdienstmedaille ausgezeichnet. Foto: /Martin Kalb

Der Polarforscher Arved Fuchs lobt beim Neujahrsempfang des Kreises die Anstrengungen für den Klimaschutz auf lokaler Ebene.

Mit eindringlichen Worten warnte der Klimaschützer, Polar- und Meeresforscher Arved Fuchs beim Neujahrsempfang des Landkreises vor den Folgen des Klimawandels, den man „noch nicht im Griff“ habe. Man habe damit zwar ein Problem, könne es aber lösen, sagte er vor rund 400 Gästen, die sich am Freitag im Ludwigsburger Reithaus versammelt hatten. Fuchs betonte, man müsse etwas bewegen – im Großen wie im Kleinen. Deshalb sei Landrat Dietmar Allgaier mit seinen Bemühungen auch auf dem richtigen Weg.

Klimaneutrale Kreisverwaltung

Der hatte nach einer musikalischen Einstimmung des Querflötentrios der Musikschule Korntal-Münchingen den Klimaschutz zum Schwerpunkt des neuen Jahres ausgerufen. Schließlich sei Klimaschutz schon längst keine Frage mehr des „Ob“, sondern des „Wie“. Ziel sei die Klimaneutralität der Kreisverwaltung bis 2035. Fünf Jahre früher als ursprünglich geplant, weil das, was man von den Bürgerinnen und Bürgern verlange, zum Maßstab des eigenen Handelns machen wolle. Allgaier kündigte an, im ersten Halbjahr 2024 werde der erste Klima- und Energiebericht im Ausschuss für Umwelt und Technik vorgestellt. Als neue Maßnahme soll das Projekt „Energiesparmodelle an Schulen“ verstetigt werden, um die junge Generation für den Klimawandel zu sensibilisieren.

Ein Höhepunkt werde das Klimaforum „Partnerships for climate action“ vom 6. bis 8. März sein, wo man an drei Tagen Kommunalpraxis, Wissenschaft, Politik und weitere Akteure in puncto Klimaschutz und Klimaanpassung zusammenbringen werde, unter Beteiligung internationaler Partnerschaften. Für Arved Fuchs alles Leuchtturmprojekte mit einer Strahlkraft über die Region hinaus.

Naturschützer ausgezeichnet

Mit Professor Dr. Claus König wurde von Allgaier dann ein Naturschützer mit der Eberhard-Ludwig-Verdienstmedaille geehrt, die höchsten Auszeichnung, die der Landkreis Ludwigsburg zu vergeben hat. König habe beharrlich über Jahrzehnte hinweg auf die vielen Bedrohungen der heimischen Natur aufmerksam gemacht und in den vergangenen Jahren verfolgt und dokumentiert, wie sich der Klimawandel auf die Fauna und Flora sowie das ganze Ökosysteme auswirke, so Allgaier in seiner Laudatio. Als ein Beispiel nannte er die Baggerseen in Pleidelsheim, wo hoch bedrohte Vogelarten einen letzten Überlebensraum gefunden haben. Dazu musste König jedoch erst den Pleidelsheimer Gemeinderat überzeugen, ursprünglich sollten die Seen im Wiesental zugeschüttet werden. König sagte, er nehme die Auszeichnung stellvertretend für viele andere Menschen entgegen, die im Naturschutz tätig seien, „allein kann man so etwas nicht bewirken.“

Arved Fuchs warnt

Arved Fuchs machte in seinem Vortrag dann am Beispiel der Arktis deutlich, wie schnell der Klimawandel voranschreitet. So verliere der Nordpol jedes Jahr das vierfache an Fläche, so groß wie die Bundesrepublik. Modellrechnungen zeigen, dass die Arktis Mitte des Jahrhunderts eisfrei sein könnte, wenn kein ausreichender Klimaschutz betrieben werde. Fuchs machte deutlich, dass die Erde den arktischen Schutzschild verliert. Das Eis hilft normalerweise beim Kühlen des Planeten, indem es das Sonnenlicht reflektiert und den arktischen Ozean davon abhält, die Wärme zu absorbieren. Wenn das Sommereis der Arktis allerdings nicht mehr da ist, könnten Grönlands Gletscher noch stärker zum Anstieg des Meeresspiegels beitragen und die Permafrostgebiete ihre gespeicherten Treibhausgase wie Methan freigeben. „Die Arktis ist das Epizentrum des Klimawandels“, so der Polarforscher.

Wie weit es schon gekommen sei, zeige ein Kreuzfahrtschiff, das die berühmte Nordwestpassage auf einem inzwischen eisfreien Nordpolarmeer durchfahren habe. Und auch das Expeditionsschiff „Polarstern“ habe den Nordpol auf einer eisfreien Strecke erreicht. Fuchs sprach im Reithaus von sogenannten „Kipppunkten“, die auch von Forschern und Wissenschaftlern kontrovers diskutiert werden. Sie bezeichnen unter anderem einen Zustand, bei dem Änderungen aufgrund des Klimawandels unumkehrbar sind. „Eine funktionierende Weltgemeinschaft braucht eine lebendige Natur“, forderte deshalb Arved Fuchs.

Appell an Minister
In seiner Rede sprach Landrat Dietmar Allgaier auch das Thema „Zentrales Kreisklinikum“ an. Ob ein solches komme, könne er zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Allgaier verwies auf das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie, die im Herbst vorliege und die bewerte, welcher Weg sowohl finanziell als auch medizinisch der beste sei. „Die Kliniken stehen an allen Standorten vor großen und richtungsweisenden Investitionen und Veränderungen. Die Gesundheitsversorgung ist für uns als öffentlicher Träger der Kliniken ein wichtiger Bestandteil der Daseinsvorsorge“, betonte der Landrat. Deshalb könne man nur immer wieder an den Bundesgesundheitsminister und die Länderchefs appellieren, die Problemstellungen, „die uns so enorm in der Luft hängen lassen“, unverzüglich anzugehen.

 
 
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