OB-Wahl, Jürgen Kessing persönlich Zu den Lieblingsorten gehören Ratssaal und Sportplatz

Von Uwe Mollenkopf
OB Jürgen Kessing im Bietigheimer Ratssaal. Vor ihm liegen Geschenke aus den Partnerstädten: ein Hammer aus Surrey Heath und eine Glocke aus Sucy-en-Brie.⇥ Foto: Helmut Pangerl

Die BZ hat mit den Kandidaten für die Wahl gesprochen. OB Jürgen Kessing erzählt im Ratssaal, warum er überzeugter Kommunalpolitiker ist.

Der Lieblingsplatz von Oberbürgermeister Jürgen Kessing ist kein Ort, an dem man seine Freizeit verbringt. Auf BZ-Anfrage hat er sich für den Ratssaal entschieden – „weil hier die meisten und die wichtigsten Entscheidungen für die Stadt getroffen werden“. Hier, im Erdgeschoss des 1507 errichteten Fachwerkbaus mit seinen massiven dunklen Holzbalken tagt regelmäßig der Gemeinderat, der zusammen mit dem Oberbürgermeister die Gesamtverantwortung für die Geschicke der Kommune trägt. „Deshalb ist das auch ein ganz wichtiger Platz für die Stadt“, fügt Kessing hinzu.

Der Amtsinhaber, auch im Wahlkampf gut gelaunt, hat zwei Gegenstände mitgebracht, die zum Ratssaal-Ambiente passen: ein Hämmerchen aus der südenglischen Partnerstadt Surrey Heath und eine Glocke in Fußballform aus dem französischen Sucy-en-Brie. Beides Instrumente, die dazu dienen können, die Sitzungsdisziplin herzustellen. In der Praxis komme es jedoch kaum vor, dass er zum Hammer greifen müsse, sagt der 62-jährige Rathauschef, der seit 2004 als OB die Sitzungen leitet. Die Beratungen seien in der Regel sachorientiert und davon geprägt, Beschlüsse auf eine breite Basis zu stellen. Dass man mal um Ergebnisse ringe, sei völlig normal, oder, anders ausgedrückt: „Alles andere wäre nicht normal.“ Doch die meisten Entscheidungen fielen oft einstimmig, was auch eines der Erfolgsgeheimnisse in der Stadt sei, so Kessing.

Als Leichtathlet erfolgreich

Was andere Lieblingsplätze abseits der Kommunalpolitik betrifft, fallen Jürgen Kessing viele ein. Beispielsweise die Aussichtsplattform auf der Lug, von der man einen weiten Blick über die Stadt habe, oder „lauschige Plätzchen“ unten an Enz und Metter. „Aber ich bin auch gern auf dem Sportplatz, wenn ich mal Zeit habe.“ Ebenso beim Eishockey oder Handball. Das Kino in Bissingen sei ein toller Platz mit hervorragenden Filmangeboten, sagt Kessing. Und er nennt die Kilianskirche und die Stadtkirche. „Das sind Orte, in die man sich zurückziehen kann, und wo man auch mal reflektieren kann.“

Für den gebürtigen Wormser, der seit November 2017 auch Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ist, hat insbesondere der Sport immer eine große Rolle gespielt. Als Leichtathlet war er in der Jugend sehr erfolgreich. Kessing war im Mehrkampf mehrfach Meister in der Pfalz, außerdem zweifacher Rheinland-Pfalz-Meister im Stabhochsprung. Eine Karriere als Leistungssportler war eine Option, erzählt er. Gleichzeitig sei er aber immer berufstätig gewesen, da er keine Sponsoren oder Eltern hatte, die ihm den Sport als Vollberuf ermöglicht hätten. Schließlich habe er erkennen müssen, dass beides, Leistungssport und Beruf, zusammen auf Dauer nicht funktionierten.

Gleitende Arbeitszeiten

Bevor er die Verwaltungslaufbahn einschlug, habe sich Jürgen Kessing auch eine Tätigkeit bei der BASF in Ludwigshafen oder im Bankensektor vorstellen können. Schließlich habe er sich für die Verwaltung entschieden, auch weil es dort gleitende Arbeitszeiten gab. So konnte er um 17 Uhr im Training sein, was die Stadt Ludwigshafen, bei der er seine Verwaltungsausbildung absolvierte, gefördert habe.

Weitere berufliche Stationen waren der Bezirksverband Pfalz, die Stadt Kaiserslautern, wo er Kämmerer war, die Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz und die Stadt Dessau, wo er 2001 zum Bürgermeister gewählt wurde.

Es sei die „Lust am Gestalten“ gewesen, die Möglichkeit, etwas zu bewegen, die ihn dazu gebracht habe, in höheren Ämtern Verantwortung zu übernehmen, sagt Kessing. Dabei sei der Satz des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, dass die hohe Schule der Politik die Kommunalpolitik sei, für ihn prägend. Man sehe hier ganz unmittelbar die Auswirkungen von Entscheidungen.

Ob ihn das Amt verändert habe? Das könnten andere besser beurteilen, meint Kessing. Klar sei aber, dass man als Oberbürgermeister sehr belastbar sein müsse. Es sei ein Amt, in dem viele Fäden zusammenliefen.

Das Allgemeinwohl im Auge haben

Dass man sich bei seinem Agieren nicht nur Freunde mache, gehöre dazu. Entscheidend sei, dass es nicht um die Bedienung von Einzelinteressen gehe, sondern man müsse das Allgemeinwohl im Auge haben, so der OB.

Die Entscheidung, in Bietigheim-Bissingen für eine dritte Amtsperiode anzutreten, sei für ihn konsequent gewesen, sagt Kessing. Er arbeite gern und habe dafür gekämpft, dass man auch in Baden-Württemberg bis 73 im Amt sein dürfe. Dass er für eine volle Amtsperiode antrete, sei dabei keine Frage. „Entweder ganz oder gar nicht.“ Das Amt des Oberbürgermeisters bedeute zwar, weniger Zeit für die Familie zu haben, doch: „Meine Kinder sind jetzt 13 und 15 Jahre alt, die kennen das nicht anders“, sagt der OB. „Papa, wenn du das möchtest, mach’ das weiter, wir tragen das mit“, habe deren Meinung zur Kandidatur gelautet.

Info Über den Wahlkampf und die Entscheidung am Sonntag informiert die BZ auch in einem Live-Blog, der den gesamten Wahlsonntag (8. März) mit Neuigkeiten aufwartet. 

 
 
- Anzeige -