Kreis Ludwigsburg Vogelgrippe: Wie lange dürfen Hühner noch frei herumlaufen?

Von Frank Ruppert
So frei können sich Hühner unter anderem beim Geflügelhof Kurz bewegen. Obwohl dies zentraler Punkt seiner Haltungsphilosophie ist, spricht sich Matthias Kurz nun für eine Stallpflicht aus. Foto: Matthias Kurz

Noch sind keine Fälle von Vogelgrippe im Kreis Ludwigsburg bekannt. Zuletzt machten aber Fälle in Stuttgart Schlagzeilen. Deshalb machen sich auch Geflügelhalter im Kreis Gedanken über eine drohende Stallpflicht. Mancher fordert sie sogar.

Die Vogelgrippe grassiert in der Region. In Stuttgart gilt ab Sonntag eine Stallpflicht für Geflügel, nachdem dort mehrere mit dem Virus infizierte Wildtiere gefunden wurden. Der Geflügelwirtschaftsverband Baden-Württemberg fordert von Agrarminister Peter Hauk (CDU) eine landesweite Stallpflicht zu verordnen, um die Nutztiere vor Ansteckungen mit dem aggressiven Virus zu schützen. Das Landwirtschaftsministerium sieht bisher von einer landesweiten Stallpflicht ab, wie ein Sprecher am Donnerstag mitteilte. Die Ausbrüche bezögen sich derzeit noch auf bestimmte Regionen und seien noch nicht landesweit festgestellt worden.

Keine nachgewiesenen Fälle

Im Landkreis Ludwigsburg gilt (noch) keine Stallpflicht. Laut Landratsamt gibt es aktuell keine nachgewiesenen Fälle von Geflügelpest bei Wildvögeln. Da Wildvögel größere Strecken zurücklegen und der Landkreis Ludwigsburg mit dem Neckar auch ein Standort für Wasservögel darstellt, besteht ein Risiko, dass auch im Landkreis Ludwigsburg Fälle auftreten. Aufgrund dessen erfolge ein verstärktes Geflügelpest-Monitoring von verendet aufgefundenen Wildvögeln (Wasservögel, Möwen, Elstern, Krähen, Reiher, Greifvögel). „Das bedeutet, dass verendet gefundene Wildvögel beprobt werden, um einen Eintrag schnell zu erkennen. Ein nachgewiesener Fall ist bis jetzt jedoch noch nicht aufgetreten. Sofern Fälle im Landkreis auftreten, wird die Aufstallungspflicht geprüft“, teilt das Landratsamt mit.

1316 Geflügelbestände gibt es im Landkreis. Seit Ende Januar müssen wegen der aktuellen Situation auch kleinere Haltungen besondere Sicherheitsmaßnahmen einhalten: Sicherung der Stalleingänge gegen unbefugtes Betreten, das Tragen von Schutzkleidung durch betriebsfremde Personen sowie die Einhaltung von Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen und die Meldung von Krankheitserscheinungen.

Freilandeier trotz Stallpflicht

Geflügelhalter im Landkreis sehen die Situation mit gemischten Gefühlen. Für Thomas Häberle, der bei seinem Talhof in Erligheim neben dem Obstbau auch rund 900 Hühner hält, ist die Gefahr durch die Vogelgrippe ein Risiko mit dem man eben umgehen müsse.

Komme eine Aufstallungspflicht, sei das für ihn kein Problem, denn Platz genug habe er für seine sonst frei laufenden Hühner im Stall. Bei einer gesetzlichen Aufstallungspflicht dürften die Eier zudem noch 16 Wochen als Freilandeier verkauft werden.

Auch beim Geflügelhof Grau in Sersheim sieht man die Angelegenheit entspannt. Die Schwerpunkte des landwirtschaftlichen Betriebes von Familie Grau sind die Hähnchenmast und der Ackerbau. Die Hühner seien ohnehin immer im Stall, heißt es von Seite der Hofinhaber.

Ganz anders sieht die Sache bei Geflügelhof Kurz im Kirbachtal aus. „Für uns als landwirtschaftlichen Familienbetrieb wäre ein Vogelgrippefall existenzgefährdend“, sagt Matthias Kurz. Auf dem Geflügelhof und dem Bromberghof hält er rund 20 000 Hühner, größtenteils mit viel Auslauf. Das Risiko durch die Vogelgrippe sei so hoch wie seit langem nicht mehr, sagt Kurz: „Um uns herum kommen die Einschläge näher, das Virus ist also eindeutig in der Wildvogel-Population verbreitet.“

Das ganze Jahr 2022 sei europaweit extrem von Vogelgrippefällen geplagt, untypisch auch über den ganzen Sommer. Europaweit wurden Millionen Geflügel getötet, von der Legehenne übers Masthuhn bis zur Ente oder Gans. Das habe auch am Markt immer wieder zu Spannungen und Engpässen geführt.

Auslauf im Wintergarten

Kurz ist deshalb für eine bis Ende März begrenzte Stallpflicht, denn „in den Niederlanden sind alle Hühner schon lange im Stall und in der Schweiz offensichtlich nun auch“. Die Folgen seien natürlich Einschränkungen für die Tiere und deren Auslauf, aber Kurz sagt auch, dass alle landwirtschaftlichen Geflügelhalter neben dem Warmstall einen zusätzlichen Wintergarten für die Hühner haben. Dieser sei wildvogeldicht und so könnten die Tiere trotzdem Frischluft schnuppern und Scharren, Picken und Herumflattern.

Wie Kurz sieht auch Rainer Oexle, der in Bietigheim etwa 950 Hühner in Freilandhaltung hat, eine große Herausforderung bei der Stallpflicht darin, die Tiere zu beschäftigen. „Hühner können sehr destruktiv werden, wenn sie sich nicht so beschäftigen können, wie sie es gewohnt sind“, erklärt Oexle, der seine Mobilställe unter dem Namen „Christians Freilandeier“ betreibt. Kurz sorgt in den ohnehin schon größeren Wintergärten mit Picksteinen, Heunetzen, Luzerneballen, Strohballen und Langstroheinstreu für Beschäftigung.

Oexle weist auch darauf hin, dass eine Stallpflicht ein scharfes Mittel sei, sich die Frage aber stelle, wie lange sie gelte und ob dadurch die Ausbreitung der Krankheit verhindert werden könne: „Wildvögel können Sie nun einmal nicht kontrollieren.“

Bei allen Geflügelhaltern spielt auch die Sorge um die Tiere in die Abwägung mit hinein. Zwar gehe es um wirtschaftliche Werte, wie Matthias Kurz sagt, aber vor allem habe man eine Verbindung zu seinen Tieren. Und wenn in einem Betrieb Vogelgrippe vorkomme, müssten alle Tiere gekeult werden.

 
 
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