Kreis Ludwigsburg Rathäuser häufig unterbesetzt

Von Frank Ruppert
Das Bürgerbüro in Bietigheim. Die Stadt will Verwaltungsverfahren digitalisieren. Foto: /Oliver Bürkle

Vor allem kleinere Kommunen tun sich zunehmend schwer, Personal für ihre Verwaltungen zu finden. Nicht selten sind zentrale Posten in den Rathäusern mehrere Monate nicht besetzt. Es fehlt an geeigneten Bewerbern. Bürger spüren das durch längere Bearbeitungszeiten und eingeschränkte Serviceleistungen.

Ein dreiviertel Jahr lang musste man in Gemmrigheim nach einem neuen Kämmerer suchen, erst im zweiten Anlauf konnte jemand gefunden werden. In Sachsenheim hat man für die Stelle des Fachbereichsleiters Stadtentwicklung und Nachhaltigkeit lange gesucht und dann eine 50-Prozent-Stellen-Lösung gefunden, weil sich kein anderer tauglicher Bewerber gemeldet hat.

Gemmrigheim und Sachsenheim sind in Deutschland und dem Landkreis keineswegs Ausnahmeerscheinungen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund erwartet bis zum Jahr 2030 allein im öffentlichen Sektor mehr als 800 000 fehlende Arbeitskräfte, nicht nur Ingenieure oder IT-Spezialisten fehlen. „Die Folgen sind heute bereits erkennbar: In vielen Verwaltungen bleiben Anträge länger unbearbeitet, Planungsverfahren verzögern sich und mancherorts wurden beispielsweise die Öffnungszeiten der Schwimmbäder eingeschränkt“, so der Städte- und Gemeindebund.

Digitalisierung als Antwort

Auch im Kreis sind die Probleme bekannt. So sagte unlängst Bietigheim-Bissingens Oberbürgermeister Jürgen Kessing dieser Zeitung, dass der Personalmangel im Öffentlichen Dienst auch eine Chance sein könnte, künftig Bürokratie abzubauen.

Bei der Stadt gibt es nach Auskunft des Presseamts 75 unbesetzte Stellen, von insgesamt 750. Nur ein Teil der unbesetzten Stellen ist tatsächlich in der direkten Verwaltung, viele im Kita-Bereich. „Die Bewerbersituation ist im Verwaltungsbereich ordentlich, schwierig sind insbesondere die Stellenbesetzungen im Kita-Bereich, bei Bauhof/Stadtgärtnerei und im IT-Bereich. Wo Sachbearbeiter beziehungsweise Fachkräfte fehlen, gibt es Rückstau in der Bearbeitung von Anliegen der Bürger“, sagt Bietigheim-Bissingens Pressesprecherin Anette Hochmuth. Im Verwaltungsbereich arbeite die Stadt an der Digitalisierung von Verwaltungsverfahren, in der Hoffnung auf schnellere Abläufe.

Dass der Fachkräftemangel kleinere Kommunen stärker trifft als etwa die Große Kreisstadt zeigen die Beispiele aus Gemmrigheim und Sachsenheim. Aber auch Bönnigheim und Ingersheim können ein Lied vom schwierigen Arbeitsmarkt singen. Ingersheims Bürgermeisterin Simone Lehnert berichtet etwa davon, dass im Bauamt eine Leitungsposition ein Jahr unbesetzt war. „Im Bereich der Kernverwaltung kommen kaum Bewerbungen von Fachkräften, eher Quereinsteiger, die häufig nicht über die erforderliche Qualifikation verfügen“, sagt Lehnert.

Kleine Kommunen trifft es hart

Gerade in kleinen Teams – im Ingersheimer Rathaus arbeiten nur 25 Menschen – ist fehlendes Personal schwer zu verdauen, wie Lehnert erklärt. Das habe zur Folge, dass es länger dauere bis Anträge bearbeitet werden, und sogar zeitweise Einschränkungen der Öffnungszeiten sind möglich. Gleichzeitig ist es der Bürgermeisterin wichtig, den Bürgerservice nicht weiter zu beschneiden.

In Bönnigheim ist die Situation derzeit vergleichsweise entspannt, denn es gibt in der Verwaltung keine offenen Stellen. Aber auch in der Ganerbenstadt merkt man bei Ausschreibungen, dass sehr wenige Bewerbungen hereinkommen. „Das Problem ist, dass wir kleinere Kommunen von den großen Kommunen mittlerweile die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgeworben bekommen mit höherer Eingruppierung oder anderer Aufgabenabgrenzung. Diese Spirale ist unsäglich“, sagt Bürgermeister Albrecht Dautel.

Der Schultes möchte dem Problem vor allem mit Digitalisierung begegnen, aber das bedeute zunächst einen Mehraufwand und höheren Personaleinsatz. Wie in Ingersheim versucht man in Bönnigheim als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Zudem müssten Aufgaben der Verwaltung reduziert werden sagt Dautel und fügt an: „Und vor allem hilft nur entbürokratisieren und Vorschriften zu reduzieren. Derzeit schnaufen wir schon schwer, mittelfristig ersticken wir an unserer Bürokratie.“

In Sachsenheim sieht man in der Verwaltung trotz der Schwierigkeiten, einen Fachbereichsleiter zu finden, keine großen Probleme, geeignete Bewerber zu finden. „Es gibt immer wieder Bewerberinnen und Bewerber, die das in der Stellenausschreibung skizzierte Anforderungsprofil weiter interpretieren als es von uns beabsichtigt ist“, erklärt Bürgermeister Holger Albrich jedoch. Auch räumt er ein, dass wegen Vakanzen vereinzelt Öffnungszeiten eingeschränkt werden müssen.

Quereinsteiger als Chance

Im Gemmrigheim freut sich Bürgermeister Jörg Frauhammer, mit Alexander Weiser seit Anfang des Jahres einen neuen Kämmerer zu haben. Die Zeit der Vakanz sei nur durch den hervorragenden Einsatz des Teams zu stemmen gewesen. Weiser selbst nennt sich einen Exoten. „Ich habe vorher beim Zoll gearbeitet“, sagt der 47-Jährige. Nicht wenige sehen in solchen Quereinsteigern eine Chance für kleinere Gemeinden. Für Weiser war es bislang die richtige Entscheidung, auch wenn der Aufwand in der Einarbeitung nicht zu unterschätzen sei.

 
 
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