Pleidelsheim Die Paulus Wohnbau meldet Insolvenz an

Von Michael Soltys
Auf den Baustellen der Paulus Wohnbau mit Sitz in Pleidelsheim passiert gerade nicht viel. Geschäftsführer Erwin Paulus plant nichtsdestotrotz weitere Projekte. Foto: /Oliver Bürkle

Nach einem massiven Rückgang der Verkäufe fehlt es dem Bauträger an Liquidität. Die Baustellen stehen still – doch die Geschäftsführung ist dennoch zuversichtlich.

Steigende Bauzinsen und daraus resultierend eine mangelnde Nachfrage nach Neubau-Wohnungen haben den Pleidelsheimer Bauträger Paulus Wohnbau in massive Schwierigkeiten gebracht. Im laufenden Geschäftsjahr hat das Wohnbau-Unternehmen gerade einmal drei Wohnungen verkauft und damit einen Erlös von etwa zwei Millionen Euro erzielt. Diese Zahlen nannte Geschäftsführer Erwin Paulus im Gespräch mit der BZ.

65 verkaufte Wohnungim vergangenen Jahr

Zum Vergleich: Zur selben Zeit im vergangenen Jahr hatte Paulus Wohnbau 65 Wohnungen verkauft, im Jahr 2021 waren es sogar 90. Die Verkaufserlöse haben 2021 rund 80 Millionen Euro betragen, im Vorjahr waren es noch 52 Millionen Euro. Die Folge des Rückgangs: Es fehlt an Liquidität im Unternehmen. Bis einschließlich Juli seien die laufenden Zahlungen noch geleistet worden, bevor Mitte vergangener Woche die Insolvenz angemeldet wurde.

Das Insolvenzverfahren erfolgt in Eigenregie, die Geschäftsführung behält damit die Zügel in der Hand. Ein vom Gericht eingesetzter Sachwalter, in diesem Fall der Stuttgarter Insolvenzanwalt Holger Leichtle, achtet darauf, dass keine Vermögenswerte verloren gehen und muss finanzielle Entscheidungen „absegnen“, so der Geschäftsführer. Professionelle Hilfe hat sich Paulus von dem Heilbronner Insolvenzanwalt Erik Silcher geholt.

Die mangelnde Nachfrage betrifft die gesamte Branche

Das Problem mangelnder Nachfrage betreffe in unterschiedlichem Ausmaß die gesamte Branche, betonte Paulus im Gespräch mit der BZ. Keineswegs sei es so, dass die GmbH überschuldet sei. Dies habe die Prüfung der Bücher „ganz klar ergeben“.

Aktuell seien 360 Wohnungen im Bau, davon seien etwa die Hälfte verkauft. Der Geschäftsführer zeigte sich zuversichtlich, dass die Wohnungen fertiggestellt werden können. „Wir wollen unseren Verpflichtungen nachkommen.“ Aktuell laufen Gespräche mit insgesamt sieben Banken über die weitere Finanzierung. Um flüssig zu werden, setzt das Unternehmen darauf, dass die Banken Eigenkapital, das in den Projekten gebunden ist, vorzeitig wieder freigeben.

Dieses Eigenkapital werde in der Regel ausbezahlt, wenn ein Verkaufsstand von etwa 80 Prozent erreicht ist. Paulus strebt an, das Geld bereits bei einem Verkaufsstand von 65 Prozent zu bekommen, und zwar für weit fortgeschrittene Projekte. Schon vor dem Insolvenzantrag habe man mit den Banken Gespräche über eine solche Lösung geführt, sie seien aber an der Uneinigkeit der Geldinstitute gescheitert.

Eine Lösung soll in den nächsten Wochen gefunden werden

Nach dem Insolvenzantrag seien die ersten Reaktionen der Banken auf diesen Vorschlag positiv gewesen. Er gehe davon aus, eine Lösung innerhalb der kommenden zwei bis fünf Wochen zu finden, sagte Paulus. „Danach können wir weiterarbeiten, die Finanzierung wird wieder geöffnet.“ Mindestens auf diese Verzögerung beim Bau müssen sich die Kunden einstellen, die aktuell auf die Fertigstellung ihrer Wohnung warten und bereits Zahlungen geleistet haben. In Bietigheim beispielsweise plant die Paulus Wohnbau den Bau von 41 Terrassenwohnungen in der Hindenburgstraße. Dort ist die Baugrube ausgehoben, eigentlich sollte mit dem Rohbau begonnen werden. In der Friedrichstraße in Ludwigsburg ist ein Rohbau fertiggestellt worden. Von den 16 Wohnungen seien 15 verkauft, so Paulus.

Mit der einmal gesicherten Finanzierung will Paulus einen Zeitraum von etwa anderthalb Jahren überbrücken. Im zweiten Halbjahr 2024 werden einige Projekte fertiggestellt sein, so seine Rechnung. Bis dahin habe sich das Angebot an Wohnungen weiter verknappt, die Nachfrage werde wieder steigen, begründet er seine Zuversicht.

Die steigenden Bauzinsen haben auch zur Folge, dass die Banken einigen kaufwilligen Interessenten die Kredite verweigert haben. Das habe mehrfach dazu beigetragen, dass Kaufverträge mit Paulus Wohnbau nicht zustande kamen.

In den Zeiten sehr niedriger Zinsen seien Finanzierungen noch vor zwei Jahren auch zu 100 Prozent zugesagt worden, aktuell werde häufig ein Eigenkapital von 30 Prozent verlangt. Ein Beispiel: Bei einem Kaufpreis von 500 000 Euro sind dies immerhin 150 000 Euro.

Verzögerung aufgrundvon Bürokratie

Was Paulus besonders ärgert, sind Verzögerungen, die seiner Darstellung nach von der Bürokratie des Landes verursacht sind. Für 14 Wohnungen, die mit vergünstigter Miete angeboten werden sollten, habe das Unternehmen bereits im Mai 2022 Anträge auf Zuschüsse des Landes gestellt. Eine Entscheidung sei noch nicht gefallen, als Antwort habe er „Kanzleitrost“ bekommen. Erst wenn die Zusage vorliege, gebe die Bank die restlichen Mittel frei.

Im Mai habe er das Landesbauministerium noch einmal angeschrieben. Bis heute sei ihm nicht einmal der Eingang des Schreibens bestätigt worden. „Das finde ich schwach.“

 
 
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