Ludwigsburger Schlossfestspiele Jochen Sandig verlässt die Festspiele

Von Gabriele Szczegulski
Jochen Sandig wird seinen Vertrag als Intendant der Ludwigsburger Schlossfestspiele nach 2024 nicht verlängern. Ein Grund ist die seiner Meinung nach „strukturelle Unterfinanzierung“, Foto: /Oliver Bürkle

Der Intendant der Schlossfestspiele wird seinen Vertrag nach September 2024 nicht verlängern. Grund, so sagt er, ist vor allem die „strukturelle Unterfinanzierung“.

Der gegenwärtige Intendant der Ludwigsburger Schlossfestspiele – Internationale Festspiele Baden-Württemberg, Jochen Sandig, wird seinen Vertrag über die reguläre Laufzeit hinaus nicht verlängern. Diese endet am 30. September 2024. Seine Entscheidung teilte der 55-Jährige dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Ludwigsburgs Oberbürgermeister Dr. Matthias Knecht, vor wenigen Tagen mit. 

Herr Sandig, was sind die Gründe, dass Sie Ihren Vertrag nicht verlängern werden?

Jochen Sandig: Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Es gab davor ja auch eine lange Vorbereitungsphase von über zwei Jahren und ich hatte nicht wirklich mit einer längeren Amtszeit geplant. Es gibt auch Intendanzen von Festivals, die nur auf drei Jahre festgelegt sind, um eine Fluktuation zu gewährleisten. Vielleicht hätte man mich auch länger halten können, denn die Arbeit mit den Künstlern und Künstlerinnen und unserem Team macht mir viel Freude. Aber die massive strukturelle Unterfinanzierung der Schlossfestspiele belastet doch sehr. Seit 15 Jahren wurde der Etat nicht erhöht. Ich konnte nicht erkennen, dass bei Stadt und Land ein Plan existiert, um diesen traditionsreichen Internationalen Festspielen des Landes, eine ausreichende Finanzierung zu ermöglichen und sie damit in die Zukunft zu bringen. Perspektivisch spüre ich wenig Willen zum Aufbruch und zur Veränderung, obwohl ich doch gerade dafür nach Ludwigsburg geholt wurde. Als den Festspielen als Modellprojekt während Corona vom Bund drei Millionen Euro auf drei Jahre gewährt wurden, dachten wir, das könnte die notwendige Anschubfinanzierung sein – ein Modell, das Stadt und Land dann weiterführen. Ich habe viele Partner in der Wirtschaft neu dazu gewinnen können wie Porsche/MHP, Trumpf, Mann+Hummel und Stihl. Für ein dauerhaftes Krisenmanagement und die Mangelwirtschaft bin ich jedoch nicht der richtige Intendant für Ludwigsburg, denn ich verfolge immer große Visionen.

Waren die Diskussionen um die Weiterführung des Etats von 800 000 Euro im Ludwigsburger Gemeinderat der Tropfen auf den heißen Stein?

Nein, den Gedanken hatte ich schon länger, aber diese Diskussion, ob man die Festspiele überhaupt in der bestehenden Form weiterfinanzieren kann oder soll und die permanenten Widerstände haben mich doch sehr traurig gemacht, da ich in meiner Intendanz alles dafür getan habe, die Schlossfestspiele zukunftsfähig zu machen. Das Thema der strukturellen Finanzierung liegt jetzt in den Händen der öffentlichen Träger. Ich gehe nicht verbittert, sondern freue mich über die vielen kleinen Schritte und Erfolge, und nehme auch die vielen Barrieren auf dem Weg nicht persönlich.

Sehen Sie eine Zukunft für die Schlossfestspiele?

Ich habe mit unseren Programmen jedenfalls alles versucht, die Festspiele auf zukunftsfähige Beine zu stellen. Durch unsere Reihe „Frei Luft Musik“ mit kostenlosen Marktplatzkonzerten wurden neue Besucherinnen und Besucher angezogen, das Programm war ausgewogen und vielfältig, viele internationale Nachwuchsstars kommen nach Ludwigsburg. Mein Ziel ist es, die Festspiele sowohl in die Breite der Gesellschaft zu bringen, als auch ihre Reputation überregional international zu stärken. Es muss eine Basis geschaffen werden, als Grundlage für die nächste Intendanz. Will man mit dem haushalten, was man hat und eher städtisch und regional bleiben oder will man dem Namen Internationale Festspiele Baden-Württemberg gerecht werden. Es muss alles auf den Prüfstand.

Sind Sie enttäuscht über mangelnde Zustimmung in Ludwigsburg?

Es ist nicht einfach, in dieser Stadt Kultur zu machen. Meine bisherigen Jahre hier waren politisch geprägt durch Kämpfe gegen reale und drohende Kürzungen. Bei Internationalen Festspielen nahm ich vielleicht naiverweise, an, dass hier einiges zu bewegen ist und dann auch investiert wird. Jedoch war es eine leidenschaftliche Herausforderung, das Festival in diesen bewegten Zeiten in ein zukunftsweisendes „Fest der Künste, Demokratie und Nachhaltigkeit“ zu verwandeln, das hoffentlich auch in der Zukunft diese Ziele verfolgen wird.

Was ist Ihr persönliches Fazit?

Bisher, so finde ich, war meine Intendanz sehr erfolgreich, ich habe viel frisches Geld gebracht, Weichen inhaltlich gestellt. Corona hat uns den Boden extrem wackelig gemacht, aber wir sind gut darüber hinweg gekommen. Die Sondermittel des Deutschen Bundestages, einige Stiftungen und die Partner aus der Wirtschaft waren unsere Rettung. Das Wichtigste jedoch: Wir haben vor allem künstlerisch sehr viel geleistet, trotz aller Widrigkeiten.

Was ist ihr Ziel in den verbliebenen zwei Festspieljahren?

Unser Team steht hochmotiviert in den Startlöchern und mit gemeinsamer Kraft werden wir alles dafür geben, dass die von mir eingeführten Themen die Schlossfestspiele weiter voranbringen. Mein Ziel für 2023 und 2024 ist eine hohe Auslastung. Ich habe die Saat ausgeworfen und hoffe, dass diese auch aufgeht, wenn vielleicht auch nicht mehr unter meiner Intendanz. Zudem strebe ich eine geordnete Übergabe in der Leitung der Festspiele an.

Wie sieht Ihre berufliche Zukunft aus? Auf mich warten viele neue Aufgaben. Im Rückblick möchte ich, dass meine Zeit in Ludwigsburg lohnende Jahre waren und wir Entwicklungen angeschoben haben, die sich auch für die Festspiele langfristig lohnen, sie feiern ja in zehn Jahren mit 100 ein großes rundes Jubiläum. Ich werde zu neuen Ufern aufbrechen.

 
 
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