Lokalsport Riesen feiern nach knapper Niederlage

Von Andreas Eberle
Marcos Knight war im zweiten Viertelfinalduell gegen den FC Bayern mit 20 Punkten der Ludwigsburger Topscorer. Hier wird der 30-jährige US-Amerikaner von Leon Radosevic verfolgt. ⇥ Foto: via www.imago-images.de

Ludwigsburg zieht trotz eines 73:74 gegen Bayern München ins Halbfinale ein. Das Vier-Punkte-Polster aus dem ersten Viertelfinalduell reicht. Knight und Smith reißen das Ruder noch herum.

Schon vor dem zweiten Viertelfinalspiel gegen München legte John Patrick demonstratives Selbstbewusstsein an den Tag. „Ich glaube, wir sind besser als Bayern. Wir haben die bessere Team-Moral, unsere Einstellung ist besser – und wir sind schneller. Die sind größer, die haben die größeren Namen. Aber auf dem Feld ist das egal: Da ist es Fünf gegen Fünf“, hatte der Trainer der MHP Riesen Ludwigsburg dem verblüfften Reporter von Magenta Sport ins Mikrofon diktiert. Schließlich gilt Patrick in der Szene eher als zurückhaltender Zeitgenosse denn als Kraftmeier.

Ulm ist der Gegner im Halbfinale

Tatsächlich sollte der 52-Jährige mit seiner forschen Ansage recht behalten. Obwohl sein Team die erste Hälfte versemmelte und bereits mit neun Zählern hinten lag, gab es noch ein Happy End für die Mannen in Gelb: Nach dem 87:83-Sieg vom Mittwoch verlor Ludwigsburg das Rückspiel zwar mit 73:74, erreichte aber nach Addition der zwei Ergebnisse mit einen hauchdünnen Vorsprung von drei Punkten trotzdem das Halbfinale. Dort treffen die Korbjäger aus der Barockstadt nun am Sonntag (15 Uhr) und am Dienstag (20.30 Uhr) auf Frankfurt-Bezwinger Ratiopharm Ulm. Für den Titelverteidiger und Gastgeber aus München ist dagegen Endstation – und das gilt wohl auch für Trainer Oliver Kostic, dessen Tage an der Isar nach dem enttäuschenden Turnierverlauf gezählt sein dürften.

Zwei US-amerikanische Riesen spielten am Freitag im Audi-Dome ganz groß auf: Marcos Knight verbuchte ein Double-Double – das 1,88 Meter große Kraftpaket war mit 20 Punkten nicht nur der Topscorer der Partie, sondern sammelte auch noch zehn Abpraller ein. Und Aufbauspieler Jaleen Smith glänzte mit 18 Zählern und brachte seine Mannschaft immer in den entscheidenden Momenten wieder heran. Da war es zu verschmerzen, dass die Leistungsträger Thomas Wimbush (10 Punkte) und Nick Weiler-Babb (5) nicht wie gewohnt auf Touren kamen. Hans Brase, im Hinspiel noch Ludwigsburgs fleißigster Punktesammler, fiel sogar mit einer Knieverletzung komplett aus.

Gerade die Schlussphase war ein Nervenkrimi und bot für die Fans beider Klubs Anlass zum Fingernägelkauen. Noch in der letzten Sekunde feuerte Münchens Vladimir Lucic einen Dreierversuch ab, der den Korb knapp verfehlte. Hätte der Serbe zum 77:73 getroffen, wäre die Partie in die Verlängerung gegangen. „Das Spiel war gut, tough und spannend – so wie ein Playoffduell sein soll. Aber wenn du deine Chancen nicht nutzt, verlierst du“, stellte Bayern-Coach Kostic zerknirscht fest. Sein Ludwigsburger Kollege war dagegen selig. „Ich könnte nicht stolzer sein“, sagte Patrick nach dem packenden, aber keineswegs hochklassigen Duell. Stolz konnte er vor allem auch auf seine Youngsters sein: Trainer-Sohn Jacob Patrick (16), Lukas Herzog (18) und Radii Caisin (19) erhielten jede Menge Einsatzzeit – erstaunlich für eine Begegnung, in der so viel auf dem Spiel steht. „Die waren gut im Training, sind fit und haben die ganze Saison mit uns trainiert“, begründete Patrick sein Vertrauen in die Jungspunde.

Für sein Team lief zunächst allerdings nur wenig zusammen. Die Anfangsphase war bis zum Stand von 9:7 (6.) noch passabel. Doch vorne klemmte es fortan bis zur Pause gewaltig. Die Riesen kamen auf eine unterdurchschnittliche Trefferquote aus dem Feld von 35 Prozent und versenkten nur zwei ihrer zwölf Dreier – die beiden erfolgreichen Distanzwürfe gingen auf das Konto von Knight. Zum Vergleich: Die stark beginnenden Münchner trafen 56 Prozent ihrer Würfe aus dem Spiel heraus und hatten immerhin sechs Dreier in ihrem Halbzeit-Zeugnis stehen.

Nach dem ersten Viertel führten die Bayern verdient mit 23:18, zur Pause mit 46:35. Damit hatten sie den Rückstand aus Spiel eins mehr als wettgemacht – und die Riesen waren zu diesem Zeitpunkt draußen.

„WoBo“ vergibt zehn Freiwürfe

Angetrieben von Smith und Knight schlugen die Schwaben in der zweiten Hälfte zurück. Mit ihrem typisch aggressiven Spiel und harter Verteidigung kauften sie den FCB-Stars einmal mehr den Schneid ab und glaubten wieder an sich. Die Münchner verloren die Nerven und ihren Rhythmus – und waren jetzt völlig von der Rolle. Nach 30 Minuten lag der Meister nur noch mit 56:52 vorne, die Spannung war auf dem Siedepunkt. Speziell Jonas Wohlfarth-Bottermann strapazierte in der Schlussphase die Ludwigsburger Nerven. Der „WoBo“ genannte Center vergab einen Freiwurf nach dem nächsten – von 16 Versuchen waren am Ende nur 6 erfolgreich. Letztlich reichte es aber für die Riesen. Ihre Mission in München geht weiter.

 
 
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