Nur noch wichtige Entscheidungen kommen auf die Tagesordnung Gemeinderäte im Kreis tagen seltener

Von Rena Weiss
Der Bietigheimer Ratssaal bleibt bis auf Weiteres leer. Der Gemeinderat wird in naher Zukunft nicht mehr öffentlich tagen.⇥ Foto: Martin Kalb

Die Kommunen im Kreis reduzieren ihre Gemeinderatssitzungen. Auf die Tagesordnung kommt nur noch das Nötigste.

Ich finde es unmöglich, dass wir heute tagen“, sagt Claus Stöckle, CDU-Stadtrat, am Dienstagabend gegenüber der BZ vor dem Rathaus. Noch vor der Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses (VA) der Stadt Bietigheim-Bissingen kam es zu einer hitzigen Diskussion zwischen seinem CDU-Fraktionsvorsitzenden, Thomas Wiesbauer, und Bürgermeister Joachim Kölz. „Wegen Nichtigkeiten eine VA-Sitzung anberaumen, wo alle Welt (Bundes- und Landesregierung) erklärt, nur absolut notwendige Besprechungen mit mehr als vier Personen in einem Raum abzuhalten“, empört sich Wiesbauer, sei eine Missachtung des Gemeinderats.

Auf der öffentlichen Tagesordnung stand nur der Verkauf einer Teilfläche an terranets bw GmbH. Im nicht öffentlichen Teil ging es jedoch um Personalangelegenheiten. Das habe Helmut Häußer, Leiter des Haupt- und Personalamts, Thomas Wiesbauer noch vor der Sitzung mitgeteilt. „Gemeldet hat er sich 20 Minuten vor der Ältestenratssitzung“, entgegnet Wiesbauer. In dem Schreiben allerdings wurde erläutert, dass einige dringende Entscheidungen anstehen, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Trotz Diskussion tagte der Verwaltungsausschuss im Ratssaal. Allerdings mit den nötigen Sicherheitsvorkehrungen: Die Stadträte saßen mindesten eineinhalb Meter voneinander entfernt, Desinfektionsmittel wurde am Eingang bereitgestellt und es wurde auf eine zügige Abwicklung geachtet. Zudem wurden danach die Gremiensitzungen am vergangenen Donnerstag und am 31. März sowie alle dazwischen liegenden internen Beratungstermine abgesagt.

Bürgermeister entscheiden

„Oberbürgermeister Jürgen Kessing hat jetzt die Möglichkeit, dringende Entscheidungen per Eilentscheidung zu treffen, wozu jedoch eine Vorabstimmung mit den Fraktionen erfolgt“, erklärt Stadtsprecherin Anette Hochmuth, „dies geschah im VA für die jetzt anstehenden dringenden Entscheidungen.“ Zudem wurde den Vertretern der Fraktionen mitgeteilt, dass es ihnen freistehe zu kommen. Die Möglichkeit zum sogenannten Eilentscheidungsrecht hat jede Kommune.

Mit der Entscheidung, die Sitzungen auf das Nötigste zu reduzieren, ist Bietigheim-Bissingen nicht alleine, Sachsenheim und Ludwigsburg tagen ebenfalls nicht. In Bönnigheim wurden künftige Sitzungen noch nicht abgesagt, sagt Bürgermeister Albrecht Dautel. „Wir versuchen, nicht in Lethargie zu verfallen, aber eben nichts Unnötiges zu besprechen.“ Die Nachbarkommunen, Besigheim, Kirchheim, sowie Ingersheim tun es der Stadt gleich. Allerdings können Sitzungen auch noch kurzfristig abgesagt werden, wie in Erligheim. Am Donnerstagabend sollte der Gemeinderat tagen, doch mittags musste die Gemeinde absagen. In Kirchheim wurde am Donnerstagabend entschieden, ob weitere Sitzungen stattfinden. In Ingersheim setzt man dabei auf den nötigen Abstand der Gemeinderatsmitglieder, deswegen tagt das Gremium am 31. März in der SKV-Halle. „Zum Wohle der Allgemeinheit werden auch Zuhörer keinen Zutritt haben“, sagt Stefanie Burk, Hauptamtsleiterin. „Ausgenommen ist die Presse, da wir hiermit noch den Grundsatz der Öffentlichkeit gewahrt haben. Diese Vorgehensweise wurde auch mit der Kommunalaufsicht so abgestimmt.“

Terminlich gebunden

In Sersheim ist die nächste Sitzung Anfang April geplant, dabei soll es zunächst auch bleiben. Zwar werden die Tagesordnungen und die Sitzungstermine reduziert, aber „wir müssen öffentlich tagen“, agt Bürgermeister Jürgen Scholz. Allerdings habe seine Gemeinde Versammlungen, egal ab welcher Personenanzahl, untersagt. „Juristisch zählt unsere Sitzung als Versammlung und so brauchen wir eine Sondergenehmigung.“ Doch anders sei es nicht möglich, versichert der Bürgermeister und erklärt zudem, was wichtige beziehungsweise terminlich gebundene Entscheidungen sein können. So müssen beispielsweise Bausachen zwei Monate nach Abgabe entschieden werden, auch Verfahrenssachen mit Fristen fallen darunter. Ob nicht auch Sitzungen per Videokonferenz übertragen werden könnten, verneint Scholz: „Da müsste jeder Sersheimer zuschauen können, weil die Sitzungen öffentlich sein müssen.“

 
 
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