Pflegestudium an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg Studiengang Pflege startet im Herbst

Von Gabriele Szczegulski
Qualifiziertes Pflegepersonal ist rar und soll durch das neue Pflegestudium ausgebildet werden. ⇥ Foto: Boris Roessler

Im Oktober sollen die ersten 30 Studierende an der Evangelischen Hochschule zu akademischen Pflegekräften ausgebildet werden. Dr. Simone Ries erklärt die neue Ausbildung.

Pflegenotstand nicht nur in Quantität sondern auch in der Qualifizierung. Nicht nur in der Pandemie, sondern schon längere Erfahrungen haben auch die Bundesregierung 2020 dazu veranlasst, dem Beispiel anderer Länder zu folgen und ein neues rein akademisches Pflegestudium für Fachkräfte zu installieren. In den USA oder Großbritannien gibt es schon seit 1945 das Studium für Pflegefachkräfte. Auch damals entstand es aus einem Pflegekräftemangel heraus.

An der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg (EH) wird das primärqualifizierende Vollzeitstudium „Bachelor of Science Pflege – Pflegefachfrau/-mann“ im Herbst für 30 Studenten angeboten. Dr. Simone Ries, akademische Mitarbeiterin der Pflegewissenschaft der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg, erklärt, was der Unterschied zu den beiden bisherigen Angeboten der EH, „Bachelor of Arts Pflege – Ausbildungsintegriertes Modell“ (läuft 2029 aus) und „Bachelor of Arts Pflege – Berufsbegleitendes Modell“ ist.

Das neue Vollzeit-Pflegestudium soll mehr junge Leute in die Pflege bringen und dafür sorgen, dass der Pflegenotstand verringert wird. Kann dieses Ziel erreicht werden?

Dr. Simone Ries: Vielleicht ist das Pflegestudium nicht quantitativ ein Mittel, den Pflegenotstand zu beheben, obwohl ich glaube, dass auch das mit der Zeit eintreten wird, weil damit die Pflege anderen Studiengängen wie in der Medizin oder Psychologie auf Augenhöhe begegnet werden kann und auch die Bezahlung im Anschluss an das Studium in der Regel besser ist. Aber qualitativ auf jeden Fall, denn die Studierenden sind durch das Studium noch komplexer qualifiziert und auch wissenschaftlich ausgebildet.

Was sind die Vorteile für Interessenten?

Das Studium wird einschließlich Praxisteile in sieben Semestern abgelegt, damit sind die Absolvierenden schneller fertig als wenn sie wie bisher eine Ausbildung und ein integriertes Studium machen. Zudem ist es eben ein Studium und sie können dadurch wissenschaftlich arbeiten und sind so ein zusätzlicher Gewinn im therapeutischen Team. Gleichzeitig werden sie dafür qualifiziert, direkt am Bett des Patienten zu arbeiten, sie haben also einen großen Überblick, der sie dazu befähigt, Abläufe zu kontrollieren, zu verbessern oder zu hinterfragen.

Was sind die Nachteile?

Dass sie während des Studiums kein konstantes Gehalt bekommen wie in einer Ausbildung, außer aktuell ein mögliches Entgelt während der Praxisteile. Ein Antrag auf Bafög kann gestellt werden. Den Hochschulen ist dieses Problem bewusst und sie arbeiten deshalb mit Verantwortlichen auf Bund- und Länderebene an einer zukunftsfähigen Lösung. Zudem ist das Gehalt in der Regel nach dem Studium höher als nach einer Ausbildung zur Pflegekraft.

Warum sollten Pflegeeinrichtungen wie Kliniken studiertes Pflegepersonal einstellen, das sie mehr kostet?

Wir an der EH haben schon jetzt viele Anfragen nach Absolventen, obwohl der primärqualifizierende Studiengang Pflegewissenschaft noch gar nicht begonnen hat. Es ist eine Bestrebung, die individuelle Patientenversorgung im Studium immer wieder zu betonen und in den Mittelpunkt in unserem „Fertigkeiten-Labor“ zu stellen. Die kooperierenden klinischen und ambulanten Praxiseinrichtungen sind in diese Prozesse involviert. Die Einrichtungen forcieren geradezu eine Akademisierung, da der Austausch zwischen den Abteilungsleitern, der Direktion und dem Pflegepersonal dadurch fundierter wird. Nationale wie internationale Studien zeigen, dass durch akademische Pflegekräfte Pflegefehler verringert werden können. Die Absolventen sind in der Lage, Pflegeabläufe zu analysieren, durch Studien und fachliches Knowhow zu erforschen und Alternativen und Verbesserungen aufzuzeigen. Das wird in der Praxis benötigt. Zudem können sie Forschungsprojekte oder Modellprojekte vorschlagen und realisieren, für die es dann oft zusätzliche Gelder gibt. Das ist in der Praxis durchaus gewollt. Die potenziellen Arbeitgeber sind sich bewusst, dass der Einsatz von Pflegewissenschaftlern der zukünftige Weg ist, den viele andere Staaten schon längst gehen.

Wie soll für das Pflegestudium sensibilisiert werden?

Da die Hochschule das gesamte Studium organisiert, gehen wir auch an die allgemeinbildenden Schuleinrichtungen, denn der Bachelorstudiengang Pflegewissenschaft kann direkt nach dem Abitur begonnen werden. Zudem gibt es die „Ausbildungsoffensive Pflege“ der Bundesregierung. Es wird weitere Kampagnen und Werbung über unterschiedlichste Kanäle von allen Beteiligten geben.

Vielen Dank für das Gespräch.

 
 
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