Neuer Leiter der Akademie für Darstellende Künste Mit den Studenten auf Augenhöhe

Von Gabriele Szczegulski
Ludger Engels ist neuer Leiter der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg (ADK) in Ludwigsburg. Er trat am 1. April die Nachfolge von Elisabeth Schweeger an.⇥ Foto: Werner Kuhnle

Ludger Engels ist neuer Leiter der Akademie der Darstellenden Künste. Für ihn ist es wichtig, dass es genügend Raum für Teamarbeit und Experimente gibt.

Professor Ludger Engels, neuer Leiter der Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg(ADK) in Ludwigsburg, will der Institution keinen neuen Stempel aufdrücken. Er will Beobachter und Moderator für Studenten und Studentinnen sowie Dozenten und Dozentinnen sein. Schon in seiner Zeit als Dozent hat er in seinem Studiengang Regie Raum für Experimente und neue Formen der künstlerischen Zusammenarbeit angboten.

Herr Engels, warum haben Sie sich entschieden, die Leitung der ADK zu übernehmen?

Ludger Engels: Als ich an die ADK kam, hatte ich den Auftrag, interdisziplinäre Impulse zu geben und neue Formate zu entwickeln. Daraus und aus der Arbeit im Team mit Schauspiel und Dramaturgie sind die Ideen für die zukünftigen Masterstudiengänge ADK Lab International und Interacting entstanden. Es hatte für mich eine Logik und Konsequenz nach diesen Jahren der Arbeit und den guten Erfahrungen, die ADK interdisziplinär weiterzubringen. Ich habe mich bewusst dazu entschieden, die Leitung der ADK zu übernehmen, weil ich hier in Ludwigsburg viele Möglichkeiten sehe, das Theater für die Zukunft und alle Darstellenden Künste neu zu denken.

Mit welcher Konzeption wollen Sie der ADK Ihren Stempel aufdrücken?

Ich will keinen Stempel hinterlassen, sondern auf Augenhöhe mit den Studierenden und Dozierenden eine gemeinsame Entwicklung vorantreiben, Visionen für die Zukunft denken, im Team. Wir haben eine Form der Lehre entwickelt, die auf Gemeinsamkeit beruht. Mein Ziel ist es, Räume zu schaffen, in denen neue Formen des Theaters entstehen können, dazu muss man miteinander und mit den verschiedenen künstlerischen Disziplinen verzahnt sein.

Wie sehen Sie dann Ihre Funktion in der ADK?

Ich sehe mich als Moderator, als Beobachter und Laborant. Meine Aufgabe ist es, neue Räume für die künstlerische Lehre und Forschung zu entwickeln wie mit dem ADK Lab, das ein internationales Labor werden soll. Ich muss mich hier künstlerisch nicht mehr selbst realisieren, ich will die Studierenden fördern, ihnen neue Räume eröffnen. Ich leihe ihnen die Brille des aktiven Künstlers und Regisseurs. Zudem möchte ich gemeinsam mit den Studierenden und Dozierenden einen Forschungsauftrag formulieren, der das Theater der Zukunft neu denkt.

Wie sieht denn das Theater der Zukunft aus?

Der klassische Theaterraum mit Bühne, Zuschauerraum und Proszenium entspricht nicht mehr den Erlebnisräumen vieler Menschen. Wir müssen zu den Menschen, wir müssen näher an sie ran. Schließlich bilden das Theater und die Kunst insgesamt die Gesellschaft ab. Die Häuser müssen sich öffnen, auch für Kooperationen. Für mich ist Darstellende Kunst nicht die Aufteilung in die Bereiche Theater, Musik, Bildenden Kunst, Film, Medien und so weiter, alle sind sie Darstellende Künste. Neue Erzählformen, Mischformen der Künste, Live- aber auch digitale Aufführungsformen sollten entwickelt werden. Teamarbeit ist das Gebot der Stunde. Meiner Ansicht nach brauchen wir mehr Labore in der Kunst, in denen interdisziplinäre und interaktive Formate auch mit anderen Wissenschaften international experimentiert werden können.

Wie sieht denn so eine Kooperation ganz speziell in Ludwigsburg aus?

Wir arbeiten ja eng mit der Filmakademie zusammen, das entspricht dem Campusgedanken. Wir haben mit dem Animationsinstitut Projekte entwickelt. Wichtig ist mir die Verzahnung aller Künste. Wir wollen mit den Ludwigsburger Schlossfestspielen Projekte entwickeln. Mit der Stadt sind wir in Gesprächen, weil wir den Stadtraum als neuen Raum entdecken wollen, als Labor nutzen wollen, in dem wir ganz direkt die Reaktion der Zuschauer erhalten. Da ist vieles möglich. Kollaborationen sind auch denkbar mit Museen, oder anderen Bereichen wie Design/Mode oder der Spielebranche. Die Pandemie hat uns ja gezeigt, dass man viele neue Möglichkeiten hat, interaktive Medien zu benutzen. Das Theater ist ein flexibler Organismus, wie andere Künste auch.

Ist diese Offenheit und Flexibilität auch ein Alleinstellungsmerkmal der ADK?

Auf jeden Fall. Seit der Gründung haben wir das Prinzip der Autorenschaft angewendet. Das bedeutet: Ein Schauspieler etwa ist nicht nur ein Schauspieler, er kann auch Autor oder gleichzeitig Regisseur sein. Wir ermutigen die Studierenden, selbst spezielle Formate zu entwickeln, die ihrem Talent entsprechen und ihre Interessen widerspiegeln.

Sie sind hier, um ihre künstlerische Handschrift zu finden, da sollten ihnen keine Grenzen gesetzt werden. Das sendet dann auch Impulse nach außen, für die Darstellenden Künste von morgen. Dass es in Ludwigsburg diese Möglichkeit gibt, macht die ADK speziell.

Vielen Dank für das Gespräch.

 
 
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