Lokalsport Auch John Patricks Bluff hilft nicht

Von Sebastian Klaus
Ludwigsburgs Oscar da Silva (am Ball) machte nach seiner Einwechslung viel Dampf. Hier versucht sich der gebürtige Münchener im Duell mit Bayern Münchens Vladimir Lucic. ⇥ Foto: Marcel Engelbrecht/Eibner

Der Ludwigsburger Trainer verschleiert beim 78:81 in München den Ausfall von Jordan Hulls so lange wie möglich. Auch im womöglich entscheidenden vierten Spiel könnte der Spielmacher fehlen.

Einen Mann wie John Patrick kann man sich auch sehr gut am Pokertisch vorstellen. Stets in der Halle elegant gekleidet und zudem ein Gesicht, dass sich nur sehr schwer lesen lässt. Perfekte Voraussetzungen also für einen Abstecher nach Vegas. Am Mittwochabend hatte sich der Trainer der MHP Riesen Ludwigsburg vor dem dritten Halbfinalspiel seiner Truppe gegen den gastgebenden FC Bayern München nicht nur nicht in die Karten schauen lassen, der 53-Jährige versuchte sogar einen hemmungslosen Bluff.

Patrick hatte seinen angeschlagenen Spielmacher Jordan Hulls nicht nur nach München mitgenommen, sondern auch zum Aufwärmen im Audi Dome, der in die Jahre gekommenen ehemaligen Rudi-Sedlmayer-Halle, aufs Spinning Bike gesetzt – gut sichtbar für den Gegner. Dabei hatte der Trainerfuchs bereits seit Mittag gewusst, das sein Shooter Hulls nicht würde spielen können. Kurz nach der Halbzeit des ersten Halbfinals hatte sich der 31-jährige Routinier an der Wade verletzt und war vom Feld gehumpelt. Zwar hatte sich Hulls in der zweiten Begegnung mehr schlecht als recht durchs Spiel geschleppt und in 16 Minuten Einsatzzeit drei Punkte erzielt, doch auch da war schon augenscheinlich, dass es beim Point Guard der Ludwigsburger nicht wirklich rund lief. Doch das musste der Gegner ja nicht unbedingt wissen. Deshalb die Hulls-Attrappe auf dem Fahrrad. Erst eine Dreiviertelstunde vor Spielbeginn löste Patrick den Bluff auf – notgedrungen, weil der Trainer den Kader nominieren musste. Doch es kommt noch besser. Denn bereits am Dienstag hatte Patricks Co-Trainer David McCray im Podcast „Abteilung Basketball“ ausgeplaudert, dass Hulls zwar nicht bei 100 Prozent sei, dem Team jedoch zur Verfügung stehe.

Für Hulls rückte Andrew Warren in den Kader. Doch der zeitgleich mit seinem Landsmann Hulls im Oktober letzten Jahres verpflichtete 33-Jährige konnte dem Spiel seinen Stempel nicht aufdrücken. Null Punkte in knapp sechs Minuten auf dem Parkett lautete die magere Ausbeute bei der bitteren 78:81-Pleite, die die Riesen in Spiel vier am heutigen Freitag (20.30 Uhr) erneut im Münchener Audi Dome mächtig unter Zugzwang setzt. Denn bei einer weiteren Niederlage stünden die Bayern im Finale und könnten dort nach 2018 das bereits zweite Double der Vereinsgeschichte eintüten.

MVP Smith ragt heraus

Um das Wunder von der Isar aber auch tatsächlich stemmen zu können, müssen die Riesen allerdings wieder kollektiv an ihre Bestleistungen anknüpfen. Bei der jüngsten Krimi-Niederlage stachen zwar MVP Jaleen Smith mit 29 Punkten, der einmal mehr großartige Jonah Radebaugh mit vier Dreiern aus vier Versuchen und insgesamt 18 Punkten sowie Oscar Da Silva (8) in seiner Heimatstadt heraus, doch Spieler wie Barry Brown Jr. oder Yorman Polas Bartolo waren gegen müde Bayern zumindest offensiv weit unter ihren Möglichkeiten geblieben. „Wir haben alles gegeben, brauchen von einigen Leuten aber etwas mehr“, sprach Patrick das Thema in der Pressekonferenz nach dem Spiel auch gleich an.

Konstant gute Leistungen seiner Schützlinge sollen auch so etwas wie eine Wiederholung des 13:0-Laufs der Münchener im drittel Viertel verhindern, der den Riesen letztlich den wichtigen Auswärtssieg kostete. Denn gerade gegen Ende der Partie hatte sich die eindrucksvolle Bank des Münchener Starensembles ausgezahlt, von der immer wieder Qualität auf die Platte nachgeliefert worden war. Qualitäten, über die bei den Ludwigsburgern auch Jordan Hulls verfügt. Doch ob der 31-Jährige beim vierten Aufeinandertreffen wieder mitwirken kann, dürfte auch dieses Mal bis 45 Minuten vor Spielbeginn ein Mysterium bleiben. Denn wie gesagt, John Patrick lässt sich nicht gerne in die Karten gucken.

 
 
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