Offener Brief der katholischen Kirche Bietigheim-Bissingen Kirchenmitarbeiter wollen Modernisierung

Von Heidi Vogelhuber
Es besteht eine Verbindung zwischen der Bietigheim-Bissinger katholischen Kirchengemeinde und dem Bischof Gebhard Fürst (Mitte) – hier bei einem Festgottesdienst 2008 in St. Lauretius: der Bischof ist in Bietigheim aufgewachsen. Fürst setzt sich dafür ein, dass Frauen Diakoninnen werden können. Links: Pfarrer Roland Deckwart, rechts: der mittlerweile pensionierte Pfarrer Siegfried Seehofer. ⇥ Foto: ⇥Archivfoto: Pangerl Helmut

Mitarbeiter sowie Pastoral- und Kirchengemeinderäte aus Bietigheim-Bissingen haben einen offenen Brief an Bischof und Weihbischöfe der Diözese Rottenburg-Stuttgart geschrieben. Sie möchten eine moderne katholische Kirche mitgestalten.

Uns schmerzt und verunsichert die Situation der katholischen Kirche. Wir benötigen Ihre Hilfe.“ So beginnt der offene Brief, den die hauptamtlichen Mitarbeiter und Pastoral- und Kirchengemeinderäte der katholischen Kirche Bietigheim-Bissingen an Bischof Dr. Gebhard Fürst sowie die Weihbischöfe Matthäus Karrer, Thomas Maria Renz und Dr. Gerhard Schneider in der Diözese Rottenburg-Stuttgart adressiert haben.

„Ich bin mit wenig Erwartungen an die Sache herangegangen und daher umso erstaunter, dass wir so schnelle Reaktionen bekommen haben“, berichtet Axel Schwarz, der Kirchengemeinderat in der Gemeinde St. Laurentius ist, im Gespräch mit der BZ.

Überraschend schnelle Reaktion

Die Weihbischöfe Renz und Karrer antworteten bereits vergangenen Donnerstag, nur einen Tag nach Erhalt des offenen Briefes. Auf die Antworten der anderen beiden Adressaten wollen die Bietigheim-Bissinger Kirchengemeinden noch einige Tage warten.

Aber von vorne: Alles begann mit der Klausur der Kirchengemeinderäte am 11. und 12. März. Gut 35 der insgesamt 60 Räte und Rätinnen der katholischen Kirche Bietigheim-Bissingen nahmen an der Klausurtagung teil, darunter auch Pfarrer sowie hauptamtliche Mitarbeiter. Ein Tagespunkt war, auf Kärtchen aufzuschreiben, wie der eigene Gemütszustand im Zusammenhang mit der katholischen Kirche sei. Es stellte sich heraus, dass viele unzufrieden sind und zur Veränderung der katholischen Kirche beitragen wollen.

Es sollte ein Zeichen der katholischen Kirche Bietigheim-Bissingen und seinen Gemeinden St. Johannes, St. Laurentius, Zum Guten Hirten, Il Buon Pastore und Sveti Franjo Asiski ausgesendet werden. „Uns geht die Kraft aus, uns bei Freunden und Bekannten zu rechtfertigen, warum die katholische Kirche, zu der wir immer noch gehören, die Zeichen der Zeit nicht erkennt und sich bei bestimmten Themen nicht bewegt“, heißt es in dem offenen Brief, der im Öffentlichkeitsausschuss der katholischen Kirche Bietigheim-Bissingen verfasst wurde. Pfarrer Roland Deckwart habe das Format des offenen Briefs vorgeschlagen. „Verfasst haben wir ihn zu sechst, zur Besprechung des Briefs kamen 45 Leute“, berichtet Schwarz.

Partizipation ermöglicht

Die Kirchenräte bekamen die Chance, Änderungswünsche anzumerken, einzelne Formulierungen wurden auch geändert. Gegenwind jedoch, gab es keinen. „Der Brief hat nur positive Resonanz bekommen“, berichtet Schwarz. Und das, obwohl Missstände der katholischen Kirche direkt und ohne Beschönigung angesprochen werden. Themen wie die Diskriminierung von queeren Menschen und Wiederverheirateten, die Gleichstellung der Frauen in der Kirche und auch die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. „Wir empfinden die katholische Kirche als lethargisch, lügend, ignorant und mit einer Doppelmoral agierend. Es findet Machtmissbrauch statt und das nicht nur beim Kindesmissbrauch oder sexualisierter Gewalt“, heißt es im Brief.

Der offene Brief ist auch in den drei katholischen Kirchen und Gemeindehäusern in Bietigheim-Bissingen ausgehängt worden, mit Spannung erwarten Schwarz und die übrigen Kirchengemeinderäte und -rätinnen die Reaktionen der Gemeindeglieder. Ziel der Aktion sei es, den Vertretern der katholischen Kirche, die am Synodalen Weg, dem derzeit laufenden Reformprozess der katholischen Kirche, teilnehmen, mitzuteilen, was für eine Kirche man sich vor Ort, an der Basis wünsche.

Wünsche im Brief formuliert

„Dieser offene Brief bildet die Gedanken und Wünsche der Mitglieder ab“, bestätigt Schwarz, dass sich Emotionen aufgestaut hätten. Die steigende Anzahl an Kirchenaustritten gehe den Ratsmitgliedern nah, deshalb wolle man aktiv zeigen, dass Änderungsbedarf bestehe. „Wir tragen die Zerrissenheit in uns. Das Ziel wäre erreicht, wenn es in Deutschland Änderungen gibt nach dem Synodalen Weg. Und wir versuchen, unseren Teil dazu beizutragen, dass das gelingt.“

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