Müllgebühren im Kreis Ludwigsburg Nachrechner im Ehrenamt

Von Frank Ruppert
Die Kosten der Nachsorgung bei Deponien im Kreis, hier die Deponie Burghof in Horrheim, verursachen Zusatzkosten. Die Refinanzierung ist umstritten. Foto: Helmut Pangerl/Archiv

Seit Mitte der 90er-Jahre setzt sich Initiativkreis Müllgebühren Ludwigsburg für die Gebührenzahler ein. Aktuell ruft der Verein zum Widerspruch gegen die Bescheide auf. Warum?

Uns ging es nie darum, Ärger zu machen“, sagt Wolfgang Appel. Der Schwieberdinger ist Vorsitzender des Initiativkreises Müllgebühren Ludwigsburg, ein Verein, der seit gut einem Vierteljahrhundert der Abfallwirtschaft im Kreis genau auf die Finger schaut und auch aktuell einen Normenkontrollantrag gegen die Müllgebühren eingereicht hat.

Schon in den 90er-Jahren ging es um Müllgebühren

Los ging es für Appel und seine Mitstreiter in den 1990er-Jahren. Durch den Rückbau der Deponie in Horrheim mit Millionenverlusten plante der Landkreis, die Müllgebühren drastisch zu erhöhen. „Das ging gegen mein Rechtsempfinden“, sagt Appel heute. Es fanden sich immer mehr Kritiker in der Bürgerschaft. Nach einem ersten Treffen und Hunderten Teilnehmern war klar, man war nicht allein und so gründete sich der Verein damals. 1997, also vor 25 Jahren, reichte man gegen die damalige Gebührenerhöhung einen Normenkontrollantrag ein. Der Verwaltungsgerichtshof entschied im Sinne der Initiative, über 50 Millionen D-Mark waren nicht gebührenpflichtig. Der Kreis musste seine Kalkulation ändern.

„Seither ruhten unsere Aktivitäten und wir diskutierten immer wieder, ob wir uns nicht auflösen sollen. Gut, dass wir es nicht getan haben“, sagt Appel. Erstmals wieder aktiv wurde der Initiativkreis 2017 als Unterstützer der Gegnerschaft von Ablagerungen radioaktiven Mülls auf der Deponie Froschraben in Schwieberdingen. Appel und seine Mitstreiter unterstützen die dort gegründete Bürgerinitiative.

„Alles wiederholt sich“, lacht Appel mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen. Weil der Landkreis erneut die Gebühren für Müll erhöht – 92 Millionen Euro Mehrkosten sollen gedeckt werden – hat der Verein erneut einen Normenkontrollantrag eingereicht. Kernpunkt der Kritik ist, dass die Mehrkosten für die Nachsorge der Deponien von den Gebührenzahlern übernommen werden sollen. Auf den Deponien wurde aber auch gewerblicher Müll entsorgt.

Da dieser nun nicht mehr gebührenfinanziert entsorgt wird, werden nach Ansicht des Initiativkreises die Kosten ungerecht nur den Bürgern und dem Kleingewerbe aufgeladen. „Von Kreisseite heißt es, dass das Gesetz dies so vorsieht“, sagt Appel. Er spricht von einer „Soll-“, aber nicht von einer „Muss-“Vorschrift.

Das Verfahren, dessen Abschluss gegen Ende des Jahres erwartet wird, hat auch Signalwirkung für andere Kreise, die ähnlich verfahren. Dass der Kreis auch Spielraum hat, sei bei der Einigung im Glasboxen-Streit deutlich geworden. Insofern müsse die Finanzierung der Mehrkosten auch anders funktionieren, argumentiert Appel. Der promovierte Physiker hat sich schon vor 25 Jahren mit seinen Mitstreitern tief in die Materie eingearbeitet. Dabei ist er alles andere als ein Querulant. Die Demo damals in den 1990er-Jahren gegen die Gebührenerhöhung sei seine erste gewesen. 

Der 67-Jährige bemängelt, dass in der Gesetzgebung zum Thema Entsorgung Vieles unklar sei und erst durch Gerichte genau definiert werden müsse. Gleichzeitig hätten immer weniger Menschen Ahnung von der Materie, eine kleine Spitze gegen die Kreisverwaltung.

Widerspruchswelle gegen Bescheide im Kreis

Wie damals ruft der Initiativkreis nun wieder auf, gegen die Gebührenbescheide Widerspruch einzulegen. Damals mit großem Erfolg: Mehr als 50 000 Widersprüche gingen gegen die Bescheide ein. Laut Landratsamt sind gegen den aktuellen Bescheid bislang 286 Widersprüche eingegangen. Warum ist der Widerspruch aus Sicht des Initiativkreises wichtig, wo doch das Landratsamt und der Kreistag zugesichert haben, jeden Gebührenzahler gleichzubehandeln im Falle negativen Gerichtsentscheidung?

„Ganz einfach, es zeigt dem Landratsamt, dass man mit der Abfallwirtschaft nicht einverstanden ist“, sagt Appel. Nachteile ergäben sich durch einen Widerspruch auch nicht. „Der Kreis kann schlecht sagen, er behandelt alle gleich und dann Widerspruchsgebühren verlangen.“ Vor 25 Jahren haben Appel und seine Mitstreiter noch tausendfach Blanko-Widersprüche an Bürger gesendet, jetzt mit dem Internet kann man sich auf der Initiativkreis-Homepage selbiges Formular einfach herunterladen.

Lesen Sie mehr: Ärgernis in Bietigheim - Müll, für den keiner zustaändig ist

www.imlb.de

 
 
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